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Bereits verlegte Stolpersteine



Porträt Irmgard Hrabe (für die Fotograhie wurde ihr Kopf gestützt)
Irmgard Hrabe (für die Fotograhie wurde ihr Kopf gestützt)
© Ev. Stiftung Alsterdorf, Archiv

Irmgard Hrabe * 1930

Conventstraße 27 (Wandsbek, Eilbek)


HIER WOHNTE
IRMGARD HRABE
JG. 1930
EINGEWIESEN 1943
"HEILANSTALT" EICHBERG
ERMORDET 24.9.1943

Weitere Stolpersteine in Conventstraße 27:
Emilie Mayer, Ernst Mayer

Irmgard Hrabe, geb. am 3.12.1930 in Hamburg, ermordet am 24. September 1943 in der Heil- und Pflegeanstalt Eichberg

Hasselbrookstraße 11

Irmgard Hrabe wurde als jüngstes von fünf Kindern der Eheleute Lina, geborene Sjöberg, geboren am 26. April 1898, und des Lagermeisters Waldemar Hrabe, geboren am 15. April 1896 in Hamburg-Hamm, in Hamburg-Eilbek geboren und in der dortigen Friedenskirche am 31. Mai 1931 getauft. Ihre Tante Luise Sjöberg übernahm die Patenschaft. Ihre Mutter, Lina Sjöberg, kam aus einer evangelischen, ihr Vater, Waldemar Hrabe, aus einer katholischen Familie mit tschechischen Wurzeln. Dessen Vater, der Schriftsetzer Peter Friedrich Hrabe, war mit Katharina, geborene Liewald, verheiratet.

Beide Eltern hatten viele Geschwister, beide vollendeten den Besuch der Volksschule. Waldemar Hrabe nahm am Ersten Weltkrieg teil und kehrte versehrt zurück. Das Ehepaar heiratete im April 1923 in Oldendorf/Kreis Melle, dem Geburtsort Linas. In den Jahren 1924, 1926 und 1928 kam jeweils ein Sohn zur Welt, 1929 die erste Tochter, der eineinhalb Jahre später die Tochter Irmgard folgte. Die Brüder besuchten die Volksschule für Jungen in der Ritterstraße, die Schwester die Volksschule für Mädchen in der Hasselbrookstraße und schlossen sie erfolgreich ab. Der älteste Bruder trat mit vierzehn Jahren eine Klempnerlehre an.

Irmgard Hrabe begann mit drei Jahren zu gehen. Bis dahin war der Mutter nichts Besonderes an ihr aufgefallen. Das Mädchen war leicht aufgeregt, aber umgänglich. Mit vier Jahren fing Irmgard an zu sprechen, und ihr Verhalten änderte sich. Sie war nun ununterbrochen in Bewegung und dabei unberechenbar, so dass sie ständig Aufsicht brauchte, um sich und die Geschwister nicht zu gefährden. Sie besuchte nie eine Schule und kam im Alter von siebeneinhalb Jahren in die damaligen Alsterdorfer Anstalten. Bei der Aufnahme wurde zur Feststellung der Erbgesundheit ein Stammbaum über drei Generationen hinweg erstellt und dem "Rassenamt" übermittelt. Was daraus folgte, ist nicht bekannt.

Irmgard setzte sich gegen jede Berührung zur Wehr, beschäftigte sich aber mit den angebotenen Bällen und Autos. In den folgenden Jahren nahm sie keine erkennbare Beziehung zu ihrer Umwelt auf und litt mehrfach an schweren Infektionskrankheiten. Ihre Familie holte sie auf Urlaub, so oft es ging.

Irmgards Unruhe ließ sich nur durch Medikamente dämpfen. Zudem trug sie fast ständig eine Schutzjacke, weil sie sonst alles zerriss. Vermutlich war ihre Unbändigkeit der Grund, weshalb sie am 7. August 1943 dem ersten Transport von Patientinnen und Patienten zur Entlastung der damaligen Alsterdorfer Anstalten zugeteilt wurde. Dem Transport gehörten insgesamt 128 Kinder und Männer aus Alsterdorf und 82 Männer aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn an. Sie wurden auf die Anstalten Kalmenhof/Idstein und Eichberg verteilt. Die 28 Kinder, z. T. in ihren Schutzjacken aufeinander liegend transportiert, kamen in die Heil- und Pflegeanstalt Eichberg, 20 von ihnen in die "Kinderfachabteilung", die übrigen auf die Frauenabteilung. Die erste Gruppe wurde bald nach der Ankunft, ohne das "Reichsausschuss"-Verfahren durchlaufen zu haben (s. Stolpersteine in Stadtteils Hamburg-Rothenburgsort), ermordet, die übrigen Acht folgten nach ihrer Verlegung in die "Kinderfachabteilung" innerhalb der beiden nächsten Monate, ausgenommen eine Fünfzehnjährige. Irmgard Hrabe starb am 24. September 1943, angeblich an Kreislaufschwäche durch Lungenentzündung bei "Idiotie" – sichere Hinweise auf ihre Ermordung. Sie starb mit 12 Jahren, ihr Tod wurde im Standesamt Eltville/ Rheingau ordnungsgemäß registriert.

Stand Februar 2014
© Hildegard Thevs

Quellen: Ev. Stiftung Alsterdorf, Archiv, V 27; StaH 332-5 Standesämter 2409-719/1896, 7340-560/1956, 8468-164/1966; Stadtarchiv Eltville, Sterberegister 1943.

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