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Bereits verlegte Stolpersteine



Erica Levy (geborene Bos) * 1892

Heider Straße 23 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
ERICA LEVY
GEB. BOS
JG. 1892
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Heider Straße 23:
Louis Samuel Levy

Erica Levy, geb. Bos, geb. 25.12.1892 in Veendam/Holland, am 6.12.1941 nach Riga deportiert, dort am 26.3.1942 ermordet
Louis Samuel Levy, geb. 17.4.1875 in Kiel, am 6.12.1941 nach Riga deportiert, dort am 26.3.1942 ermordet

Heider Straße 23 / Frickestraße 24

Beide Eheleute stammten aus jüdischen Familien. Louis Samuel Levy kam aus Kiel und war der Sohn von Isaac und Bertha Levy. Erica Levy war Holländerin und kam aus Veendam in der Provinz Groningen. Ihre Eltern waren Jonathan Bos und Henriette Bos, geborene Oljenick.

Louis Samuel Levy war gelernter Handelsvertreter, hatte sich selbstständig gemacht und auf die Textilbranche spezialisiert. Der Beruf passte gut zu ihm, denn er schaute sich gern die Welt an, und so kam er auch nach Groningen. Hier lernte er Erica Bos kennen, eine gelernte Kontoristin.

Am 25. Juni 1913 heirateten sie in den Niederlanden. Er war 38 Jahre alt, sie 21.

In Hamburg, wo Louis Samuel bis dahin im Stadtteil Hoheluft gewohnt hatte, war alles schlüsselfertig vorbereitet für den neuen Lebensabschnitt: Bereits im Juli bezog das frisch vermählte Paar die Wohnung in der Heider Straße 23, zweiter Stock, 31⁄2 Zimmer.

Es folgten viele gute Jahre in der Heider Straße. Im Mai 1914 wurde Tochter Ilse geboren und entwickelte sich erfreulich. Als Schülerin brachte sie gute Zeugnisse nach Hause und zeigte vielfältige Begabungen. Sie wurde z. B. eine ausgezeichnete Klavierspielerin, die sich bei angesehenen Hamburger Klavierlehrern so systematisch und mit Erfolg weiterbildete, dass bei Levys sogar der Gedanke auftauchte, aus der Passion einen Beruf zu machen. Zu Ostern 1931 machte Ilse aber erst einmal am Realgymnasium in der Curschmannstraße die Mittlere Reife.

Louis Samuel Levy selbst war in seinem Beruf ebenfalls vorangekommen. Erica, die gelernte Kontoristin, konzentrierte sich ganz auf die Haushaltsführung, die Erziehung der Tochter und auf das Ausrichten geselliger Abende. Übereinstimmend wurde später von ehemaligen Mit­be­­wohnenden des Hauses hervorgehoben, wie angenehm die Einladungen und vor allem die Hausmusikabende in Levys "sehr vornehmer Wohnung" (Nachbarin Kruse) gewesen seien, mit Darbietungen musizierender Freunde und – natürlich – mit Ilse am Klavier.

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten endete auch für Familie Levy die friedliche Zeit.

Ilse konnte zwar zwischen 1931 und 1933 bei dem bekannten Konfektionsgeschäft Gebrüder Robinsohn am Neuen Wall ihre Ausbildung als Buchhalterin absolvieren und kam 1934 sogar als Kontoristin in der Bankfirma Hugo Mainz und Co unter, aber 1938 war Schluss: Das Bankhaus wurde zwangsweise stillgelegt, Ilse verlor den Arbeitsplatz. Die Firma war noch in der Lage und so nobel, Ilse 2500 RM Abfindung auszuzahlen (die ihr 1938 noch nicht automatisch von der NS-Finanzbehörde wieder abgenommen wurden). Ilse betrieb nun mit Hoch­druck ihre Flucht und emigrierte noch 1938 nach London, wo sie den Holocaust überlebte.

Der Vater hatte seit 1933 nach und nach Auftraggeber und Kunden verloren, denen es nicht opportun schien, mit Juden im Geschäft zu sein. Das Jahr 1934 war so schlecht, dass er bei der Jüdischen Gemeinde von der Kultussteuer befreit war. Erica gelang es, in einem Lotteriegeschäft eine Anstellung zu finden, aber 1938 verlor sie als Jüdin diese Arbeit. Und auch Louis Samuel wurde mit Erlass vom 1. Dezember 1938 jede selbstständige Berufstätigkeit untersagt. Er war damit ohne Aussicht auf Besserung arbeitslos. Eine gewisse Hilfe kam von der Jüdischen Gemeinde: Hier fand sich eine gering bezahlte Tätigkeit für Erica Levy.

27 Jahre hatten Levys friedlich mit ihren Nachbarn unter einem Dach gelebt – bis sie im Oktober 1940 vom Wohnungspflegeamt aus ihrem Heim gerissen und in die Frickestraße 24, Wohnung Nr. 11, eingewiesen wurden. Die "Wohnung" bestand aus einem Zimmer. Frickestraße 24 war, in der NS-Terminologie, eines der "Judenhäuser".

Am 6. Dezember 1941 wurden Louis Samuel und Erica Levy nach Riga deportiert.
In einigen Quellen wird der 26. März 1942 als Tag ihrer Ermordung genannt.
Louis Samuel wäre dann 66 Jahre alt gewesen, Erica 49 Jahre.

Dem Massenmord fielen auch Ericas Bruder Jacob Bos, dessen Frau Hertha und das gemeinsame Kind Renate zum Opfer. Sie wurden am 9. September 1942 im Lager Westerbork/ Holland interniert, am 11. September nach Auschwitz verschleppt und sofort nach der Ankunft ermordet. Renate war 2 Jahre und 7 Monate alt.

© Johannes Grossmann

Quellen: 1; 4; 5; 8; AfW 050514 Ilse Smith; StaH 332-8 Meldewesen, A 51/1 (Louis Samuel Levy, Erica Levy).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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