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Jennny Posner (geborene Theilheimer) * 1874

Mansteinstraße 13 (Eimsbüttel, Hoheluft-West)


HIER WOHNTE
JENNY POSNER
GEB. THEILHEIMER
JG. 1874
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 7.4.1944

Jenny Posner, geb. Theilheimer, geb. am 16.8.1874 in Hamburg, deportiert nach Theresienstadt am 19.7.1942, dort gestorben am 7.4.1944

Mansteinstraße 13

Lotte Mathilde Mansfeldt, geb. Posner, geb. am 14.9.1906 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 16.4.1943
Bela Mansfeldt, geb. am 9.12.1938 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, ermordet 1944 in Auschwitz

Schlüterstraße 5, Rotherbaum

Jenny Posner war das jüngste der vier Kinder von Amsel Anton und Bertha Theilheimer, geborene Wolfsohn. Sie hatte drei ältere Brüder: Adolf, Willy und John. Um 1900 heiratete sie den aus Breslau stammenden Kaufmann Wilhelm Posner. Beide bekamen zusammen zwei Kinder: Am 23.1.1901 wurde Walter geboren, fast sechs Jahre später, am 14.9.1906, Lotte Mathilde. 1916 erwarb die ganze Familie die Staatsangehörigkeit der Freien und Hansestadt Hamburg, denn bis dahin waren sie durch den Geburtsort des Vaters preußische Staatsangehörige gewesen. Eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit) wurde erst Anfang 1934 eingeführt.

Wilhelm Posner arbeitete zunächst als selbstständiger Vertreter, dann gründete er in Hamburg eine Krawattenfabrik mit Sitz in der Kaiser-Wilhelm-Straße 64. Sie brachte ihm so viel ein, dass er beiden Kindern eine Ausbildung ermöglichen konnte: Lotte erlernte den Beruf der Stenotypistin, Walter besuchte zunächst die Eppendorfer Oberrealschule, die er Ostern 1919 mit dem Reifezeugnis, dem heutigen Abitur, abschloss. Unmittelbar danach begann er an der neu gegründeten Universität Hamburg ein Jurastudium, das er zielstrebig absolvierte. Ein Jahr später wechselte er für ein Semester an die Universität Würzburg, kehrte dann nach Hamburg zurück und beendete das Studium nach insgesamt sechs Semestern mit der 1. juristischen Prüfung im Juli 1922, gefolgt von der Vereidigung als Referendar. Um auch die zweite juristische Prüfung ablegen zu können, musste er als Referendar verschiedene Stationen durchlaufen. Unter anderem war er bei einem Hamburger Schöffengericht und – mit unterschiedlichen Schwerpunkten – bei verschiedenen Amtsgerichten tätig. Die 2. juristische Prüfung bestand er im Oktober 1925 und wurde anschließend zum Assessor am Amtsgericht ernannt. Zu der Zeit wohnte er noch bei seiner Familie in der Mansteinstraße 13. Zwei Monate später ließ er sich aus dem Staatsdienst entlassen, um freiberuflich als Rechtsanwalt zu arbeiten. Dies machte er im Januar 1926 durch eine Anzeige im Hamburger Fremdenblatt bekannt, seine Büroräume befanden sich am Neuen Wall 10. Im März 1927 wurde er erneut zum Assessor ernannt, offenbar hatte er sich in der Zwischenzeit entschieden, Richter werden zu wollen. Zunächst arbeitete er etwas länger als ein Jahr lang beim Amtsgericht als Hilfsrichter in der Aufwertungsstelle des Grundbuchamts. Im Juli 1928 ernannte man ihn zum Richter beim Amtsgericht Hamburg.

Nur kurz nach ihrer Machtübernahme erließen die Nationalsozialisten am 7. April 1933 das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, um sämtliche jüdischen und politisch missliebigen Beamtinnen und Beamte aus dem Dienst entfernen zu können. Auch Walter Posner war davon betroffen. Der damalige Präses der Landesjustizverwaltung, Curt Rothenberger, entließ ihn zum 1. Oktober 1933 in den Ruhestand – ohne Ruhegehalt. Ende September 1933 beantragte er daher eine Bedürftigkeitsunterstützung. Doch der Antrag wurde ohne Begründung abgelehnt. Damit besaß Walter Posner, der zuvor fast 6.000 Reichsmark im Monat verdient hatte, kein Einkommen mehr. Verzweifelt versuchte er, eine andere Arbeit zu finden. Im Mai 1934 fuhr er deshalb sogar nach Schweden, aber ohne Erfolg. Im Juli 1935 bekam er endlich eine Stelle bei der Im- und Exportfirma August Ascher Sohn am Neuen Wall 70/74, wo er bis Mitte September 1938 arbeiten konnte. Dann wurde die Firma "arisiert".

Seit dem 20. Januar 1938 war Walter Posner mit der vier Jahre jüngeren Gerda Posner, geborene Weil, aus Hamburg verheiratet. Sie hatte als Geschäftsführerin bei verschiedenen Reise­büros gearbeitet und war zur Zeit der Eheschließung als Sekretärin beim Jüdischen Kulturbund tätig. Walter hatte genau wie seine Schwester Lotte immer bei den Eltern gewohnt, die mittlerweile in die Schlüterstraße 5 umgezogen waren. Dort fand auch Gerda eine Unterkunft. "Uns alle hielt noch die Hoffnung aufrecht, dass eines Tages eine Wendung eintreten musste", schrieb sie später im Rückblick. Angesichts der zunehmenden Drangsalierung, Entrechtung und Bedrohung durch die Nationalsozialisten erschien ihr und Walter die Lage jedoch immer hoffnungsloser. Schließlich beschlossen sie Deutschland zu verlassen. Gerda emigrierte im März 1938 in die USA; Aufgrund von Visumsschwierigkeiten musste Walter im September desselben Jahres zunächst in die Niederlande reisen und konnte erst einige Wochen später von dort aus nach Amerika auswandern.

Kurz vor seiner Ausreise, am 5.9.1938, starb Walters Vater Wilhelm im Alter von 65 Jahren. Nun war Jenny Posner Witwe.

Ihre Tochter Lotte war, anders als Walter, in Hamburg geblieben. Zunächst hatte sie als Büroangestellte bei der Häute-Firma Bachrach & Loeb im Cremonhaus gearbeitet, seit 1938 war sie beim Jüdischen Religionsverband beschäftigt. Im August 1938 hatte sie den rund vier Jahre älteren Walter Mansfeldt aus Hamburg geheiratet. Seine Eltern hießen Gustav und Blanca Mansfeldt, geborene Löwenstein, und er hatte noch vier Geschwister: Ernst, Erica, Lissy und Erwin. Letzterer war bereits 1936 im Alter von 27 Jahren gestorben. Walters und Lottes Hochzeit fand in England statt, denn dorthin war Walter kurz zuvor ausgewandert. Ursprünglich hatte er als Justizangestellter beim Amtsgericht Hamburg gearbeitet, wo er – genau wie sein gleichnamiger Schwager – auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zum 31. August 1933 entlassen wurde. Zum Zeitpunkt der Hochzeit war Lotte schwanger. Weshalb sie anschließend wieder nach Hamburg zurückkehrte, anstatt sich und ihr noch ungeborenes Kind in England vor dem NS-Regime in Sicherheit zu bringen, ist nicht bekannt. So kam am 9.12.1938 ihre Tochter Bela in Hamburg zur Welt.

In der Wohnung an der Schlüterstraße konnten Jenny Posner, Lotte und Bela Mansfeldt nicht mehr lange bleiben. Sie mussten in das "Judenhaus" im Durchschnitt 8 ziehen. Von dort wurden sie am 19. Juli 1942 mit dem Transport VI/2 nach Theresienstadt deportiert. Dorthin bekamen sie offenbar Päckchen von Max Plaut, dem Leiter des Jüdischen Religionsverbands, für die sich Jenny Posner per Postkarte bedankte. Auch die kleine Bela schickte Postkarten an den "lieben Onkel Plaut" (geschrieben von ihrer Großmutter Jenny).

Lotte Mansfeldt starb in Theresienstadt am 16.4.1943, Jenny Posner am 7.4.1944. Die vierjährige Bela wurde von Theresienstadt aus am 23. Oktober 1942 mit dem Transport E 371 nach Auschwitz gebracht und dort ermordet.

Walter Mansfeldt änderte seinen Nachnamen in Mansfield. Er heiratete 1950 erneut und starb 1981 in England. Walter Posner erhielt 1946 in den USA die Nachricht, dass seine nächsten Angehörigen in Konzentrationslagern umgekommen waren. Dadurch verlor er, so seine Frau Gerda später, allen Lebensmut. Er starb am 16.6.1947 im Alter von 46 Jahren in Denver/Colorado. Gerda Posner starb 1993 in Los Angeles.

© Frauke Steinhäuser

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 241-2 Justizverwaltung – Personalakten, Sign. A1220 Personalakte Walter Posner; StaH 332-5 Standesämter, 1088 u. 47/1938; StaH 351-11 AfW 24641; StaH 522-1, 390 Jüdische Gemeinden, Wählerliste 1930; StaH 622-1 Familienarchive 173, Plaut; Frank Bajohr, "Arisierung" in Hamburg, Hamburg 1998, S. 198ff.; Ulrike Sparr/Björn Eggert, Stolpersteine, S. 45f.; Buildings Integral to the Former Life and/or Persecution of Jews in Hamburg-Rotherbaum II/ Harvestehude, 17. Von-Melle-Park, former No. 2, No. 6, and No. 4 Beneckestraße, URL: www1.uni-hamburg.de/rz3a035//vonmellepark.html (Zugriff 12.1.2013); Aufbau, New York, 1.12.1934–30.12.1950, von der Deutschen Nationalbibliothek digitalisierte Ausgabe, URL: www.dnb.de/ DE/DEA/Kataloge/Exilpresse/exilpresse_node.html (Zugriff 17.9.2011; seit Juli 2012 aus rechtl. Gründen im Internet nicht mehr zugänglich).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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