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Bereits verlegte Stolpersteine



Rosa Loebel (geborene Hertz) * 1866

Schmilinskystraße 24 (Hamburg-Mitte, St. Georg)

1942 Theresienstadt
1942 weiterdeportiert Minsk

Rosa Loebel, geb. Hertz, geb. 5.11.1866 in Hamburg, am 15.7.1942 deportiert nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 21.9.1942 ins Vernichtungslager Treblinka

letzte Wohnadresse: Schmilinskystraße 24

Rosa Loebel war seit 1923 von ihrem Ehemann Henry Loebel (geb. 1857 in Dresden) verwitwet, der in Hamburg eine Likörfabrik am Kleinen Kielort 6–8 und jenseits der Stadtgrenzen in Ellerbek ein landwirtschaftliches Gut besaß. Das Ehepaar wohnte seit mindestens 1913 in der Schmilinskystraße 24 in St. Georg und hatte zwei Töchter Alice (geb. 1899) und Ruth (geb. 1887).

Nach dem Tode ihres Mannes führte Rosa Loebel die Unternehmen der Familie nicht weiter, sondern lebte bis in die zweite Hälfte der 1930er Jahre von den Erträgen ihrer geerbten Grundstücke in der Schmilinskystraße 24 und 26 sowie Koppel 82 in St. Georg; außerdem besaß sie noch das Gut in Ellerbek. Sie wohnte zusammen mit ihrer verheirateten Tochter Alice und deren Mann, dem Arzt Dr. Emil Friedländer (geb. 1890 in Langenhain b. Gotha) sowie deren Kinder Walter (geb. 1925) und Margit (geb. 1930) in der Schmilinskystraße 24.

Im Verlauf der 1930er Jahre muss auch sie sich zunehmend in wirtschaftlicher Bedrängnis durch die diskriminierenden Maßnahmen des NS-Regimes befunden haben und sah sich schließlich gezwungen, alle Grundstücke an einen Carl Küsters zu verkaufen. Die­se Verkäufe sind für die Witwe zu vermutlich äußerst ungünstigen Preisen erfolgt, weil es ihren Erben 1953 gelang, in einem gerichtlichen Vergleich mit Albert P. Küsters – wohl der Erbe von Carl Küsters – eine Nachzahlung von 12500 DM auf den Grundstücksverkauf anderthalb Jahrzehnte zuvor zu erwirken.

Rosa Loebel gab nach dem Verkauf ihrer Grundstücke ihre Wohnung in der Schmilinskystraße im Oktober 1936 auf und zog mit der Familie ihrer Tochter Alice in die Oderfelderstraße 15 in Eppendorf. Dort wohnte sie jedoch nur bis Anfang Juni 1939, nachdem die Friedländers im Vormonat in die USA ausgewandert waren, wobei nicht bekannt ist, warum die Mutter nicht mit ihnen zusammen Deutschland verließ.

Die ältere Tochter Ruth war ebenfalls mit einem Arzt verheiratet – Julius Jolowicz (geb. 1877 in Posen) –, von dem nur bekannt ist, dass er im Februar 1939 nach Brasilien ausgewandert war. Er war jedoch nicht mehr in Begleitung seiner ersten Frau Ruth, sondern seiner zweiten Ehefrau Charlotte, geb. Monasch (geb. 1886 in Stettin). Von den beiden Kindern aus der ersten Ehe war der Sohn Hans (geb. 1909) in Rotterdam; wo die Tochter Eva (geb. 1913) sich befand, ist nicht bekannt. Über das weitere Schicksal der Mutter Ruth konnte ebenfalls nichts ermittelt werden.

Die nunmehr auf sich allein gestellte Rosa Loebel lebte seitdem in Zimmern zur Untermiete: zunächst einige Monate in der Hegestraße, dann von August 1939 bis Oktober 1941 in der Parkallee, um danach bis zum April 1942 im jüdischen Altersheim in der Rothenbaumchaussee 217 aufgenommen zu werden. Wohl infolge der Schließung des Altersheims kam sie schließlich drei Monate vor ihrer Deportation nach Theresienstadt in das "Judenhaus" Beneckestraße 6. Rosa Loebel, die vor Machtantritt der Nazis noch ein beträchtliches Vermögen besaß, verlor den größten Teil durch die Willkürmaßnahmen des Regimes – wie so viele andere jüdische Mitbürger, denen es nicht gelang, frühzeitig zu emigrieren. Ende 1938 wurde gegen sie eine "Judenvermögensabgabe" von 26000 RM erhoben, außerdem wurden Wertpapiere in Höhe von über 15000 RM und ein Barvermögen von knapp 1000 RM beschlagnahmt und noch im April 1942 hatte sie eine Sonderabgabe von 5800 RM an die Preußische Staatsbank zu zahlen.

Am 15. Juli 1942 wurde sie mit dem Transport von 925 Hamburger Juden nach Theresienstadt deportiert, von denen nur 40 die Verfolgungen überlebten. Die letzte Station ihres Leidensweges bedeutete die am 21. September 1942 erfolgte Deportation in das Vernichtungslager Treblinka in Polen, womit sich ihre Spur verliert. Für Rosa Loebel liegt seit Dezember 2003 in der Schmilinskystraße ein Stolperstein an der Adresse ihres ehemaligen Wohnhauses, das ihr einst selbst gehörte.

© Benedikt Behrens

Quellen: 1; 4; 7; AfW, Entschädigungsakte; Verzeichnis der jüdischen Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Bandagisten, Optiker in Hamburg, Altona, Wandsbek, o.O., o.J.; Villiez, Anna von, Die Verdrängung der jüdischen Ärzte Hamburgs aus dem Berufsleben 1933–1945, M.A. Examensarbeit, Universität Hamburg, 2002, S. 181.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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