Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Heinrich Seifert * 1905

Bremer Straße 33 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
HEINRICH SEIFERT
JG. 1905
VERHAFTET
"WEHRKRAFTZERSETZUNG"
ZUCHTHAUS BRANDENBURG
HINGERICHTET 4.8.1944

Heinrich Seifert, geb. 5.1.1905 in Harburg, am 14.8.1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet

Bremer Straße 33 (Stadtteil Harburg-Altstadt)

Heinrich Seifert war Sohn des Brothändlers Josef Seifert, geb. am 15.4.1876 in Leubus, Kreis Wohlau (Schlesien). Josef Seifert wohnte ab 1895 in Harburg, war katholisch und hatte das Schmiedehandwerk erlernt, bevor er einen Brotladen betrieb. Am 24. Januar 1904 heiratete er Elisabeth Schmalstieg, geb. am 19.6.1882 in Harburg. Heinrich war das älteste Kind. Er bekam drei Geschwister, die alle in Harburg geboren wurden: Anna, geb. am 2.6.1907, Lorenz, geb. am 3.1.1910, und Josef, geb. am 5.8.1911. Josef Seifert besaß das Wohnhaus der Familie in der Bremer Straße 33. Sein Brotladen befand sich ebenfalls dort. Eine Wohnung hatte Seifert 1933 vermietet.

Heinrich Seifert arbeitete als kaufmännischer Angestellter, dann als selbstständiger Kaufmann, zuerst als Drogist, danach als Buchhändler. Vorübergehend wohnte er (ab 1928) in der Pestalozzistraße 112 (heute: Mehringweg), ab 1935 wieder in der Bremer Straße 33. Später gab er seinen Beruf als "Geschäftsreisender" an. 1938 lernte er Irma Zandering kennen und verlobte sich mit ihr.

Nach ihren Angaben sympathisierte Heinrich Seifert vor 1933 mit der NSDAP. Er hielt sogar Wahlreden für diese Partei, ohne ihr beigetreten zu sein. Bald entwickelte er sich zu ihrem entschiedenen Gegner. Er wurde auch bei der Gestapo auffällig, unter anderem, weil er sich dem Wehrdienst entzogen hatte. Um nicht entdeckt zu werden, reiste er als fliegender Buchhändler mit falschen Papieren. Das Geschäft lief auf den Namen seiner Verlobten.

Vom 18. September 1936 bis zum 18. Februar 1937 saß er wegen Körperverletzung in Fuhlsbüttel in Haft, sein Prozess fand in Stade statt. Ob auch politische Gründe im Spiel waren, wissen wir nicht.

Im Juni 1943 wurde er erneut festgenommen und im Gestapogefängnis Fuhlsbüttel bis zum März 1944 festgehalten. Es folgte das Hamburger Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis. Angeklagt wurde er vom Oberreichsanwalt in Berlin. Der Prozess fand zunächst beim Hamburger Sondergericht statt, das im Gerichtsgebäude in Altona tagte.

Am 23. Juni 1944 wurde er nach Berlin-Moabit überstellt. Nun wurde gegen ihn beim Volksgerichtshof verhandelt. Die Anklage lautete auf Wehrkraftzersetzung und Verstoß gegen das Heimtückegesetz. In einem Schreiben des Internationalen Roten Kreuzes in Genf (vom 7. März 1956) wurde aus einem Schriftstück zitiert, er "hat im fünften Kriegsjahr in einem Eisenbahnabteil zersetzende Propaganda getrieben". Nach den Angaben seiner Verlobten, die dem Berliner Prozess beiwohnte, soll er gesagt haben: "Die Bäume an der Alster würden gar nicht ausreichen, um die Köpfe der (Nazi-)Bonzen zu tragen." Am 12. Juli 1944 wurde er zum Tode verurteilt, ein Gnadengesuch anschließend abgelehnt. Am 14. August erfolgte die Hinrichtung im Zuchthaus Brandenburg. Der Leichnam wurde eingeäschert und nach Ohlsdorf überführt.

Heinrich Seiferts Gesprächspartner im Zug nannte sich Köhler und hatte sich als Kommunist ausgegeben. Vermutlich hatte er ihn bei der Gestapo denunziert. Die Hamburger "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" glaubt, dass es sich um den gleichen Karl Köhler handeln könnte, der wie Seifert in Harburg wohnte und tatsächlich Kommunist war, in der Haft aber von der Gestapo "umgedreht" wurde. Er hat mehrere Widerstandskämpfer an die Gestapo verraten, wurde deshalb 1945 interniert und stand im Prozess gegen Gestapomann Henry Helms, Spitzel Alfons Pannek und andere vor Gericht (Schreiben vom 30. Juni 1949).

Das Haus von Heinrich Seiferts Eltern wurde von Bomben völlig zerstört. Die Eigentümer haben aber den Krieg überlebt. Josef Seifert starb am 27. Oktober 1959, seine Frau Elisabeth am 14. August 1954.

© Hans-Joachim Meyer

Quellen: StaH, 351-11 AfW, Josef Seifert; StaH, 332-8 Meldewesen; StaH, Adressbücher Harburg-Wilhelmsburg und Hamburg; Totenliste VAN.

druckansicht  / Seitenanfang