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Bereits verlegte Stolpersteine



Grete de Levie * 1906

Eppendorfer Baum 3 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
GRETE DE LEVIE
JG. 1906
DEPORTIERT 1941
LODZ
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Eppendorfer Baum 3:
Ernst Lychenheim, Mathilda (Tilly) Lychenheim

Grete de Levie, geb. am 9.5.1906 in Leer/Ostfriesland, deportiert am 25.10.1941 ins Getto Lodz, ermordet am 10. Mai 1942 im Vernichtungslager Chelmno

Eppendorfer Baum 3

Grete de Levie kam am 9.5.1906 in Leer/Ostfriesland zur Welt. Ihr Vater, Jakob de Levie, geb. am 15.12.1870 in dem holländischen Ort Nieuwe Pekela, betrieb einen Viehhandel. Die Mutter, Sophie de Levie, geb. de Vries, geb. am 5.7.1884 stammte aus Leer. Sie war die zweite Ehefrau von Jakob de Levie, dessen erste Ehefrau Berta, geb. Rosenboom, mit 28 Jahren am 3. Mai 1904 gestorben war. Sie hinterließ den fast 5-jährigen Sohn Benjamin, Gretes Halbbruder.

Über Gretes schulische und berufliche Ausbildung ist nichts bekannt. Vermutlich ging sie in die jüdische Schule in Leer. Diese bestand bereits seit 1793 und wurde als Elementarschule (Grundschule) geführt. Kurz vor Gretes Einschulung, 1910 eröffnete die jüdische Gemeinde ein neues Schulgebäude mit Lehrerwohnung in der damaligen Deichstraße (heute Ubbo-Emmius-Straße). 25 Schülerinnen und Schüler besuchten jetzt den Unterricht. (Das ehemalige Schulgebäude, geschlossen 1938, ist heute ein Erinnerungs- und Gedenkort.) Grete, ihr Halbbruder Benjamin und die Eltern wohnten in Leer in der Wilhelmstraße 106.

Benjamin verließ das elterliche Haus 1927 nach seiner Hochzeit mit Elly, geb. Rosenberg, geb. am 27.12.1902 in Leer. Beide wohnten nun in der Brunnenstr. 38. Dort kam auch ihr Sohn Jakob am 8.3.1930 zur Welt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verstärkten sich auch in Leer die Einschränkungen und Anfeindungen der jüdischen Bevölkerung. Vermutlich deswegen zog die Familie im Jahr 1938 nach Frankfurt am Main.

Hinweise auf Gretes berufliche Tätigkeit finden sich zunächst nur indirekt. Bekannt ist, dass sie Leer in Abständen verließ, vermutlich, um als Dienstmädchen zu arbeiten. So war sie in den holländischen Orten Groningen und Leeuwarden, in verschiedenen Orten in Ostfriesland (Westerstede, Esens) und in Oldenburg gemeldet.

Ab Oktober 1936 lebte sie in Hamburg. Grete ließ sich als Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg registrieren. Als Berufsbezeichnung gab sie "Stütze" (Haushaltshilfe) an. Die Kultussteuerkarteikarte der Jüdischen Gemeinde gibt Auskunft über die Meldeadressen, die vermutlich identisch mit ihren Arbeitsstellen waren.

Von Oktober 1936 an arbeitete sie im Haushalt des Arztes Salomon Goldschmitt und seiner Familie in der Klosterallee 80, I. Stock, wo sich auch die Praxis befand. Sie blieb bei der Familie, als diese Wohnung und Praxis im November 1937 in den Eppendorfer Baum 3, I. Stock verlegte. Am 30. September 1938 erlosch die Approbation für jüdische Ärzte und Salomon Goldschmitt musste seine Praxis nach 30-jähriger Tätigkeit aufgeben. Er floh im Mai 1939 mit seiner Frau Hedwig nach Shanghai.

Grete de Levie zog nun in den Wiesendamm 160 zu Marie Eisenberg. Die beiden Frauen fanden ab 15. November 1940 in der Eimsbütteler Straße 24 eine neue Unterkunft. Dort kam es für Grete im Juli 1941 zu einer letzten Begegnung mit ihren Eltern, die für neun Tage unter Gretes Adresse gemeldet waren.

Grete de Levie und Marie Eisenberg erhielten den Deportationsbefehl in das Getto Lodz. Der Zug verließ Hamburg am 25. Oktober 1941. Ihre Gettoadresse lautete Froschstraße 14/3, dort wurden sie in ein Zimmer mit weiteren fünf Personen einquartiert.

Die "penible" Buchführung im Getto bestätigte nachträglich, dass beide Frauen am 10. Mai 1942 "ausgesiedelt" wurden. Das ist ein euphemistischer Ausdruck für die Verschleppung in das 60 km entfernte Vernichtungslager Chelmno, wo Grete de Levie und Marie Eisenberg ermordet wurden.

Gretes Eltern Jakob und Sophie de Levie wurden von Berlin aus am 11. September 1942 in das Getto Theresienstadt und von dort am 16. Mai 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Sie hatten Leer im März 1940 in Richtung Berlin verlassen, vermutlich aufgrund einer Weisung der Gestapo Leitstelle in Wilhelmshaven. Die Region Ostfriesland sollte bis zum 1. April 1940 "judenfrei" werden. Die jüdische (Zwangsorganisation) Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, der alle jüdischen Gemeinden eingegliedert waren, bemühte sich, die ostfriesischen Juden umzusiedeln, um deren angedrohte Deportation in den Distrikt Lublin zu verhindern.

Grete de Levies Halbbruder Benjamin, dessen Ehefrau Elly und der gemeinsame Sohn Jakob wurden von Frankfurt am Main aus am 20. Oktober 1941 in das Getto Lodz deportiert und kamen dort zu Tode. Benjamin de Levies Tod im Getto ist am 20. August 1942 registriert, Elly und Jakob wurden am 10. September 1942, wie Grete fünf Monate zuvor, ins Vernichtungslager Chelmno verschleppt und dort ermordet.

Stand: April 2021
© Christina Igla

Quellen: 1, 4, 5, 9, Staatsarchiv Hamburg; 332-8_A51/1 Film K2428, K2441, 522-1_992e" Deportationslisten; Auszug aus den Haushaltskarten der Stadt Leer und Übersicht über die Familie de Levy- erhalten von Menna Hensmann, Stadtarchiv in Leer;
www.aerzteblatt.de" Dtsch Ärztebl 2008; 105 (39): A 2043-4; www.ancestry.de
Adressbuch Hamburg (online); USHMM (via ancestry) Meldeunterlagen Getto Lodz; wikipedia: Die jüdische Gemeinde in Leer (alles abgerufen 5.4.2021); Anna von Villiez: Entrechtung und Verfolgung "Nicht arischer" Ärzte in Hamburg von 1933-1945", Edzard Busemann-Disselhoff, Olaf Hennings: Auf den Spuren ehemaliger jüdischer Mitbürger in Leer, Seite 7; Archivpädagogische Anlaufstelle: Shoa–Eine Sammlung.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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