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Ernst Friedrich Wetzstein * 1883

Dennerstraße 15 (Hamburg-Nord, Barmbek-Nord)


HIER WOHNTE
ERNST FRIEDRICH
WETZSTEIN
JG. 1883
KZ FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 31.10.1933

Ernst Friedrich August Wetzstein, geb. 2.12.1883, beging am 31.10.1933 im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel Selbstmord

Dennerstraße 15

Ernst Wetzstein wurde als Sohn des Arbeiters Christian Carl Heinrich und dessen Frau Mariet­ta Dorothea, geb. Wrage, in Hamburg geboren. Die Familie war evangelisch-lutherisch und lebte in Eimsbüttel. Ernst Wetzstein hatte noch einen zwei Jahre älteren Bruder, Heinrich.

Während des Ersten Weltkrieges diente Ernst Wetzstein an der Front und wurde schwer verwundet. Dadurch war er zu 50 Prozent kriegsbeschädigt und hatte Mühe einen Arbeitsplatz zu finden. Nach dem Krieg begann er eine Töpferlehre.

Am 31. Dezember 1920 heiratete Ernst Wetzstein die 21-jährige Helene Anna Auguste Hardt aus Strippow bei Coeslin. Die Trauzeugen waren sein Bruder Heinrich und seine Mutter Ma­riet­ta. Zu diesem Zeitpunkt war sein Vater bereits verstorben. Helene zog nach der Hochzeit zu Ernst in die Löwenstraße 33, Haus 10, wo auch Marietta Wetzstein wohnte. Ernst Wetzsteins Kriegsverletzung führte dazu, dass er sich ein Magengeschwür entnehmen lassen musste und zum Frührentner wurde.

Am 15. August 1933 wurde Ernst Wetzstein wegen des Verdachts des Sittenverbrechens an Mädchen von der Polizei verhaftet und im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel inhaftiert. Zu diesem Zeitpunkt wohnte das Ehepaar Wetzstein in der Dennerstraße 15, gemeinsame Kinder gab es keine.

Aufgrund der Anschuldigungen war Ernst Wetzstein in Einzelhaft. Mehrmals wurde von der Gefängnisverwaltung angefragt, ob man diese nicht aufheben könne, doch es geschah nicht. Noch vor Beginn seines Prozesses sollte Ernst Wetzstein seiner Kastration zustimmen. Das Verfahren gegen ihn wurde am 14. Oktober 1933 eröffnet und die Verhandlung hätte am 1. November begonnen. Doch zu diesem Zeitpunkt war Ernst Wetzstein bereits tot. Er soll sich in seiner Zelle erhängt haben, wie ein Oberinspektor Körner in seinem Bericht schrieb:

"Herrn Präsidenten des Strafvollzugsamtes.
Der seit dem 16.8.1933 für gr. Strafkammer VII 336/33 (Staatsanwaltschaft VII b 4306/33) wegen Verdachts des Sittenverbrechens an kleinen Mädchen in Untersuchungshaft befindliche Ernst Friedrich August Wetzstein, geb. 2. Dezember 1883 zu Hamburg, Renten­emp­fän­ger, verheiratet, ist heute Vormittag beim Aufschluss 7 Uhr 5 Minuten in seiner Zelle 210 an einem Stück Bettlaken am Zellenfensterkreuz hängend tot aufgefunden worden. Der Sta­tions­beamte, Wachtmeister Plüschau, hat den Wetzstein sofort abgeschnitten und mit dem sofort benachrichtigten Heilgehilfen gemeinsam Wiederbelebungsversuche angestellt, die aber erfolglos waren. Wetzstein sollte am 1. November 1933 Hauptversammlungstermin ha­ben. Das Motiv seiner Tat ist nicht bekannt. Den Stationsbeamten ist er nie verdächtig vorgekommen. Er war ruhig und still und hat sich um niemand gekümmert und war in Einzelhaft.

Der um 9 Uhr erschienene Distriktsarzt Dr. Spaethe stellte ,Selbstmord durch Erhängen‘ fest. Die Ehefrau und die zuständigen Behörden sind benachrichtigt worden; die Leiche wird im Laufe des Tages ins Hafenkrankenhaus (Totenhalle) überführt werden."

Der herbeigerufene Arzt stellte keine Spuren von Misshandlung fest.

Da es nie zu einer Verhandlung und deswegen auch zu keinem Urteil kam, konnte nicht festgestellt werden, ob die Vor­würfe gegen Ernst Wetzstein der Wahrheit entsprachen. Der Künst­ler Gunter Demnig hat sich trotzdem dazu entschlossen, einen Stein zu setzen.

© Carmen Smiatacz

Quellen: StaHH 242-1 II, Gefängnisverwaltung II, Abl. 12, 683 – Wetzstein; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 1008 und 288/1933; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 1762 und 288/1933; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 8982 und 4579/1883; Diercks: Gedenkbuch "KOLA-FU", S. 43.

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