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Bereits verlegte Stolpersteine



Hilde Wolff (geborene Goldmann) * 1903

Hammer Hof 17 (Hamburg-Mitte, Hamm)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Hammer Hof 17:
Edith Wolff, Gertrud Wolff, Gerson Wolff, Helmut Wolff

Familie Wolff

Edith Wolff, geb. 26.5.1897, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, deportiert am 12.10.1944 nach Auschwitz
Gerson Wolff, geb. 7.4.1940, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Gertrud Wolff, geb. Landsberger, geb. 2.6.1865, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, Todesdatum dort 17.8.1942
Helmut Wolff, geb. 16.12.1892, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Hilde Wolff, geb. Goldmann, geb. 21.12.1903, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Edith Wolff, geboren in Altona, war ledig. In den 1920er Jahren vermerkte die Deutsch-Israelitische Gemeinde nur ihre Mitgliedschaft, ihre Adresse Schulenbeksweg 11 und ihren Beruf als Angestellte. Einkünfte hatte sie so gut wie keine. 1931 verließ sie die Gemeinde. "Lt. Statistikbogen glaubenslos" hieß es nun. 1939 trat sie zwangsweise in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland ein. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie Hammerhof 17 ptr. und betrieb eine Fußpflegepraxis, die jedoch kein Einkommen mehr erbrachte. Ihre Mutter Gertrud zog zu ihr, dann auch ihr Bruder Helmut mit seiner Frau Hilde. Wirtschaftliche Not und vielleicht auch die Mietgesetze zwangen die Vier im Hammer Hof 17 zusammen.

Ihre Mutter Gertrud Wolff, geb. Landsberger, geb. 2.6.1865 in Berlin, war Witwe. Der Vater Ferdinand Wolff verstarb 1916. Das Ehepaar hatte vier Kinder: Werner, geb. 17.3.1891, Helmut, geb. 16.12.1892, Edith, geb. 26.5.1897, und Gerhard, geb. 21.5.1899.

Gertrud Wolff absolvierte eine Ausbildung zur Volksschullehrerin. Nach dem Tod ihres Mannes kehrte sie in den Schuldienst zurück und wurde an der Schule Vierländer Damm 61 eingesetzt. Ihr Sohn Werner wurde ebenfalls Lehrer. Der Sohn Gerhard starb 1920.

Gertrud Wolff wurde vermutlich 1933 pensioniert, Werner 1934 zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Er fand an einer jüdischen Privatschule in Berlin noch die Möglichkeit, weiter zu unterrichten. Da er in einer "privilegierten" Mischehe lebte, hatte er zunächst noch mehr Freiheiten als seine Mutter und Geschwister.

Helmut Wolff trat wie sein Bruder Werner 1920 in die Deutsch-Israelitische Gemeinde ein. Er verließ sie 1927 wieder. Im August 1938 heiratete er Hilde Goldmann, geb. 21.12. 1903 in Harburg. Obwohl sie über Vermögen verfügte, fanden sie keine eigene Wohnung und zogen zu seiner Schwester Edith.

Im Laufe der Jahre waren alle Familienmitglieder aus der Deutsch-Israelitischen Gemeinde ausgetreten, mussten aber 1939 der Reichsvereinigung wieder beitreten. In dem Schriftwechsel um die damit verbundenen Steuerzahlungen schrieb Gertrud Wolff im Februar 1940:

"An den Jüdischen Religionsverband Hamburg, Beneckestr. 2
Betrifft L 3865

Vor einigen Wochen wurde mir telefonisch von Ihnen mitgeteilt, dass ich, falls ich keine neue Erklärung abgeben würde, aus dem Jüdischen Religionsverband auszutreten, ich automatisch wieder aufgenommen sei, trotzdem ich seit cirka 9 Jahren Dissidentin war. Von dieser neuen Erklärung habe ich aber Abstand genommen. Nun bin ich natürlich sehr erstaunt, aus Ihrem obigen Schreiben zu entnehmen, dass Sie mich rückwirkend für die Jahre 1938/39 noch veranlagen. Ich muss Ihnen leider erklären, dass ich gänzlich außer Stande bin, dies zu bezahlen, da ich von meiner kleinen Rente M 145 meine Tochter, die seit über 1 Jahr keinen Pfennig mehr verdient, ganz und gar erhalten muss; überdies aus meiner Wohnung heraus musste, und die Umzugskosten schon weit über meine finanziellen Kräfte gingen."

Nach weiterem Hin und Her bezahlte sie das Kopfgeld von 1,– RM pro Monat.

Edith war die Wohnung zum Jahresende 1939 gekündigt worden. Sie wechselte mit ihrer Mutter in die Isestraße 61. Helmut und Hilde Wolff zogen nach Wandsbek, wo am 7.4.1940 ihr Sohn Gerson zur Welt kam. Als sie nach drei Monaten auch dort ausziehen mussten, brachte die Jüdische Gemeinde sie in der Lenhartzstraße 3 unter. 1941 war Hildes Vermögen aufgebraucht, und das Ehepaar erhielt Unterstützung von der Wohlfahrt. Im November 1941 wurden sie getrennt in das Getto in Minsk deportiert: Helmut Wolff am 8. November 1941, Hilde mit Gerson am 18. November 1941. Sie wohnten dort wieder zusammen. Es gelang ihnen, den Angehörigen in Hamburg Nachrichten zukommen zu lassen, und Werner Wolff, inzwischen arbeitsverpflichtet, schickte ihnen noch einige Lebensmittelpakete.

Am 4. Dezember 1941 zogen Edith Wolff und ihre Mutter durch Vermittlung der Jüdischen Gemeinde in die Grindelallee 23. Von dort wurden sie am 19. Juli 1942 ins Getto Theresienstadt deportiert. Gertrud Wolff starb schon einen Monat später. Edith wurde am 12. Oktober 1944 nach Auschwitz verbracht und vermutlich gleich nach ihrer Ankunft ermordet.
Am 14. Februar 1945 schickte die Hamburger Gestapo auch Werner Wolff zum "Arbeitseinsatz" nach Theresienstadt; er überlebte.

Nachklang
In einem Gespräch im Mai 2007 erzählte der Komponist Raimund Schwedeler von Familie Wolff, die unter ihm gewohnt habe. Er habe viel musiziert und in einer seelischen Verbindung mit Edith Wolff gestanden, deren Familie er jetzt seine 14. Sinfonie gewidmet habe.


© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 4; 5; StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, o. Sign. Mitgliederzählung der DIGH 1928; 992 d Steuerakten Band 34; 992 e 2 Deportationslisten Bde 2, 3 und 5, BA Bln., Volkszählung 1939; Hamburger Lehrerverzeichnis, Jg. 1920/21, S. 36, 150, 189, 249, 251; Jg. 1927/28, S. 36, 64; Jg. 1930/31, S. 70, 120; Jg. 1933 S. 68, 121, hrsg. von der Gesellschaft der Freunde des Hamburger Schul- und Erziehungswesens; Reiner Lehberger und Hans-Peter de Lorent (Hg.): "Die Fahne hoch". Schulpolitik und Schulalltag in Hamburg unterm Hakenkreuz. Hamburg 1986. S. 329–331.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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