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Bereits verlegte Stolpersteine



Stolpersteine Kottwitzstraße 38
© Johann-Hinrich Möller

Hans-Joachim Rothenburg * 1922

Kottwitzstraße 38 (vormals Blücherstraße) (Eimsbüttel, Hoheluft-West)


deportiert
1941 Lodz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Kottwitzstraße 38 (vormals Blücherstraße):
Ingeborg Rothenburg, Paula Rothenburg, Max Rothenburg

Hans-Joachim Rothenburg, geb. am 30.9.1922 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz
Ingeborg Rothenburg, geb. am 30.9.1922 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, von dort am 10.5.1942 deportiert nach Chelmno und ermordet
Max Rothenburg, geb. am 23.1.1883 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, dort ermordet am 4.1.1942
Paula Rothenburg, geb. Fryda, geb. am 19.8.1887 in Wattenscheid, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, von dort am 10.5.1942 deportiert nach Chelmno und ermordet

Kottwitzstraße 38 (Blücherstraße 38)

Max Rothenburg war jüdischer Hamburger und der Sohn des Kaufmanns Isaac Rothenburg und seiner Frau Ernestine, geb. Mühsam. Als er 1883 geboren wurde, wohnten seine Eltern in der Neustadt in der Wexstraße 39. Max Rothenburg war von Beruf Handelsvertreter. Aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts gibt es im Telefonbuch Einträge zu M. Rothenburg, Handelsvertreter oder Agent, unter der Adresse Grindelhof 68. 1910 lautete die Adresse Hansaplatz 2.

Paula Rothenburg stammte aus Wattenscheid, heute ein Teil von Bochum, und war eine geborene Fryda. Ihre Eltern waren Salomon Fryda (geb. 1859) und Rika, geb. Röttgen (geb. 1851). Für Salomon Fryda war es die zweite Ehe. Seine erste Ehe war kinderlos geblieben. Salomon und Rika heirateten im Januar 1882. Paulas Vater war in den Niederlanden geboren und im 19. Jahrhundert nach Wattenscheid gezogen, wo er mit Hausrat handelte. Zwischen 1896 und 1899 baute er sein Haus auf eigenem Grundstück um und errichtete ein für damalige Verhältnisse hochmodernes Kaufhaus. In der örtlichen Zeitung hieß es: "Den modernen Neubauten unserer Stadt hat sich wiederum ein imposantes, mit architektonischem Schmuck versehenes Gebäude, das Warenhaus des Herrn S. Fryda, Ecke Hoch- und Friedrichstraße, zugesellt. … Das Erdgeschoss und die erste Etage, welche durch eine mächtige Treppe verbunden werden, sind als Verkaufsräume brillant ausgestattet, in welchen mächtige Schaufenster Licht spenden." Paula Rothenburg war zwölf Jahre alt, als das Kaufhaus eröffnet wurde und ihr Vater in der Stadt ein angesehener Kaufmann war. Sie hatte zwei ältere und drei jüngere Geschwister.

Max Rothenburg und Paula Fryda heirateten am 7. Juni 1921, vermutlich in Wattenscheid. Paula war 34 Jahre alt. Ihre Mutter war 1916 gestorben, vielleicht führte sie nach deren Tod den Haushalt. 1922 wurden die Zwillinge Hans-Joachim und Ingeborg geboren. Familie Rothenburg lebte bis 1938 am Kaiser-Friedrich-Ufer 9. Der große Wohnblock zwischen Kaiser-Friedrich-Ufer, Heymannstraße und Hohe Weide wurde zwischen 1921 und 1925 von der Baugenossenschaft innerhalb des Mietervereins von 1890 (heute KAIFU-NORDLAND e. G.) gebaut, und Rothenburgs gehörten zu den ersten Mietern. Erst nach 1938 zogen sie in die Blücherstraße 38, die heutige Kottwitzstraße. Von beiden Kindern ließen sich in den Akten keine Spuren finden. Sie müssten um 1929 eingeschult worden sein. Auch von den Eltern wissen wir nicht, wie sie in der NS-Zeit lebten. Man kann davon ausgehen, dass Max Rothenburgs wirtschaftliche Existenz nach 1933 zerstört wurde und er als Handelsvertreter keine Aufträge mehr bekam. Sein Antrag, bis zum 30. Juni 1939 als Handelsvertreter tätig zu sein, war noch genehmigt worden. Ab Januar 1940 unterlag er einer "Sicherungsanordnung".

Wir wissen nicht, ob die Zwillinge die Schule abschließen und zum Lebensunterhalt der Familie beitragen konnten. Vermutlich wohnten sie 1941 noch bei den Eltern, denn alle vier wurden am 25. Oktober 1941 nach Lodz deportiert. Im Getto Lodz wohnte die Familie in der Hohensteinstraße 5/24. Hans-Joachim wurde allerdings von seiner Familie getrennt. Vermutlich wurde er sofort zum Arbeitseinsatz herangezogen. In Lodz war er als Gärtner registriert. Der Vater starb bereits zwei Monate nach der Ankunft im Getto. Mutter und Tochter wurden dann am 10. Mai 1942 nach Chelmno gebracht und ermordet. Ob der Sohn zu der Zeit noch lebte, wissen wir nicht.

Paulas Bruder Walter hatte am 1. Juni 1927 die Hamburgerin Elsbeth Gerson geheiratet, die mit ihren Eltern in der Eimsbütteler Chaussee 94 wohnte. Walter Fryda hatte seine Frau vermutlich in Hamburg kennengelernt, als er dort beruflich zu tun hatte. Er siedelte ihretwegen nach Hamburg über und machte sich selbstständig. Im Januar 1923 meldete er ein Gewerbe an und wohnte in der Bismarckstraße 31 I. Er hatte sich als Autohändler versucht, sich dann aber ab 1927, als seine Firma ins Handelsregister eingetragen wurde, auf die Wartung von Schreibmaschinen spezialisiert. Während der Weltwirtschaftskrise war es sehr schwer, Geld zu verdienen, aber Anfang der 1930er Jahre liefen die Geschäfte etwas besser. Er betrieb sein Gewerbe immer allein von zu Hause aus. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnte er in der Blücherstraße 15. Elsbeth und Walter Fryda bekamen zwei Söhne, Horst Manfred und Peter Jürgen, die 1928 und 1937 geboren wurden. Bis zur Geburt des zweiten Kindes wohnte die Familie in Eimsbüttel in der Meissnerstraße 15 und zog 1937 oder 1938 in die Grindelallee 138 um. Nach der Pogromnacht 1938 wurde Walter verhaftet, sein Geschäft von der Handwerkskammer geschlossen. Die vierköpfige Familie konnte im Mai 1939 über Amsterdam nach Aus­tralien emigrieren.

Für Paulas Bruder Emil Fryda (geb. 1883), dessen Frau und zwei Kinder liegen heute Stolper­steine in Bochum-Wattenscheid in der Hochstraße. Die Schwester Milly (geb. 1885) starb ebenfalls im KZ. Der Schwester Helene (geb. 1890) gelang die Emigration. Sie lebte später in den USA.

© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1; 2 (R1939/3100); 4; 5; Andreas Halwer, Die Wattenscheider Familie Fryda, Stadtarchiv Bochum; StaH 332-5 Geburtsregister, 2051 u. 514/1883; StaH 351-11 AfW, 17656; FZH/WdE 240, 63,64; HAB II 1910, 1914, 1935 und 1938; Sybille Baumbach, "Wo Wurzeln waren …", S. 110ff.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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