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Bereits verlegte Stolpersteine



Herbert Perlmann * 1919

Mühlenkamp 29 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
HERBERT PERLMANN
JG. 1919
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Mühlenkamp 29:
Emma Perlmann, Harriet Perlmann, Isaac Perlmann

Isaac Perlmann, geb. 30.4.1881 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, Todesdatum unbekannt
Emma Perlmann, geb. Depken, geb. 19.4.1883 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, Todesdatum unbekannt
Harriet Perlmann, geb. 11.12.1915 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, Todesdatum unbekannt
Herbert Perlmann, geb. 17.9.1919 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, Todesdatum unbekannt

Mindestens von 1870 bis 1876 lebte der jüdische Religionslehrer Michael Perlmann (1845–1915) mit seiner aus Cuxhaven stammenden Frau Ida, geb. Jacobsen (1841–1921) in Perleberg/Brandenburg. Er stammte aus Polen, wo er als Sohn eines Rabbiners in dem Ort Szezuegyn geboren worden war. 1875 hatte Michael Perlmann in Perleberg geheiratet, 1876 wurde dort sein erster Sohn geboren und erhielt den Namen Benjamin Jacob.

Ende der 1870er Jahre zog die Familie nach Hamburg. Hier wurde 1881 Isaac Perlmann geboren. Zwei Jahre nach ihm kam sein Bruder Georg Hirsch Moses (genannt Harry) zur Welt. 1885 erwarb Michael Perlmann das Hamburger Bürgerrecht, wohl auch im Hinblick auf eine berufliche Veränderung und Selbständigkeit. 1892 wurde sein "Stand oder Beruf" in der Einwohnermeldekartei mit "Juwelen, Uhren, Gold …" angegeben. Im März 1893 wurde die Firma Michael Perlmann ins Handelsregister eingetragen. Aus dem Religionslehrer war nun ein Kaufmann geworden.

Von den um 1900 in Hamburg gemeldeten Perlmanns waren lediglich Michael Perlmann und seine Nachkommen Mitglieder der Jüdischen Gemeinde. Das Hamburger Fernsprechbuch vermerkte ihn ab 1901 mit dem Firmeneintrag "Perlmann, Michael, Uhren, Juwelen, Gold- und Silberw., Münzen u. fremde Valuten, Alterwall 63". 1903 bis 1905 lautete die Adresse Neueburg 25 (III. Stock) und 1905 bis 1915 Colonnaden 96 (III. Stock). Nach dem Tod Michael Perlmanns im Januar 1915 übernahm der älteste Sohn Benjamin (genannt Benno) Perlmann (geb. 16.10.1876) die Firma des Vaters. Er war über Jahre als Geldwechsler in den Auswandererhallen auf der Veddel tätig gewesen und seit August 1914 Prokurist in der väterlichen Firma. Benjamin Perlmann konzentrierte den Firmenschwerpunkt ganz auf "Bank- u. Geldwechselgeschäfte" mit Sitz in der Bogenstraße 15. Bruder Harry wurde Prokurist der Firma; er fiel 1915 an der Front.

Der fünf Jahre jüngere Isaac Perlmann, der seit 1913 als Mitglied der Jüdischen Gemeinde Hamburg und dem orthodoxen Deutsch-Israelitischen Synagogenverband angehörte, heiratete 1914 oder 1915 Emma Depken. Ihre Eltern, Albert Depken und Hendel, geb. Levy, wohnten in der Bartelsstraße 97 Haus 2. Isaac Perlmann nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. 1915 und 1919 wurden die Kinder Harriet und Herbert in Hamburg geboren. Zusammen mit Richard Kurt Krüger betrieb Isaac Perlmann unter der Adresse Colonnaden 96 bis zum 31. Dezember 1920 das Exportmusterlager Perlmann & Krüger.

1920 zog die Familie aus der Wohnung Colonnaden nach Winterhude in den Mühlenkamp 29 (I. Stock), wo sich im Erdgeschoss seit Mai 1914 das Postamt Hamburg 40 befand. Die Amtlichen Fernsprechbücher vermerkten von 1927 bis 1933 hinter seinem Namen "Vertreter i. Schiffsausrüstungen, Mühlenkamp 29".

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme mussten die Perlmanns Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen machen. Im August 1936 trat Isaac Perlmann aus dem Verein für Hamburgische Geschichte aus. Er kam damit seinem Ausschluss zuvor: Ab 1938 verlangte der Verein von seinen Mitgliedern einen "Ariernachweis", und die verbliebenen jüdischen Mitglieder wurden ausgeschlossen.

Der Sohn Herbert Perlmann wurde in der Kultussteuerkartei 1935 als Schlosserlehrling geführt. Tochter Harriet arbeitete noch 1937 als Angestellte bei Bischof Moden am Neuen Jungfernstieg 7–8 für wöchentlich 20,15 RM. Im Oktober 1938 zog die Familie in die Hamburger Straße 97 um. Helmut Perlmann (geb. 1907), ein Sohn von Benjamin Perlmann, wurde am 10. November 1938 ins KZ Sachsenhausen eingeliefert, aber bald wieder entlassen. Er emigrierte im Januar 1940 in die USA, seine Geschweister Hilde (geb. 1908) und Michael (geb. 1917) nach Palästina.

Am 8. November 1941 wurden Emma und Isaac Perlmann mit Sohn Herbert und Tochter Harriet nach Minsk deportiert. Sie trafen dort am 10. November 1941 ein. Das Getto war erst wenige Tage vorher durch massenhafte Ermordungen teilweise "geräumt" worden. Die Lebensbedingungen waren katastrophal. Hunger und Krankheiten führten zum Tod zahlreicher Lagerinsassen. Die dies überlebt hatten, wurden fast alle in einem Massaker am 8. Mai 1943 ermordet. Der ältere Bruder von Isaac Perlmann, Benjamin Perlmann, wurde am 11. Juli 1942 zusammen mit seiner Ehefrau Elsa, geb. van Son (geb. 1880), nach Auschwitz deportiert.

© Björn Eggert

Quellen: 1; 4; 8; AfW 161076; AfW 020380; AfW 150307; Stadtarchiv Perleberg, alphabetisches Register 1870 und 1871, Standesamtsregister 1875 und 1876; StaHH 314-15, FVg 3607; StaHH 741-4, Alte Einwohnermeldekartei; Handelskammer Hamburg, Firmenarchiv (Perlmann & Krüger), HR A 13238; Standesamt Hamburg-Mitte, schriftliche Auskunft aus den Personenstandsbüchern am 4.9.2007; Gräber-Kartei des Jüdischen Friedhofs Ohlsdorf; AB 1920, 1928; Amtliche Fernsprechbücher Hamburg 1901, 1902, 1904, 1906, 1908–1910, 1914–1921, 1927–1928, 1930, 1933; Jürgen Sielemann, Aber seid alle beruhigt. Briefe von Regina van Son an ihre Familie 1941–1942, Hamburg 2005, S. 106f, 151; Joist Grolle, Ina Lorenz, Der Ausschluss der jüdischen Mitglieder aus dem Verein für Hamburgische Geschichte, in: Zeitschrift des Vereins f. Hamb. Geschichte Bd. 93, Hamburg 2007; Beate Meyer (Hrsg.), Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933–1945, Hamburg 2006, S. 64.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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