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Bereits verlegte Stolpersteine



Senator Max Mendel
© Privatbesitz

Max Mendel * 1872

Hammer Landstraße 59 (Aufgang Krugtwiete) (Hamburg-Mitte, Hamm)

1942 Theresienstadt
Tot 10.08.1942

Weitere Stolpersteine in Hammer Landstraße 59 (Aufgang Krugtwiete):
Bertha Lobatz, Ida Mendel, Marianne Rendsburg, Dr. Else Emma Rosenbaum, Dr. Max Rosenbaum, Gertrud Sachs, Julius Sachs

Ida Mendel, geb. Lobatz, geb. 3.8.1880, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, Todesdatum dort 18.6.1943
Max Mendel, geb. 19.5.1872, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, Todesdatum dort 10.8.1942

Max Mendel wurde am 19.5.1872 in Hamburg in eine Familie hineingeboren, die schon seit etwa 100 Jahren in Hamburg ansässig war. Sein Vater betrieb einen Großhandel für Steinkohle und Sackleinen. Er schickte seinen Sohn Max auf das Realgymnasium des Johanneums. Mit 14 Jahren musste Max Mendel die Schule verlassen, weil er schwer erkrankte; davon behielt er eine lebenslange Gehbehinderung. Sein älterer Bruder Joseph gab ihm Privatunterricht, der ihn mit sozialistischem Gedankengut vertraut machte.

Max Mendel absolvierte eine Ausbildung in der väterlichen Firma und studierte anschließend in Berlin einige Semester Ökonomie und Sozialwissenschaften. 1900 übernahm er im Aufsichtsrat der "Produktion", des Konsum-, Bau- und Sparvereins, die Funktion eines Schriftführers; 1909 wurde er in ihren Vorstand berufen. Als die Hamburger Bürgerschaft 1911 eine Sondersteuer für Konsumgenossenschaften beschloss, gründete er als Gegenmaßnahme die Handelsgesellschaft Produktion, die für alle offen war. Gebäude der "Pro"-Betriebe, wie die Genossenschaft und Handelsgesellschaft im Volksmund hieß, stehen bis heute in Hamm-Süd.

Max Mendel wurde 1913 bei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde als Bankdirektor geführt. Seine erste Frau, Sophie, war längst gestorben. Er hatte danach Anna, geb. Lobatz, geheiratet. Aus dieser Ehe gingen die beiden Söhne Kurt, geb. 11.11.1903, und Robert, geb. 24.7.1907 sowie die Tochter Gertrud, geb. 26.5.1905 hervor. Familie Mendel wohnte in der Nähe der "Pro" in der Diagonalstraße 8. Von 1925 bis 1929 saß Max Mendel für die SPD im Senat und war für Wirtschaftsfragen zuständig. Er wurde von verschiedenen Seiten, auch aus den eigenen Reihen, wegen seiner gemeinwirtschaftlichen Aktivitäten und seines Judentums angegriffen. Deshalb trat er freiwillig zurück.

Die Familie lebte großbürgerlich, gebildet, kultiviert, wie es sein Neffe Arie Goral-Sternheim in seiner Autobiographie "Jeckepotz" höchst anschaulich beschreibt. 1932 wurde Max Mendel abermals Witwer und teilte die Wohnung mit seiner Schwiegermutter Bertha Lobatz in der Hirtenstraße 10, wo auch die Schwägerin Ida wohnte. Im Gefolge des offenen Antisemitismus wanderten die Söhne aus. Gertrud heiratete einen "Arier", wodurch sie und ihr Sohn Ulrich in Hamburg überleben konnten.

Von der Hirtenstraße zog Max Mendel mit Schwiegermutter und Schwägerin in die Hammer Landstraße 59, auf der Grenze zwischen "Oben" und "Unten Hamm". 1938 heiratete er seine Schwägerin Ida, die um zwei Jahre jüngere Schwester seiner Frau Anna. Sie wurde am 3.8.1880 in Schwedt geboren. Mehrfach lebten weitere Personen im Haushalt, die ihre angestammten Wohnungen hatten aufgeben müssen. Max Mendel bemühte sich vergeblich um eine Auswanderung.

1941 erlebten Mendels den unfreiwilligen Auszug ihrer Nachbarn Rosenbaum, als sie der Aufforderung zur Deportation nach Lodz folgten. Sie selbst wurden in ein "Judenhaus" in Altona, Breite Straße 46, umquartiert. Dort erreichte sie der Aufruf zur ihrer Deportation am 19. Juli 1942 in das Getto Theresienstadt.

Max Mendel starb drei Wochen nach seiner Ankunft im Getto, seine Schwiegermutter zwei Monate später. Ida Mendel starb am 18. Juni 1943 um 15 Uhr an einem Blutsturz im Gefolge einer Lungentuberkulose, wie die Todesfallanzeige ausweist.

Bei der Einweihung der Stolpersteine für Familie Mendel wurde die wirtschaftliche Bedeutung Max Mendels für Hamburg mit der Albert Ballins verglichen. An Ballin erinnert der Ballindamm an der Alster, an Max Mendel die Mendelstraße in Lohbrügge. Vor dem Hamburger Rathaus wurde 2005 als 1000. Stolperstein in Hamburg der für den Senator Max Mendel gesetzt.

(Zu den Familien Lobatz-Mendel s. a. Aufsatz von Ulrich Bauche in 'Stolpersteine in Hamburg-Hamm', S. 148, siehe Literatur).

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; StaH 552-1 Jüdische Gemeinde, o. Sign. Mitgliederzählung der DIGH 1928; 390 Wählerverzeichnis 1930; 391 Mitgliederliste 1935; 922 e 2 Deportationslisten Bd. 5; BA Bln., Volkszählung 1939; AfW 190572; Archivum Panstwowe, Lodz; Goral-Sternheim, Arie: Jeckepotz. Eine jüdisch-deutsche Jugend 1914–1933, Hamburg 1989. Das Jüdische Hamburg. Hrsg. vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden. Göttingen 2006, S. 188f.; Hamburgische Biographie. Personenlexikon. Hrsg. von Frank Kopitzsch und Dirk Brietzke, Bd. 1, S. 201f.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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