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Bereits verlegte Stolpersteine



Emma Hinrichs mit ihrem Ehemann, Dr. Willy Bentheim Hinrichs
© Privatbesitz

Emma Hinrichs (geborene Markus) * 1881

Isestraße 86 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
EMMA HINRICHS
GEB.MARKUS
JG. 1881
DEPORTIERT 1941
LODZ
???

Weitere Stolpersteine in Isestraße 86:
Erna Bragenheim, Erna Bragenheim, Martin Bragenheim, Herbert Mitz, Jeanette Ostwald, Sophie Ostwald, Senta Schwarz

Emma Hinrichs, geb. Markus, geb. 1.8.1881 in Lüneburg, am 25.10.1941 deportiert nach Lodz

Emma Hinrichs, geb. Markus, wuchs in einer großen Familie mit zehn Geschwistern in Lüneburg auf, bis ihre Eltern nach Hamburg zogen. Hier heiratete sie den Arzt Dr. Willy Bentheim Hinrichs und lebte mit ihm in der Meldorfer Straße. Ihr Mann starb am 1. März 1918 an den Folgen einer Kriegsverletzung. Als sie Witwe wurde, war ihr Sohn Werner noch keine zwei Jahre alt, ihre Tochter Lotte kam nach dem Tod ihres Vaters im September 1918 zur Welt.

Da ihr Mann als Arzt ein gutes Ein­kommen gehabt hatte und sie zusätzlich eine Kriegerwitwenrente bezog, konnte Emma Hinrichs mit den Kindern in der geräumigen 4-Zimmerwohnung bleiben.

1935 wanderte der Sohn nach England aus, im Frühjahr 1939 folgte ihm die Schwester. Sie hatte noch bis zu deren "Arisierung" Mitte 1938 in einer jüdischen Firma in Hamburg arbeiten können, sich aber schon vorher auf die Emigration vorbereitet. Später ging sie in die USA. Zwei Schwestern und drei Brüder von Emma Hinrichs konnten bis 1940 auswandern, eine Schwester starb im September 1941 noch vor den Deportationen.

Zu Beginn des Krieges 1939 war Emma Hinrichs aus ihrer Wohnung ausgewiesen und der größte Teil des Hausrats vermutlich zwangsweise versteigert worden. Sie zog zu ihren Freundinnen, den Schwestern Jeanette und Sophie Ostwald, in die Isestraße 86.

Dort erhielt sie gleichzeitig mit ihren Freundinnen den "Evakuierungsbefehl" für den Transport nach Lodz am 25. Oktober 1941. Emma Hinrichs hatte zwei Schwestern, die durch eine "Mischehe" zunächst noch geschützt waren. Sie halfen ihr beim Packen des Handgepäcks und begleiteten sie zur Moorweide. Vermutlich waren sie es auch, die die Wohnung, die sie mit den Schwestern Ostwald geteilt hatte, verschlossen und den Schlüssel der Polizei übergaben.

Im selben Transport wie Emma kamen auch ihre unverheiratete Schwester Martha und ihr verwitweter Schwager Siegfried Marcus nach Lodz. Während der Fahrt schickten die Drei eine Postkarte an die zurückgebliebene Schwester, aus der ganz klar hervorgeht, dass sie nicht ahnten, was ihnen tatsächlich bevorstand. Emma, die ein Faible für modische Hüte hatte, sorgte sich um einen davon.

"Meine sehr Lieben alle aus Hamburg, die innigsten Grüße u. Küsse Eure Euch liebende Martha. Herzliche Grüße Euer Siegfried. Emma ist auch bei uns. Wir hoffen bald schreiben zu können. Guste möchte den braunen Hut aufbewahren. Wir danken für alles Eure Lieben. Wir hätten Betten u. große Koffer mitnehmen sollen … Wir fahren gleich weiter, morgens 8 Uhr …"

Noch bis ins Frühjahr 1942 konnte die Schwester etwas Geld nach Lodz schicken, auf die Rückseiten der Überweisungen schrieb sie kleine Briefe. Mit bürokratischer Akribie wurden die Empfangsbestätigungen nach Hamburg befördert – bis Mai 1942. Dann kam die Sorge um das Leben der Drei: "Meine geliebte Martha, Hoff. bist Du wohlauf. Warum wurde die Quittung vom 3.5. nicht persönl. von Dir ausgefertigt? Wir machen uns natürl. Sorgen. Von Emma kam gestern 20.– zurück. Möchte sie nur gesund sein …"

Das Datum und die Mitteilung, dass das Geld zurückkam, sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass Martha Markus und Emma Hinrichs nach Chelmno deportiert und dort ermordet wurden. Wahrscheinlich traf den Schwager dasselbe Schicksal.

Ihre älteste Schwester Tine wurde 1944 nach dem Tod ihres nichtjüdischen Ehemannes nach Theresienstadt deportiert. Sie überlebte das Getto und kehrte nach Lüneburg zurück. Ihre Hamburger Schwestern Gertrud und Guste, die die Verbindung nach Lodz aufrechterhalten hatten, erhielten im Februar 1945 den Deportationsbefehl nach Theresienstadt. Sie konnten aber versteckt werden und das Kriegsende in Hamburg erleben.

© Christa Fladhammer

Quellen: 1; AfW 010881; 030918; mündliche Auskunft von Steffi Wittenberg; Fotos und schriftliche Dokumente Privatbesitz Steffi Wittenberg.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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