Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Sonia Wechsler mit Tochter Esther und Sohn Max
Sonia Wechsler mit Tochter Esther und Sohn Max
© Privat

Sonia Wechsler (geborene Krupnick) * 1886

Hohe Weide 74 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
SONIA WECHSLER
GEB. KRUPNICK
JG. 1886
EINGEWIESEN 1935
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 23.9.1940
BRANDENBURG
ERMORDET 23.9.1940
"AKTION T4"

Sonia (Sophie) Wechsler, geb. Krupnick, geb. am 15.7.1886 in Nowoaleksandrowsk (Lettland), ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Stolperstein Hamburg-Eimsbüttel, Hohe Weide 74

Sonia Wechslers Geburtsname lautete Sara-Scheyne Krupnick. In den wenigen in Hamburg aufgefundenen Dokumenten ist als Vorname Sophie notiert. Doch die Familienangehörigen nannten sie nur Sonia. Entsprechend dem Wunsch ihres in Tel Aviv lebenden Enkelsohnes Itamar trägt der für sie gesetzte Stolperstein den Vornamen Sonia. So wird sie auch in dieser Darstellung ihrer Lebensgeschichte genannt.

Sonia hatte einen Bruder, Abraham, und zwei Schwestern, deren Namen wir nicht kennen. Sonia Wechslers Geschichte stützt sich angesichts der nur wenigen schriftlichen Zeugnisse weitgehend auf mündliche Berichte ihrer Nachkommen.

Sonia traf ihren späteren Ehemann Tobias Wechsler (damals noch Tuvija Zalmana d. Vekslers) etwa 1907 in Libau bei dem "Allgemeinen jüdischen Arbeiterbund in Lettland, Polen und Russland", kurz "Der Bund", bei dem auch Tobias politisch und gewerkschaftlich aktiv war. Libau ist der frühere deutsche Name für die heutige Hafenstadt Liepaja im Westen Lettlands an der Mündung der Lyva.

Tobias Wechsler, damals russischer Staatsangehöriger, war der Sohn eines gläubigen jüdischen Schlachters. Er wurde am 12. Juni 1889 in Libau geboren und hatte zehn Geschwister. In jungen Jahren verstand er sich als Atheist und Sozialist.

Sonia Krupnick war am 15. Juli 1886 in Nowoaleksandrowsk (heute Zarasal) als jüngste Tochter des jüdischen Gutsverwalters Feivusch Krupnick zur Welt gekommen. Nowoaleksandrowsk war eine kleine Stadt mit einem damals erheblichen Anteil jüdischer Bevölkerung, die bis zur Unabhängigkeit Lettlands im Jahre 1918 dem Kreis Kowno im Russischen Reich angehörte und rd. 400 km östlich von Sonias späterem Wohnsitz Libau liegt. Sie war wie ihr Ehemann russischer Nationalität.

Sonia Krupnick war nach Libau gekommen um den Beruf der Schneiderin zu erlernen. Dort lernte sie etwa 1907 Tobias Wechsler kennen und heiratete ihn 1911. Das Ehepaar lebte in Libau in gut auskömmlichen Verhältnissen. Tobias verdiente den Lebensunterhalt, indem er die Buchhaltung für kleine Gewerbetreibende übernahm. Er war mathematisch hochbegabt. In der Familie erzählt man noch heute, er habe mit Zahlen umgehen können wie ein Computer. Die Lösung der praktischen Anforderungen des täglichen Lebens überließ er Sonia. Alle vier Kinder der Eheleute Wechsler kamen in Libau zur Welt, Jacob (Yaacov) am 15. November 1912, Abraham (Avraham) am 15. August 1915, Esther am 2. Juli 1917 und Max (Meir) am 17. Januar 1922. Die Familie sprach jiddisch, doch Tobias legte größten Wert darauf, dass die Kinder "Hochdeutsch" lernten. Er war es auch, der die Namen der Familienmitglieder ins Deutsche übertrug: Tuvia = Tobias, Avraham = Abraham, Meir = Max, Yaacov = Jacob.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs reiste Tobias Wechsler zum Studium der Mathematik nach Tübingen. In seinem Immatrikulationsantrag vom Mai 1918 erwähnte er seine russische Staatsangehörigkeit. Seine Frau Sonia und die bis dahin geborenen drei Kinder blieben in Libau, Kornstraße 27.

Mit Ablauf des Wintersemesters 1918/1919 kehrte Tobias nach Libau zurück. Er beabsichtigte das Studium an der Eberhard Karls Universität in Tübingen fortzusetzen, war daran jedoch durch die Einberufung zum einem kurzzeitigen Militärdienst gehindert. Er gehörte zu den ehemaligen russischen Staatsbürgern, die durch ein Dekret der neuen sowjetischen Regierung staatenlos wurden. Dennoch wurde er für kurze Zeit in die lettische Luftwaffe eingezogen.

Erst Ende 1922, nach der Geburt seines vierten Kindes, Max, konnte Tobias wieder nach Westen reisen. Dies wurde ermöglicht durch den "Nansen-Pass", der 1922 vom Hochkommissar des Völkerbundes für Flüchtlingsfragen, Fritjof Nansen, als Ausweispapier für staatenlose Flüchtlinge und Emigranten entwickelt worden war. Tobias Wechsler fuhr in Begleitung der Söhne Jacob und Abraham nach Tübingen, um sein Studium fortzusetzen. Trotz verspäteter Anmeldung wurde seine Immatrikulation angenommen.

Sonia blieb mit der Tochter Esther und dem Baby Max zunächst in Libau. Ein von ihr eröffnetes und erfolgreich geführtes Lebensmittelgeschäft erlaubte den in Libau gebliebenen Familienmitgliedern ein auskömmliches Leben. Sonia Wechsler und ihre Kinder wohnten "in den schönsten Häusern in Libau", erzählten Verwandte später.

Nach Abschluss des Wintersemesters 1922/23 ließ Tobias Wechsler sich mit seinen Söhnen zunächst in Wolfenbüttel in der Nähe des Harzes nieder.

Abraham und Jacob
 besuchten ab Ostern 1923
 einige Monate Schulen in
 Wolfenbüttel. Jacob, der
 älteste Sohn, litt unter Hänseleien der Mitschüler wegen des besonderen "Hochdeutsch", das die Jungen auf Druck ihres Vaters hatten lernen müssen.

Im Sommer 1923 verließ auch Sonia mit Esther und Max die Heimat. Die Familie, nun wieder vereinigt, verbrachte die Sommermonate in Bad Harzburg.

Tobias und seine Söhne hatten Württemberg bereits verlassen, als das deutsche Konsulat in Libau Anfang September 1923 mit dem Württembergischen Oberamt in Tübingen Kontakt aufnahm und wissen wollte, "aus welchem Grunde Wechsler nicht nach Schluss des Wintersemesters (10. März ds. Js.) aus Deutschland wieder ausgereist ist. Es muss damit gerechnet werden, dass Wechsler sich mit seiner Familie, welche noch bis zum 10. Oktober ds. Js. Aufenthaltserlaubnis in Bad Harzburg hat, für dauernd in Deutschland niederlassen will. Ich darf ergebenst bitten, solchen Bestrebungen entgegentreten zu wollen."

Die Familie Wechsler übersiedelte im Anschluss an ihre Zeit in Bad Harzburg nach Hamburg. Sie fand zwei Zimmer im Stadtteil Hohenfelde, Hohenfelder Allee 7, bei der Witwe Simon. Die beengte Wohnsituation konnte für die sechsköp ge Familie jedoch kein Dauerzustand sein. Anfang der 1920er Jahre wurden neue Kleinwohnungen in der Straße Hohe Weide im Stadtteil Eimsbüttel gebaut. Hier, Hohe Weide 74, Erdgeschoss, bekam die Familie 1927 schließlich ihre eigene Wohnung.

Tobias Wechsler setzte sein Studium in Hamburg fort. Vom 23. April 1923 bis 15. August 1927 war er an der Universität für die Fächer Mathematik, Physik und Englisch eingeschrieben. Trotz seiner ungewöhnlichen geistigen Fähigkeiten beendete er das Studium ohne akademischen Abschluss. Wir wissen nicht, warum er danach keinen Status als ordentlicher Student mehr erhielt. Jedenfalls nahm er vom Wintersemester 1928/1929 bis zum Sommersemester 1931 als Gasthörer an den Vorlesungen teil.

Sonia trug durch Handarbeiten hauptsächlich zum Familienunterhalt bei. Tobias ging weiter seinem Studium nach und übernahm jede sich bietende Arbeit. So gab er z. B. Privatstunden für Schüler.

Bereits 1926 war Tobias’ Vater in Libau gestorben. Das führte beim Sohn zu einer dramatischen Persönlichkeitsveränderung. Er, der Sozialist und Atheist, fühlte sich schuldig, weil er sich von den jüdischen Traditionen der elterlichen Familie und von seinem geliebten Vater abgewandt hatte. Tobias kehrte nun zum Judentum zurück und wurde tief religiös. Er versuchte, die wieder gewonnene Gläubigkeit auf die gesamte Familie zu übertragen – mit nur teilweisem Erfolg. Jacob, der älteste Sohn, lehnte sich dagegen auf. Er wollte Kunstmaler werden. Die Hamburger Kunstschule am Lerchenfeld hatte ihn schon 1925 als 12-Jährigen vorübergehend für einen Schülerkursus aufgenommen Als er dann im Sommer 1930 als 17-Jähriger gegen den Willen des Vaters ernsthaft Maler werden wollte und nun Schüler von Professor Arthur Illies an der Kunstgewerbeschule Lerchenfeld wurde, wuchsen die Spannungen zwischen Vater und Sohn soweit, dass Jakob das Elternhaus verließ. Er lebte nun in der Familie von Anna Roch, Tochter des Zigarrenhändlers Nathan Roch aus Butschatsch (Buczacz) in der heutigen Ukraine, in der Oberaltenallee 87 unweit der Landeskunstschule. Jakob Wechsler konnte vom Sommersemester 1930 bis zum Wintersemester 1932/1933 an der Kunstausbildung teilnehmen.

Sein Bruder, Abraham Wechsler, besuchte von 1923 bis 1932 die Talmud Tora Schule im Hamburger Grindelviertel. Er schloss sie mit der Mittleren Reife ab und begann eine Buchhändler-Lehre bei der renommierten Buchhandlung Glogau in der Straße Neuer Wall 50. Als er die Lehrabschlussprüfung 1934 nach nur zwei Jahren Lehrzeit ablegen wollte, wurde er als Jude in Hamburg nicht zugelassen. Er bestand die Prüfung in Bremen.

Der jüngste der drei Wechsler-Brüder, Max, besuchte die Talmud Tora Schule von 1928 bis 1935.

Esther Wechsler war im Alter von fünf Jahren nach Hamburg gekommen. Sie besuchte zunächst vier Jahre eine Grundschule und anschließend bis Sommer 1933 die Israelitische Mädchenrealschule in der Karolinenstraße. Esther berichtete später, sie habe den Unterricht geliebt und sei eine gute Schülerin gewesen. Ihre letzte Lehrerin in der Obertertia war Fräulein Liebstein. Esther wollte selbst Lehrerin werden, war aktiv im zionistisch-sozialistischen "Jung-Jüdischen Wanderbund" und in der zionistischen religiösen Jugendbewegung.

Für Sonia Wechsler dürften die Belastungen infolge der dauernden Sorge um die Familie, der familiären Konflikte und der wegen mangelnder deutscher Sprachkenntnisse fehlenden Außenkontakte immens gewesen sein. Dadurch und durch Angstzustände infolge Informationen über antisemitische Gewalttaten der SA wurde sie nach den Vermutungen ihrer Familie psychisch krank und kam zunächst vorübergehend in stationäre psychiatrische Betreuung. Im zweiten Halbjahr 1930 und um die Jahreswende 1930/1931 war sie kurzzeitig Patientin in der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg. 1934 befand sie sich erneut in Friedrichsberg.

Tobias erkannte die mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten für seine staatenlose Familie heraufziehenden Gefahren sehr früh und strebte schon bald nach dem Januar 1933 die Auswanderung nach Palästina an. Ein Cousin, einer der wenigen jüdischen hochrangigen Beamten in der britischen Mandatsregierung, half bei der Beschaffung der erforderlichen Zertifikate. Doch Menschen mit einer geistigen Behinderung oder psychischen Erkrankung erhielten keine Einreiseerlaubnis. So machte sich die Familie ab 1934 getrennt und ohne Sonia auf den Weg nach Palästina.

Als die Jüdische Gemeinde sie 1935 in ihrer Kultussteuerkartei erfasste, war Sonia Wechsler bereits von Tobias getrennt. Er gab 1938 in Palästina an, dass er geschieden sei.

Tobias schickte die 17 Jahre alte Esther als erste auf die Reise. Sie begleitete eine Kindergruppe über die Niederlande nach Palästina und sah ihre Geschwister erst ein Jahr später wieder. Während dieser Zeit fühlte Esther sich sehr einsam, arbeitete in einem Kibbuz und konnte ihre Ausbildung nicht vollenden, so dass sie eine Stellung als "unqualifizierte Lehrerin" in einem Kinderheim für Kinder mit einer geistigen Behinderung in Jerusalem annahm.

1935 verließ Abraham Hamburg. Er hatte keine Möglichkeit, in Deutschland in seinem erlernten Beruf zu arbeiten. Als Buchhändler hätte er Mitglied der Reichsschrifttumskammer werden müssen. Jüdinnen und Juden waren jedoch von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Abraham emigrierte zunächst nach Italien und bereitete sich in dem landwirtschaftlichen Vorbereitungslager Ricavo di Castellina in Chianti bei Florenz auf seine Einwanderung nach Palästina vor. Dieses Hachschara-Camp war 1934 als erstes für Mitglieder einer religiösen Pionier-Bewegung gegründet worden, die ihren Ursprung in Deutschland hatte und auch militärischen Trainingszwecken diente. Abraham blieb in dem Camp bis September 1936 und reiste dann von Triest mit dem Dampfer "Galilea" nach Palästina.

Im März 1935 folgte Tobias Wechsler mit seinem 13 Jahre alten Sohn Max nach Palästina. Tobias hatte die Familienwohnung in der Straße Hohe Weide aufgegeben und kurzzeitig in der Straße Grindelhof 62 zur Untermiete gewohnt. Am 27. März 1935 schifften sich Vater und Sohn in Triest für die Überfahrt nach Palästina ein.

Jacob, der älteste Sohn, inzwischen 22 Jahre alt, und Anna Roch heirateten am 26. April 1935. Das Ehepaar folgte den anderen im Sommer 1935. Auch diese beiden hatten sich in einem Hachschara-Lager auf das Leben in Palästina vorbereitet, und zwar in Hamburg-Blankenese, Wilhelmshöhe.

Sonia Wechsler blieb allein in Hamburg zurück. Sie war am 28. Dezember 1934 aus der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg in die Staatskrankenanstalt Langenhorn überwiesen worden. Ein halbes Jahr später, am 13. Juni 1935, wurde sie in das Emilienstift der diakonischen Anstalt Anscharhöhe in Hamburg-Eppendorf verlegt. Zur Zeit der Volkszählung im Mai 1939 war sie noch dort untergebracht und blieb bis zu ihrer Rückverlegung nach Langenhorn am 14. Juli 1939 in der Anscharhöhe. Es existieren keine Unterlagen mehr darüber, wie es ihr in diesen Jahren erging. Ob nach der Emigration ihrer Familie noch Kontakt zu Angehörigen bestand, ist nicht bekannt. Allerdings erwähnte Tobias Wechsler später, er habe 1939 eine Zahlung nach Hamburg leisten müssen. Wahrscheinlich war das Geld für Sonias Anstaltsunterbringung angefordert worden.

Im Frühjahr/Sommer 1940 plante die "Euthanasie"-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, eine Sonderaktion gegen Juden in öffentlichen und privaten Heil- und Pflegeanstalten. Sie ließ die in den Anstalten lebenden jüdischen Menschen erfassen und in staatlichen sogenannten Sammelanstalten zusammenziehen. Die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn wurde zur norddeutschen Sammelanstalt bestimmt. Alle Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg wurden angewiesen, die in ihren Anstalten lebenden Juden bis zum 18. September 1940 dorthin zu verlegen.

Sonia Wechsler gehörte zu den Patienten, die schon länger in der inzwischen in Heil- und Pflegeanstalt umbenannten Einrichtung in Hamburg-Langenhorn lebten. Am 23. September 1940 wurde sie mit 135 weiteren jüdischen Patientinnen und Patienten nach Brandenburg an der Havel transportiert. Der Transport erreichte die märkische Stadt noch an demselben Tag. In dem zur Gasmordanstalt umgebauten Teil des in der Stadtmitte gelegenen ehemaligen Zuchthauses trieb man die Menschen umgehend in Gaskammern und tötete sie mit Kohlenmonoxyd. Nur Ilse Herta Zachmann entkam zunächst diesem Schicksal (siehe dort).

Das neue Leben von Tobias Wechsler und seinen vier Kindern in Palästina war überschattet von dem Schuldgefühl, die Ehefrau und Mutter in Deutschland zurückgelassen zu haben. In der Familie entwickelten sich Legenden über Sonias Schicksal. Es hieß, sie sei 1934 an einer Nierenkrankheit gestorben, in einer anderen Darstellung, sie sei durch eine Lungenkrankheit umgekommen. In dem von Tobias Wechsler im Jahre 1954 erstellten Erinnerungsblatt (page of testimony) für Yad Vashem hielt er fest, dass Sonia im Oktober 1940 deportiert und im Januar 1941 im Generalgouvernement gestorben war. Offenbar hatte er ein in diesen Fällen übliches gefälschtes Sterbedokument des fiktiven Standesamtes in Chełm (polnisch) oder Cholm (deutsch) über Sonias Tod mit einem erfundenen Sterbedatum erhalten. Die in Brandenburg Ermordeten waren jedoch nie in Chełm oder Cholm, einer Stadt östlich von Lublin. Auch gab es in Chełm kein deutsches Standesamt. Dessen Erfindung und die Verwendung späterer als der tatsächlichen Sterbedaten dienten dazu, die Mordaktion zu verschleiern.

Tobias Wechsler heiratete ein zweites Mal. Nach dem Tod seiner zweiten Frau im Jahre 1971 lebte er bis zu seinem Tod im Jahre 1985 bei seinem Sohn Abraham in Jerusalem und widmete sich religiösen Fragestellungen.

Sonias und Tobias’ Enkelsohn Itamar spürte immer, dass "eine dunkle Wolke" über der Familie lag. Als nach dem Tode Abrahams, Itamars Onkel, Familiendokumente auftauchten, beschloss er, der wahren Geschichte seiner Großmutter auf den Grund zu gehen. Aus Hamburg erhielt er Dokumente mit Informationen, die mit ihm schon vorher bekannten Tatsachen zu dieser Familiengeschichte zusammengeführt werden konnten.

Am 29. März 2016 verlegte der Künstler Gunter Demnig einen Stolperstein für Sonia Wechsler in Hamburg-Eimsbüttel, Hohe Weide 74. Dabei waren 24 Mitglieder der Familie anwesend, darunter neun Enkelkinder von Sonia Wechsler. Sie alle hatten das Bedürfnis, die Orte kennenzulernen, an denen ihre Familie gelebt hatte, und dort ihrer ermordeten Verwandten zu gedenken.

Stand: November 2017
© Ingo Wille

Quellen: 4; 5; 9; AB; StaH 133-1 III Staatsarchiv III, 3171-2/4 U.A. 4, Liste psychisch kranker jüdischer Patientinnen und Patienten der psychiatrischen Anstalt Langenhorn, die aufgrund nationalsozialistischer "Euthanasie"-Maßnahmen ermordet wurden, zusammengestellt von Peter von Rönn, Hamburg (Projektgruppe zur Erforschung des Schicksals psychisch Kranker in Langenhorn); 351-11 Amt für Wiedergutmachung 38187 Jacob Wechsler, 40573 Abraham Wechsler, 41895 Ester Cohen geb. Wechsler, 45205 Max Wechsler; 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Abl. 1/1995 Aufnahme-/Abgangsbuch Langenhorn 26.8.1939 bis 27.1.1941; UKE/IGEM, Archiv, Patienten-Karteikarte Sophie Wechsler der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg; Universitätsarchiv Tübingen 258/20170. Böhme, Klaus/Lohalm, Uwe (Hrsg.), Wege in den Tod. Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 70f. Bettin, Cristina M., Italian Jews from Emancipation to the Racial Laws, New York, 2010, S. 124. Telefonische Auskunft der Genossenschaft Kaifu-Nordland; von Itamar Wechsler zur Verfügung gestellte Dokumente und Fotos; https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_j%C3%BCdischer_Arbeiterbund (Zugriff 19. 12. 2015).
Viele Einzelheiten dieser Familiengeschichte sind Sonia Wechslers Enkelsohn, Itamar Wexler, zu verdanken, der bereitwillig jede Frage beantwortete und Dokumente sowie Fotos beisteuerte.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang