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Franz Reetz * 1883

Vierländer Damm Ecke Lindleystraße (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


HIER WOHNTE
FRANZ REETZ
JG. 1883
VERHAFTET 1935
’HOCHVERRAT’
KZ FUHLSBÜTTEL
1936 SACHSENHAUSEN
1943 KZ FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 23.4.1945
NEUENGAMME

Weitere Stolpersteine in Vierländer Damm Ecke Lindleystraße:
Friedel Franke, Amandus Hartung, Anni Schwarz, Chaim Max Schwarz

Franz Reetz, geb. 23.3.1883 in Bärenbusch/Ostprignitz, ermordet am 23.4.1945 im KZ Neuengamme

Billhorner Röhrendamm/Ecke Lindleystraße (Billhorner Röhrendamm 20)

Bei seiner Aufnahme im Kola-Fu am 18. Juli 1935 wurde der 52-jährige Maschinist Franz Reetz als schlanker, 178 cm großer Mann mit ovalem Gesicht, grauen Augen und blondem Haar beschrieben, der seinen Bart gestutzt trug – eine offenbar gepflegte Erscheinung. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte ihn fünf Tage zuvor, am 13. Juni 1935, zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen "Vorbereitung zum Landesverrat" verurteilt, die unter Anrechnung der Untersuchungshaft am 6. Juni 1936 "um 11.28 Uhr" endete. Anschließend sollte er der Gestapo übergeben werden. Sie überstellte ihn in das KZ Sachsenhausen. Von dort kehrte er 1937 nach Hamburg zurück.

Franz Reetz wurde am 23. März 1883 in Bärenbusch bei Ruppin in der Ostprignitz geboren. Über seinen Werdegang ist nur bekannt, dass er Maschinist wurde und einige Zeit als Binnenschiffer fuhr. Er heiratete Anna Schulz und hatte mit ihr fünf Kinder. Die beiden Söhne Karl Willi Franz und Walter Karl wurden 1910 bzw. 1914 in Havelberg in der Westprignitz geboren. Der ältere von beiden wurde Arbeiter, der jüngere ging zur Polizei. Im Sommer 1938 heirateten Karl Willi Franz und Elvira Büchner; aus dieser Ehe ging die Tochter Christa hervor.

Die Familienmitglieder Reetz gehörten keiner Kirche an. Wann Franz Reetz der KPD beitrat und welche Vergehen ihm der NS-Staat zur Last legte, ist nicht bekannt. Zusammen mit Genossen, die in den Jahren 1937 bis 1940 aus dem KZ Sachsenhausen entlassen wurden, versuchte er, Widerstandskämpfer zu sammeln. Er arbeitete auf der Stülcken-Werft und baute dort mit anderen, unter ihnen Ernst Fiering, eine illegale Betriebszelle auf, die auch nach der Verhaftung der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe im Jahre 1942 weiter bestand. Franz Reetz wurde Anlaufstelle für einige Untersuchungshäftlinge, denen nach der weitgehenden Zerstörung Hamburgs Ende Juli/Anfang August 1943 der Staatsanwalt einen zweimonatigen Hafturlaub gewährt hatte, die diesen aber zur Flucht in den Untergrund nutzten. Ihr Ziel war die Fortsetzung der illegalen Arbeit. Fast alle wurden später wieder gefasst.

Franz Reetz’ Söhne nahmen am Zweiten Weltkrieg teil, Karl Willi Franz als Schütze im Infanterie-Regiment 502 und Walter Karl als SS-Mann im SS-Totenkopf-Pionier-Bataillon. Beide wurden als Soldaten getötet, der ältere im Frankreichfeldzug am 5. Juni 1940 in Courson am Oise-Aisne-Kanal, der jüngere am 12. Dezember 1942 in der Ukraine bei Tscherentschuzy. Im "Feuersturm" verlor Franz Reetz seine Enkelin Christa.

Wann Franz Reetz wieder verhaftet und im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert wurde, ist nicht bekannt. Ihm wurde kein neuer Prozess gemacht: Im Frühjahr 1945 wurden angesichts des bevorstehenden Endes des NS-Regimes 71 Personen – 12 Frauen und 59 Männer – zur Ermordung in das KZ Neuengamme überführt, unter ihnen Franz Reetz. Er wurde am 23. April 1945 zusammen mit Ernst Fiering gehenkt.

© Hildegard Thevs

Quellen: VAN-Totenliste 1968; Gedenkbuch Kola-Fu; StaH 242-1 II, Abl. 13; 332-5 Standesämter, 1131+500/1940; 1159+595/1942; 1127-108/1944; Hochmuth, Ursel/Gertrud Meyer, Streiflichter; Puls, Ursula, Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe.

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