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Johannes Bremer * 1885

Grumbrechtstraße 62 (Harburg, Heimfeld)

KZ Buchenwald
ermordet am 1.12.1937

Johannes Bremer, geb. 10.3.1885 in Harburg, am 1.12.1937 im KZ Buchenwald ermordet

Stadtteil Heimfeld, Grumbrechtstraße 62

Johannes Bremer war Kupferschmied und seit 1903 Mitglied der SPD und des Metallarbeiterverbands, einer Gewerkschaft, die dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) angeschlossen war. Er heiratete am 14. April 1908 Else Walz, geb. am 10.8.1883 in Berlin. Von Beruf war sie Schneiderin. Das Ehepaar bekam zwei Kinder: Paul, geb. am 28.7.1909, und Heinz, geb. am 19.5.1914, beide in Harburg. Ab Dezember 1918 wohnte die Familie in der Grumbrechtstraße 62.

Am 13. März 1920 putschten monarchistische Offiziere und Politiker gegen die demokratische Republik. Präsident Friedrich Ebert und die Reichsregierung verließen Berlin. Der Kapp-Putsch wurde durch einen Generalstreik zum Scheitern gebracht. In mehreren Städten kam es währenddessen zu bewaffneten Kämpfen, auch in Harburg. In der Nacht zum 15. März 1920 rückten putschende Baltikum-Truppen ("Baltikumer") unter dem Kommando des Hauptmanns Rudolf Berthold in Harburg ein und nahmen in der Heimfelder Mittelschule an der Woellmerstraße Quartier. Sie wurden von teils bewaffneten Arbeitern belagert. Es kam zu einem Schusswechsel. Schließlich mussten sich die Putschisten ergeben und wurden festgenommen. Hauptmann Berthold versuchte zu entkommen und wurde von der wütenden Menge gelyncht.

An der Belagerung beteiligten sich auch Johannes Bremer und sein Parteifreund Otto Noack. Beide wurden beschuldigt, an der Tötung Bertholds beteiligt gewesen zu sein, was sie aber abstritten. Im Februar 1921 standen sie vor dem Stader Geschworenengericht. 67 Zeugen traten auf. Mangels Beweises wurden sie freigesprochen. Zweimal, 1925 und 1926, scheiterte eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Bis heute ist nicht geklärt, wer Berthold getötet hat.

Johannes Bremer arbeitete später nicht mehr in seinem Beruf, sondern als Kontrolleur im Arbeitsamt Harburg (10. Juni 1926 bis 30. September 1928), dann im Arbeitsamt Hamburg bis zu seiner Verhaftung.

Nach dem Machtantritt der NSDAP spielte der Tod Bertholds im Totenkult um die "Märtyrer der Bewegung" eine wichtige Rolle. Alljährlich fanden in Harburg im März Berthold-Feiern statt. Außerdem wollten die Nationalsozialisten die "Harburger Schmach" vom März 1920 sühnen. Trotz der Freisprüche für Johannes Bremer und Otto Noack wurden beide in "Schutzhaft" genommen, Bremer am 16. März 1933. Sie kamen ins Polizeigefängnis an der Wetternstraße (heute eine Unterkunft für Asylsuchende) und im August (Johannes Bremer am 29. August) ins Gerichtsgefängnis an der Buxtehuder Straße. Die Polizei wollte Bremer das Geständnis abpressen, Berthold doch getötet zu haben. Ein neuer Prozess gegen ihn wurde jedoch nicht angestrengt.

Er kam am 19. Oktober ins KZ Esterwegen. Als er erfuhr, dass er aus Harburg abtransportiert werden sollte, sagte er seinem kommunistischen Mithäftling Leo Kunkolewski: "Vielleicht hast du ja Glück, dass du da rauskommst. Ich habe keine Hoffnung mehr." Im KZ Esterwegen wurde am 20. Juli 1934 ein Mordanschlag auf Johannes Bremer verübt, er sollte "auf der Flucht erschossen" werden. Ein Wachtmeister befahl ihm, einen Spaten zu holen, und drückte aus einer Entfernung von vier bis fünf Metern ab. Johannes Bremer wurde aber nicht tödlich getroffen, kam ins Lazarett und danach in den Bunker, d. h. in die Strafzelle. Dort wurde er schwer misshandelt. Die Justiz verstand sich damals noch nicht überall als Befehlsempfängerin der NSDAP. Die Verbrechen in Esterwegen, auch gegen Bremer, wurden aktenkundig, als die Oberstaatsanwaltschaft Osnabrück mit Untersuchungen begonnen hatte. Einige Folterer wurden in Haft genommen, das Verfahren wurde aber im November 1934 "auf Erlass des Führers und Reichskanzlers" niedergeschlagen.

Von Esterwegen kam Johannes Bremer in ein Lager in Torgau, dann ins KZ Buchenwald. Hier wurde er am 1. Dezember 1937 ermordet. Gegen seine Ehefrau strengte die Stader Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen "Gräuel­propaganda" an, weil sie erzählt habe, Bremer sei "auf der Flucht von hinten" erschossen worden. Auch die Harburger Gestapo wurde von der Staatsanwaltschaft befragt. Kriminal-Assistent von Holt antwortete und bestätigte, dass Bremer "am 1.12.1937 beim KL. Buchenwald auf der Flucht erschossen" worden sei. Tatsächlich wurde er zur Strafe erschossen, weil ein anderer Häftling geflohen war, dessen die Wachleute nicht wieder habhaft werden konnten.

Der Sohn Heinz kam im März 1945 bei Kämpfen um Danzig ums Leben.
Seit 1988 erinnert an Johannes Bremer der Johannes-Bremer-Weg (Langenbeker Feld).

© Hans-Joachim Meyer

Quellen: VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Die anderen, s. Personenverzeichnis; VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Stumme Zeugen, s. Personenverzeichnis; StaH, 351-11, AfW, Johannes Bremer; StaH, 430-54 Amtsgericht Harburg, II B 25; Perk, Willy: Hölle im Moor. Zur Geschichte der Emslandlager 1933-1945. Frankfurt am Main 1979, S. 27f.; Sta Stade, Staatspolizeistelle Harburg-Wilhelmsburg, Tagebuch-Nr. 1378/38; Heyl/ Maronde-Heyl, Abschlussbericht; Totenliste VAN.

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