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Bereits verlegte Stolpersteine



Ehepaar Rosenbaum
© Stadtteilarchiv Hamm

Dr. Else Emma Rosenbaum (geborene Philip) * 1879

Hammer Landstraße 59 (Aufgang Krugtwiete) (Hamburg-Mitte, Hamm)

1941 Lodz

Weitere Stolpersteine in Hammer Landstraße 59 (Aufgang Krugtwiete):
Bertha Lobatz, Max Mendel, Ida Mendel, Marianne Rendsburg, Dr. Max Rosenbaum, Gertrud Sachs, Julius Sachs

Else Emma Rosenbaum, Dr. med, geb. Philip, geb. 12.3.1879, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz
Max Rosenbaum, Dr. med., geb. 7.5.1882, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz

Max Rosenbaum wurde am 7.5.1882 in Grebenstein geboren. Er erhielt 1912 in Kassel offiziell einen Staatsangehörigkeitsausweis als preußischer Staatsbürger. Schon vor 1914 eröffnete er seine Arztpraxis. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und diente als Oberarzt beim Heer. Er wurde Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg (DIGH).

Else Emma Rosenbaum wurde am 12.3.1879 als Else Emma Philip in Hamburg in eine evangelische Familie hinein geboren. Sie erhielt die Ausbildung einer "höheren Tochter": Zehn Jahre Privatschule, anschließend vier Jahre hauswirtschaftliche Ausbildung; ein akademischer Beruf war für sie nicht vorgesehen. 1900 – mit 21 Jahren – ging sie nach Hannover aufs Gymnasium und legte am 28. Februar 1905 in Hameln die Reifeprüfung ab. Inzwischen war ihr Vater gestorben.

Else Emma Philip studierte in München, Berlin, Freiburg/Br. und Würzburg, wo sie einen "Verein studierender Frauen" gründete, Medizin. Ihr Medizinalpraktikum absolvierte sie in Kassel und lernte dabei vermutlich Max Rosenbaum kennen. 1911 promovierte sie in Leipzig, erhielt ihre Approbation und heiratete bald darauf. Sie gehörte zu den ersten Ärztinnen im Kaiserreich. Am 1. Oktober 1911 ließ sie sich als Praktische Ärztin in der Hammer Landstraße 69 nieder. Kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurde dort ihre Tochter Gertrud (am 16.10.1914) geboren. Am 24.5.1920 kam die zweite Tochter, Marianne, zur Welt.

Max und Else Emma Rosenbaum sollen Mitglieder der SPD gewesen sein und sich bewusst in der Arbeitergegend Hamm niedergelassen haben. Else Emma Rosenbaum soll Frauenrechtlerin gewesen sein. Es war ihr ein besonderes Anliegen, den Arbeiterfrauen und ihren Familien helfen zu können.

Die Familie zog in die Hammer Landstraße 143, wo Wohnung und Praxis beieinander lagen. Max Rosenbaum arbeitete nun als Lungenfacharzt, seine Frau als Allgemein- und Kinderärztin. Die Arztpraxis betrieben die Eheleute gemeinsam. Max Rosenbaum war zudem Vertrauensarzt der AOK.

Im Wählerverzeichnis der DIGH 1930 wurde Max Rosenbaum als "ausgetreten" vermerkt. Das Haus der Familie stand Freunden und den Freundinnen der Töchter offen. E. M. erinnert sich noch Jahrzehnte später an die großzügige Ausstattung des Kinderzimmers, die Einladungen zum Essen und den Humor Max Rosenbaums, mit dem er den Töchtern auch ungeliebtes Gemüse schmackhaft machte.

1933 zogen Rosenbaums weiter stadteinwärts in die Hammer Landstraße 59. Ein möglicher Grund: Max Rosenbaum verlor mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums seine Funktion bei der AOK. Er durfte zwar als Weltkriegsteilnehmer und bereits vor 1914 niedergelassener Arzt weiter praktizieren, er verlor aber eine Einkommensquelle. Aber vielleicht bewog nicht ein finanzieller Engpass die Rosenbaums zum Umzug, sondern die Bequemlichkeit: Die neue Wohnung gehörte zu einem sog. Komforthaus mit zentraler Heizung und Heißwasserversorgung, was einen Vorzug gegenüber der alten darstellte.

Wie allen Ärzten wurde den Rosenbaums per 30. September 1938 die Bestallung entzogen. 1939 mussten alle vier Mitglieder der Familie Rosenbaum anlässlich der Volkszählung endgültig erkennen, dass weder die Zugehörigkeit zur Evangelischen Kirche noch ein Austritt aus der DIGH ihnen die Klassifizierung als Juden ersparte. Sie betrieben ihre Auswanderung, was aber bei allen scheiterte.

Die Eltern Rosenbaum erlebten noch die Hochzeit ihrer Tochter Marianne mit Manfred Rendsburg am 13. März 1939 nach jüdischem Ritus und die ihrer Tochter Gertrud mit Julius Sachs 1940 sowie die Geburt ihrer Enkeltochter Tana Sachs am 8.10.1941. Am 25. Oktober 1941 sollte sich die ganze Familie zur Deportation in den Osten im Logenhaus an der Moorweide einfinden. Familie Sachs wurde wegen des Säuglings zurückgestellt.

Im Getto in Lodz wurde dem Ehepaar Rosenbaum zusammen mit dem Ehepaar Rendsburg ein Zimmer mit Küche in der Franzstraße 30/20 zugewiesen. Offiziell wohnten dort sogar sechs Personen. Rosenbaums Eltern arbeiteten in ihren Berufen im Krankenhaus im Getto von Lodz, Marianne nähte als Schneiderin Wehrmachtsuniformen, und Manfred betätigte sich bei der Feuerwehr. Da sie arbeiteten, erhielten sie Lebensmittelmarken, und sie ertauschten sich weitere Nahrungsmittel. So überlebten alle Vier bis zur Räumung des Gettos im Sommer 1944. Der Verbleib von Max und Else Emma Rosenbaum danach ist unbekannt.

Das Ehepaar Rendsburg wurde nach Auschwitz transportiert, wo sich ihre Wege endgültig trennten. Marianne Rendsburg wurde im KZ Stutthof ermordet, Manfred Rendsburg überlebte mehrere KZs und die gefährliche Rückwanderung nach Hamburg.

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8; StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, o. Sign. Mitgliederzählung der DIGH 1928; 390 Wählerverzeichnis 1930; 992 e 2 Deportationslisten Bd. 1; BA Bln., Volkszählung 1939; Archivum Panstwowe, Lodz; HA 1911 und 1916; Persönliche Mitteilungen von Angehörigen; Stadtteilarchiv Hamm: Schriftliche Mitteilungen von E. M.; Wir zogen in die Hammer Landstraße. Leben und Sterben einer jüdischen Familie. Hrsg. vom Stadtteilarchiv Hamm. 2001, pass.; Freie Universität Berlin, Institut für die Geschichte der Medizin: Dokumentation, Ärztinnen im Kaiserreich, 2007.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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