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Bereits verlegte Stolpersteine



Ernst Mayer * 1878

Conventstraße 27 (Wandsbek, Eilbek)


HIER WOHNTE
ERNST MAYER
JG. 1878
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Conventstraße 27:
Irmgard Hrabe, Emilie Mayer

Emilie Recha Mayer, geb. Fackenheim, geb. 10.11.1851 in Dillich/Nordhessen, deportiert am 23.6.1943 nach Theresienstadt, dort am 3.8.1943 gestorben
Ernst Mayer, geb. 12.8.1878 in Gladbach (heute: Mönchengladbach), deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Conventstraße 27

Emilie Mayer war die Tochter des Rabbiners Michael (Michel) Fackenheim und seiner Ehefrau Marianne Fackenheim, geborene Israel, die 1848 geheiratet hatten. Ihre Tochter Emilie Fackenheim wurde am 10. November 1851 in Dillich im heutigen Nordhessen geboren. Von ihr sind drei Geschwister bekannt: die Brüder Julius, geboren 1863, und Carl, geboren 1872, sowie die Schwester Anna (Geburtsdatum unbekannt).

Emilie Fackenheim heiratete im Oktober 1877 den annähernd vier Jahre jüngeren Gustav Gabriel Mayer, geboren am 19. Juni 1855 in Hagen in Westfalen. Auch er entstammte einer jüdischen Familie. Zehn Monate nach der Heirat wurde Ernst Mayer am 12. August 1878 in Gladbach (heute: Mönchengladbach) geboren. Ernst Mayer hatte drei Geschwister: Alexander, geboren 1879 ebenfalls in Mönchengladbach, Susanne, geboren 1885 in Freiburg, und Friedrich Fritz, geboren 1888 ebenfalls in Freiburg. Ernst besuchte später das Polytechnikum in Straßburg.

Das Ehepaar Emilie und Gustav Mayer zog etwa 1920 mit seinem Sohn Ernst nach Hamburg. Hier lebte bereits der jüngste Sohn Friedrich. Der zweitjüngste Sohn Alexander wohnte in Frankfurt am Main. Tochter Susanne heiratete 1909 in Freiburg den Schauspieler Paul Thomas und emigrierte mit ihm 1934 nach Buenos Aires.

Über die Lebensumstände der Familie Mayer in Hamburg ist nur wenig überliefert. Die Kultussteuerkarteikarte der Jüdischen Gemeinde nennt als Gustav Mayers Beruf "Buchhalter Import-Export". Das Ehepaar hatte mehr als zehn Jahre im Stadtteil Uhlenhorst in der Papenhuderstraße 48 gewohnt, bevor es im August 1935 in die Conventstraße 27 in Hamburg-Eilbek zu dem jüngsten Sohn Friedrich wechselte. Friedrich Mayer übersiedelte wahrscheinlich 1939 zu seinem Bruder Alexander nach Frankfurt.

Ernst Mayer, von Beruf Elektrotechniker, wurde 1931 erstmals von der Jüdischen Gemeinde zur Kultussteuer veranlagt, ein Steuerbetrag jedoch nicht festgesetzt. Sein Einkommen wird also gering gewesen sein. Ernst Mayer war verheiratet mit Stefanie, geborene Steindl, die der katholischen Konfession angehörte. Das Ehepaar lebte außerhalb Hamburgs. Die kinderlose Ehe wurde später geschieden. Nach der Trennung von seiner Ehefrau zog Ernst Mayer zu seinen Eltern in die Conventstraße.

Das Hamburger Adressbuch enthält diese Adresse noch in seiner Ausgabe von 1942.

1939 erkrankte Ernst Mayers Vater Gustav schwer. Er war Patient in der damaligen Psychiatrischen und Nervenklinik der Hansischen Universität, der heutigen Schön Klinik Hamburg Eilbek am S-Bahnhof Friedrichsberg. Dort starb er am 28. Dezember 1939 im Alter von 84 Jahren.

Ernst Mayer wurde am 8. November 1941 nach Minsk deportiert. Bis zuletzt wohnte er gemeinsam mit seiner Mutter Emilie Mayer in der Parterrewohnung in der Conventstraße 27.

Auch die Hamburgischen Electricitäts-Werke waren in die Abwicklung des Deportationsgeschehens einbezogen. In Sorge um die Begleichung noch ausstehender Stromkosten in der Conventstraße 27 und in anderen Wohnungen von Verschleppten forderten sie mit Schreiben vom 28. März 1942 beim Finanzamt Hamburg-Dammtor, Verwaltungsstelle für Judenvermögen, für Juden, "die in letzter Zeit evakuiert sind", Beträge für verbrauchten Strom. Für Ernst Mayer verlangten sie 17,32 RM.

Als Ernst Mayer seinen Deportationsbefehl erhielt, beschaffte er seiner fast 90-jährigen Mutter in Sorge um ihr weiteres Schicksal noch eine betreute Unterbringung. Einen Tag vor der Deportation ihres Sohnes zog Emilie Mayer in das jüdische Altenheim Nordheimstift I in der damaligen Schlachterstraße 40/42 (heute: Großneumarkt).

Nach dem Abtransport ihres Sohnes war Emilie Mayer in Hamburg auf sich allein gestellt. Es müssen aber gute Kontakte zumindest zu dem Sohn Friedrich in Frankfurt bestanden haben, der sie auch zusätzlich zu ihrer Rente von nur 29,90 RM unterstützte. Am 16. November 1941 schrieb Friedrich Mayer an den Jüdischen Religionsverband:
"Ich danke Ihnen für die Mitteilung der Adresse unserer lieben Mutter, Frau Emilie Mayer! Unsere liebe Mutter entbehrt einige in der Wohnung zurückgebliebene Sachen sehr, u. a. eine wollene Decke, einige Wäschestücke, und auch ein paar selbst eingekochte Gläser Marmelade! Ich möchte Sie daher bitten, bei der zuständigen Stelle zu beantragen, dass unserer lieben Mutter diese Sachen ausgehändigt werden! Ich glaube bestimmt, dass man einer 90-jährigen Frau diesen Wunsch erfüllt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich mit unserer lieben Mutter, die z. Zt. im Haus Nordheimstift I ist, in Verbindung setzen würden, damit sie bei evtl. Genehmigung des Antrages unterrichtet ist [...]".

Ab April 1942 wurden in Hamburg alle noch nicht deportierten "Träger von Judensternen" zwangsweise in "Judenhäuser" eingewiesen. Davon war auch Emilie Mayer betroffen. Am 22. März 1943 wurde sie in Räume der ehemaligen Deutsch-Israelitischen Gemeinde in der Beneckestraße 6 einquartiert. Emilie Mayer erlitt am Tage des Umzugs einen Oberschenkelhalsbruch und wurde im Deutsch-Israelitischen Krankenhaus in der Schäferkampsallee 29 aufgenommen. Das Krankenhaus rechnete mit einer Behandlungsdauer von zehn Wochen. Nur drei Monate nach ihrer Einlieferung, am 23. Juni 1943, wurde sie im Alter von 91 Jahren aus der Beneckestraße 6 nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie 39 Tage später, am 2. August 1943.

Emilie Mayer musste nicht nur die Deportation ihres Sohnes Ernst im November 1941 miterleben. Auch von der Deportation ihres Sohnes Alexander im Jahre 1942 wird sie möglicherweise noch erfahren haben. Er wurde in Auschwitz am 17. Januar 1943 ermordet. Der dritte Sohn Friedrich flüchtete zunächst mit unbekanntem Ziel, wurde aber gefasst und 1943 ebenfalls nach Auschwitz deportiert. Dort wurde er am 25. August 1943 ermordet.

Stand Februar 2014
© Ingo Wille

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; 9; AB; StaH 314-15 OFP Oberfinanzpräsident 29 (HEW); 351-11 Amt für Wiedergutmachung 35652, 522-1 Jüdische Gemeinden 922 e 2 Deportationslisten, 992 n Fürsorgeakten der Jüdischen Gemeinden Band 25; Stadtarchiv Freiburg; Stadtarchiv Mönchengladbach; http://www.geni.com/ people/Mariane-Fackenheim/6000000014569670394, http://www.geni.com/people/Michael-Fackenheim/6000000014569601550 (Zugriffe am 27.8.2012).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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