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Valentin Tkatschow * 1944

Essener Straße 54 (Hamburg-Nord, Langenhorn)


VALENTIN
TKATSCHOW
GEB. 30.5.1944
ERMORDET 5.10.1944

Weitere Stolpersteine in Essener Straße 54:
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Valentin Tkatschow, geb. am 30.5.1944 in Hamburg, gestorben am 5.10.1944

Essener Straße 54 (früher Lager Tannenkoppel, Weg 4, auch "Tarpenbek" genannt
Zwangsarbeitslager der Rüstungsindustrie in Hamburg Langenhorn)


Valentin Tkatschow kam am 30. Mai 1944 in Hamburg zur Welt. Seine Mutter Alexandra Kwatschka, geb. am 30.12.1921 in Russland, war ledig und vermutlich russisch-orthodoxen Glaubens, registriert als "orthodox". Aus ihrer Heimat verschleppt, musste sie zunächst in Hamburg-Billstedt bei der Marmeladenfabrik "Müller" Zwangsarbeit leisten. Im achten Monat ihrer Schwangerschaft wurde sie am 4. April 1944 nach Hamburg-Langenhorn in das Lager Tannenkoppel, Weg 4, verlegt, zur Zwangsarbeit für die Hanseatische Kettenwerk GmbH (HAK) und/oder die Deutsche Meßapparate GmbH (Messap).

Bereits zwei Wochen vor der Geburt ihres Kindes wurde Alexandra Kwatschka mit der Diagnose "angeblich Wehen" im Krankenhaus Alsterdorf aufgenommen, jedoch nach zwei Tagen wieder in das Lager Tannenkoppel entlassen. Am Tag der Geburt kam sie erneut in das Alsterdorfer Krankenhaus und brachte einen Sohn zur Welt.

Laut Geburtsurkunde ist sein Vater der "SS-Ostsoldat Wasili Tkatschow, orthodox". Demnach gehörte er vermutlich zu den ca. 40.000 "Freiwilligen", die nach einem Aufruf der Waffen-SS 1943 in der Ukraine rekrutiert worden waren. Bevorzugt ausgewählt wurden für die "SS-Freiwilligen-Division Galizien" Männer aus dem Raum Lemberg, deren Väter einst in der österreich-ungarischen Armee gedient hatten. Wasili Tkatschows Aufenthalt galt als unbekannt.

Neun Tage nach der Entbindung, am 8. Juni 1944, kehrte Alexandra Kwatschka mit ihrem Sohn Valentin zurück in das Lager Tannenkoppel. Dort musste Valentin die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn völlig unzureichend.

Am 2. Oktober 1944 wurde er mit der Diagnose "Ernährungsstörungen" in das Allgemeine Krankenhaus Langenhorn eingeliefert. Dort verstarb er nach drei Tagen, am 5. Oktober 1944 um 10:30 Uhr. In der Todesanzeige des Krankenhauses ist als Todesursache "Pädatrophie" (Auszehrung – schwerster Grad der Ernährungsstörung) und als unterzeichnender Arzt Blumenthal angegeben.

Valentin wurde 4 Monate und 5 Tage alt.

Sieben Tage nach seinem Tod fand am 12. Oktober 1944 seine Beisetzung auf dem Friedhof Ohlsdorf statt, Grablage: Q 39, Reihe 7, Nr. 35. Sein Grab ist nicht mehr erhalten. Ende des Jahres 1959 wurde es zusammen mit mindestens 146 Gräbern der Kinder von Zwangsarbeiterinnen auf Areal Q 39 eingeebnet.

Stand: Oktober 2021
© Margot Löhr

Quellen: Standesamt Hamburg 1 b, Geburtsregister, 523/1944 Valentin Tkatschow; StaH 131-1 II, 518 Listen der während des Zweiten Weltkrieges in Hamburg verstorbenen und beigesetzten ausländischen Zivilarbeiter, S. 89, S. 272; StaH 131-1 II, 519 Listen der von 1940 in Hamburger Krankenhäusern behandelten Ausländer, nach Nationalitäten geordnet, S. 219; StaH 332-5 Standesämter, 9953 u. 1448/1944 Valentin Tkatschow; StaH 332-5 Sterbefallsammelakten, 64306 u. 1448/1944 Valentin Tkatschow; StaH 332-8, A 48 Alphabetische Meldekartei der Ausländer 1939–1945; 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn, 184 Bd 2, S. 93; ITS Archives, Bad Arolsen, Copy of Krankenhausliste Krankenhaus Alsterdorf 2.1.2.1 / 70646170, Geburtsurkunde 2.2.2.3 / 77056884 Valentin Tkatschow, Sterbeurkunde 2.2.2.4 / 77105757 Valentin Tkatschow, DE ITS 2.1.2.1 HA 001 11 RUS ZM/70648353; http://www.zwangsarbeit-in-hamburg.de, eingesehen 17.2.2016; Rolf Michaels, Ukrainer in der Waffen-SS, https://akhinterland.wordpress.com/waffen-ss-in-feldbach/, eingesehen 3.9.2017; Archiv Friedhofsverwaltung Ohlsdorf, Beerdigungsregister 1944.

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