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Bereits verlegte Stolpersteine



Leonie Windesheim (geborene Silberberg) * 1893

Sierichstraße 127 (Hamburg-Nord, Winterhude)

1942 Durchgangslager Trawniki ermordet
1941 KZ Fuhlsbüttel

Weitere Stolpersteine in Sierichstraße 127:
Ilse Windesheim

Leonie Windesheim, geb. Silberberg, geb. 24.11.1893 in Hamburg, deportiert am 14.4.1942 von Berlin ins Warschauer Getto, von dort nicht zurückgekehrt
Ilse Windesheim, geb. 18.6.1922 in Hamburg, deportiert am 14.4.1942 von Berlin ins Warschauer Getto, von dort nicht zurückgekehrt

Leonie Silberberg war die Tochter des jüdischen Kaufmanns Ludwig Paul Silberberg und seiner Frau Rosa, geb. Kronheimer. Sie wuchs in Harvestehude auf.

Von der mütterlichen Seite her verfügte sie über ein Erbe, das sie sich mit ihren Geschwistern Kurt Silberberg, der sich 1939 in Lissabon befand, und Olga Placzek teilte, die 1939 bis in die 1940er Jahre in Berlin lebte. Miterben waren außerdem Walter Silberberg (1939 in Amsterdam) und Nelly Schlicher (1939 in Köln).

Leonie Silberberg heiratete den aus Erfurt stammenden Assekuranzmakler Fritz Windesheim (geb. 8.8. 1875). Bis 1922 lebte das Ehepaar in der Sierichstraße 140. 1925 nennt das Hamburger Fernsprechbuch die Privat-Adresse Sierichstraße 127 und die Geschäftsadresse Poststraße 3. Fritz Windesheims Büro befand sich 1933 am Neuen Wall 41.

Die Tochter Ilse Windesheim kam 1922 zur Welt und besuchte später, wie auch die Töchter der Familie Ledermann (s. d.), die private Firgau-Schule in der Sierichstraße 53. Wahrscheinlich hat sie vor der staatlich veranlassten Schließung der Schule 1938 dort noch einen Abschluss machen können.

Fritz Windesheim starb am 14. Oktober 1937.

Mutter und Tochter Windesheim lebten ab September 1939 überwiegend in Berlin, zunächst bei Olga Placzek, später in einer Pension. Sie behielten aber den Hamburger Wohnsitz bei, mehrfach gab Leonie Windesheim gegenüber Hamburger Behörden an, sie halte sich nur vorübergehend und zur Vorbereitung ihrer Auswanderung in Berlin auf. Das vorhandene Vermögen wurde unter Sicherungsanordnung gestellt, und sie durften nur über einen kleinen Betrag daraus monatlich verfügen. 1938/39 zahlten sie die "Judenvermögensabgabe" in drei Raten. Wohl Anfang Januar 1941 ließ Leonie Windesheim ihren Hamburger Hausstand versteigern. Von den daraus erlösten 3892 Reichsmark erhielt sie 892 Mark in bar ausgezahlt, um ihre eigenen Kosten zu decken. Um wegen der Auktion nach Hamburg fahren zu können, hatte sie bei Bekannten Darlehen aufnehmen müssen, die sie aus dem Erlös zurückzahlte.

Damit hatte sie gegen die Sicherungsanordnung verstoßen: Sie hätte eine Genehmigung für die Darlehensaufnahme und das Verfahren der Rückzahlung einholen müssen. So wurde sie im März zu 100 RM Geldstrafe verurteilt. Ihr Bevollmächtigter in Hamburg kümmerte sich um die Abwicklung des Strafbefehls, der Betrag wurde Anfang Juli 1941 bezahlt, im Strafregister wurde ausdrücklich vermerkt, dass Leonie Windesheim als "unbestraft" gelte. Dennoch wurden Mutter und Tochter Windesheim vom 7. bis 27. Mai 1941 im KZ Fuhlsbüttel in "Schutzhaft" festgehalten.

Seit dem 6. Oktober 1941 lebten sie wieder in Berlin. Sie hatten sich offensichtlich weiterhin nicht offiziell abgemeldet, denn in der Jüdischen Gemeinde vermerkte man noch auf ihren Steuerkarten: "25.10.41 Abwanderung" – was die allgemein gebräuchliche euphemistische Umschreibung für "Deportation" war. Allerdings standen Leonie und Ilse Windesheim nicht auf der Liste für diese Deportation aus Hamburg, die nach Lodz führte und der 1034 Menschen zum Opfer fielen, sondern leisteten in Berlin Zwangsarbeit. Ein halbes Jahr später, am 14. April 1942, wurden sie ins Warschauer Getto deportiert. Ob sie dort oder erst nach einem weiteren Transport in einem Konzentrationslager umgekommen sind, ist nicht bekannt. Die Inschrift auf dem Stolperstein, nach der sie in Trawniki ermordet wurden, beruht auf einem mittlerweile überholten Forschungsstand.

© Ulrike Sparr

Quellen: 1; 4; 5; mündliche Angaben von Frau Angelika Biesenbender, 27.09.07; Bundesarchiv Berlin, Liste der jüdischen Einwohner im Deutschen Reich 1939–1945; StaHH 311-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl. 18.9.1984, Bd. I; StaHH 314-15 Oberfinanzpräs. R 1939/2717; StaHH 314-15 Oberfinanzpräs. Str. 745; StaHH 522-1, Jüd. Gemeinden 992e2 Bd. 1; Amtliche Fernsprechbücher Hamburg 1920, 1922, 1925, 1930, 1933; AB 1937 (Bd. 1); Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, Berlin 1995.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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