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Bereits verlegte Stolpersteine



Rebecca Levy (geborene Hollander) * 1882

Palmaille 19 (Altona, Altona-Altstadt)


HIER WOHNTE
REBECCA LEVY
GEB. HOLLANDER
JG. 1882
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Palmaille 19:
Harriet Hollander, Jesaias Gotthelf Hollander

Harriet Hollander, geb. am 31.5.1888 in Altona, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof
Jesaias (Gotthelf) Hollander, geb. am 25.8.1886 in Altona, inhaftiert im KZ Sachsenhausen vom 10.11. bis 21.12.1938, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof
Rebecca Levy, geb. Hollander, geb. am 22.7.1882 in Altona, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof

Palmaille 19

Rebecca, Jesaias und Harriet Hollander wurden am 22. Juli 1882, 25. August 1886 und 31. Mai 1888 als Kinder des Kaufmanns Abraham Hollander (1923) und seiner Frau Sulamith (1859–1940), geb. Stern, geboren. Wie ihre Geschwister Lea (1885–1938), die Zwillinge Arnold (1892–1984) und Anton (1892–1974) und Arthur (1890–1984) kamen sie in Altona zur Welt und lebten in der Marktstraße 47 (heute Ehrenbergstraße). Sulamith Hollander war die älteste Tochter des ehemaligen Rabbiners Anschel Stern und seiner Frau Jette und die Tante der Lehrerin Jeanette Baer aus der Brahmsallee 24 (s. www.stolpersteine-hamburg.de).

Rebecca Hollander heiratete am 19. März 1906 Behrend Wolff Levy (1878–1932) in Altona. Ihr Ehemann war der Sohn von Wolff Behrend Levy und Golda, geb. Emanuel. Dieser hatte in der Hamburger Altstadt am Hopfenmarkt einen Handel mit Sackwaren aller Art eröffnet. Das Geschäft führte Behrend Wolff Levy nach dem Tod seines Vaters weiter. Das junge Ehepaar lebte unter wechselnden Adressen in Hamburg, u. a. in der Parkallee. Im Jahr 1907 kündigte sich bei ihnen Nachwuchs an, Sohn Naftali kam am 26. November 1907 zur Welt, Tochter Jeanette wurde am 10. April 1910 geboren.

1923 verstarb Rebecca Levys Vater Abraham, drei Jahre später, am 7. Januar 1926, folgte aus uns unbekannten Gründen der gerade 18-jährige Naftali und später auch Tochter Jeanette in jungen Jahren. Einige Jahre später, 1932, kam Behrend Wolff Levy auf dem Loignyplatz (heute Theodor-Heuss-Platz) ums Leben. Die Wohnung in der Parkallee gab Rebecca auf und verzog in die Oppenheimer-Stiftung Kielortallee 24.

Wir erfuhren wenig über das Leben von Jesaias Hollander, der als Handelsvertreter arbeitete und ledig blieb. Im Zusammenhang mit dem Pogrom vom 9. auf den 10. November 1938 inhaftierten die Nationalsozialisten ihn und seinen Bruder Anton im KZ Sachsenhausen. Mitte Dezember 1938 wurden beide entlassen.

Seine Schwester Harriet Hollander war ebenfalls unverheiratet, ob sie einem Beruf nachging, ist nicht bekannt. Der Familienzusammenhalt muss stark gewesen sein, da die Geschwister gemeinsam unter der elterlichen Adresse in der Marktstraße wohnten.

Der Beginn der NS-Herrschaft sollte auch für die Familie Hollander/Levy einschneidende Veränderungen bringen. Da war es unerheblich, dass die Stadt Altona bis dahin noch nicht zu Hamburg gehörte. Braune Horden setzten auch in Altona den organisierten "Juden-Boykott-Tag" am 1. April 1933 gegen jüdische Geschäfte und Betriebe in die Tat um.

Bereits am 1. September 1933 verließ Arnold Hollander, der als Chemiker tätig war, die Familie und emigrierte nach Paris. Später lebte er in den USA und verstarb dort 1984 in New York.

Anton, Arnolds Zwillingsbruder, hatte das Handwerk der Photographie erlernt. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine berufliche Tätigkeit. Er wurde verwundet und erhielt die Auszeichnung des Eisernen Kreuzes Zweiter Klasse. Soldat blieb er bis Dezember 1918. Danach versuchte er beruflich wieder Fuß zu fassen und wagte den Schritt in die Selbständigkeit mit Luxuspapierwaren. Diese Idee gab er nach drei Jahren wieder auf. 1925 bot sich ein Vertrag als Provisionsreisender bei Meyers Postkartenverlag. Diese Tätigkeit übte er bis zum Jahre 1938 aus. Als er im Dezember 1938 aus dem KZ Sachsenhausen entlassen wurde, betrieb er sofort seine Auswanderung, die im April 1939 gelang. Sein Ziel war zunächst Schweden, wo er bei einem Verwandten in Stockholm Unterkunft fand. Im Februar 1940 glückte die Weiterreise in die USA, wo er 1974 in New York verstarb.

Arthur Hollander war der Alleininhaber der Firma A. J. Hollander, die sein Vater 1862 in Alto-na mitgegründet hatte. Die Firma importierte Häute und Felle, gleichzeitig wickelte sie Provisions- und Transitgeschäfte ab. Der Firmensitz befand sich seit einiger Zeit in der Neuen Gröningerstraße 10, gegenüber der Speicherstadt. Die Firma befand sich Anfang 1938 bereits in Auflösung, da ihm die Behörden für das Jahr 1938 keine Importgenehmigung mehr erteilten. Per Selbstanzeige meldete Arthur Hollander dem Finanzamt Hamburg-Altstadt Mitte Dezember 1938 seinen Entschluss zur Emigration. Nachdem die zuständigen Behörden seine Konten, Außenstände sowie den Auswanderer-Fragebogen geprüft hatten und alle Formalitäten erfüllt waren, erhielt Arthur Hollander die "Unbedenklichkeitsbescheinigung" des Finanzamtes. Die "Reichsfluchtsteuer" brauchte er nicht zu zahlen, eine "Sicherungsanordnung" wurde nicht erlassen. Arthur emigrierte im Januar 1939 über Schweden nach Argentinien. Von dort wanderte er zu einem späteren Zeitpunkt in die USA aus, wo er 1984 in New York seine letzte Ruhe fand.

Seine Schwester Lea Hollander, ebenfalls unverheiratet, wohnte mit ihrer Familie zusammen. Ob sie eine Tätigkeit ausübte, ist nicht bekannt. Sie verstarb am 30. Juni 1938 im Israelitischen Krankenhaus.

Ab Mitte der 1930er Jahre verzog die Familie Hollander in die Palmaille 19, auf die "Butter-seite" der Straße. Das Wohnhaus, welches der Stadt Altona gehörte, lag direkt neben der Israelitischen Gemeindeschule. Hollanders bewohnten die erste und zweite Etage. Zu einem späteren Zeitpunkt wohnte Rebecca Levy für kurze Zeit ebenfalls dort. In seinem monatlichen Rundbrief von Anfang Juni 1939 teilte Oberrabbiner Joseph Carlebach seinen Gemeindemitgliedern u. a. mit, dass "am Schabbat Frau (Sulamith) Hollander aus Altona ihren 80. Geburtstag beging".

Zeitgleich war Sulamith Hollander vom Oberfinanzpräsidenten aufgefordert worden, eine Vermögenserklärung beizubringen. Auf Vorladung von ihm erschien die bevollmächtigte Tochter Harriet zum Termin. Eine "Sicherungsanordnung" wurde im Mai 1940 erlassen. Fortan durfte die Familie monatlich über 390 RM zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten verfügen. Weitere Ausgaben musste sie sich per Einzelantrag genehmigen lassen. Sulamith Hollander verstarb am 23. Oktober 1940 eines natürlichen Todes. Die Nachbarin aus dem Parterre, Frau Zwergel, fand die Verstorbene vor. Wie Abraham und Lea Hollander fand sie ihre letzte Ruhe auf dem Jüdischen Friedhof Bornkampsweg.

Wenige Tage später, am 7. November 1940, quartierten die Nationalsozialisten die drei Geschwister in ein "Judenhaus" in der Kleinen Papagoyenstraße 3 ein, direkt gegenüber der Synagoge der Hochdeutschen Israeliten-Gemeinde. Diese war nicht angezündet worden, da sie im eng bebauten Wohngebiet lag. Das Gebäude diente danach als Lagerraum.

Das Vermögen der Familie Hollander/Levy hatte sich im Laufe der NS-Zeit um die Hälfte reduziert. Anfang Januar 1941 wurde die erlassene "Sicherungsanordnung" aufgehoben.

Mit dem Transport vom 6. Dezember 1941 wurden Rebecca Levy, geb. Hollander, Harriet und Jesaias Hollander nach Riga deportiert. Die letzte Nacht in Hamburg verbrachten sie im ehemaligen Logenhaus an der Moorweidenstraße, dann bestiegen sie den Zug. In Riga-Jungfernhof fanden sie den Tod.

Nach der Deportation der drei Geschwister wurde das verbliebene Vermögen zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen.
Mit Datum vom 8. Mai 1945 wurden die drei Geschwister für tot erklärt.

Arthur, Arnold und Anton Hollander vergaßen ihre Schwestern Harriet, Rebecca und den Bruder Jesaias nicht. Zu ihrer Erinnerung hinterlegten sie in Yad Vashem drei Gedenkblätter.

Stand September 2015

© Sonja Zoder

Quellen: 1; 2 (R 1938/1942 Arthur Hollander, R 1940/298 Sulamith Hollander); 4; 5; 6; 8; StaH 332-5 Standesämter, 8112-80/1932, 7064-34/1926, 5422-1463/1940, 1088-243/1938; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 693 (Sulamith Hollander) und 14389 (Anton Hollander); StaH 424-111 Amtsgericht Altona, 6582; AB Hamburg und Altona; Gillis-Carlebach, Jüdischer Alltag als humaner Widerstand, S. 25, 59; Studemund-Halevy, Im jüdischen Hamburg, S. 142 f.; http://www.its-arolsen.org, Zugriff 31.1.2015
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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