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Bereits verlegte Stolpersteine



Aurelie Levison, geb. Roos, 1935
© G. Roos

Aurelie Levison (geborene Roos) * 1879

Woldsenweg 9 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

1941 Riga
ermordet

Weitere Stolpersteine in Woldsenweg 9:
Alice Feldmann, Paula Feldmann, Elisabeth Wulff

Aurelia Rahel Levison, geb. Roos, geb. 22.2.1879 in Ahlen, am 6.12.1941 nach Riga deportiert

Woldsenweg 9

"Frau Levison war die Mutter meiner Schwiegertochter. Ich habe sie bis zu meiner Auswanderung im Januar 1941 oft besucht. … Frau Levison wartete damals auf ihr Visum und da sie mit ihrer Auswanderung rechnete, so hatte sie sich besonders reichlich mit Bekleidung und Wäsche und auch mit Haushaltungsgegenständen ausgestattet. Sie hat mir auch oft über ihre Anschaffungen berichtet, und mit mir besprochen, was für ihre Auswanderung zweckmäßig sei und dann auf Grund unserer Unterhaltungen Einkäufe gemacht", berichtete Paula Rosenberg 1954 im Wiedergutmachungsverfahren. Aurelia Levison war offenbar bis zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt, dass ihre Auswanderung gelingen würde. Dafür füllte sie zwischen Januar 1940 und November 1941 diverse "Fragebögen für die Versendung von Umzugsgut" aus, den letzten am 4. November, einen Monat vor ihrer Deportation nach Riga am 6. Dezember 1941.

Aurelia kam als Tochter von Abraham und Henriette Roos, geborene Nihl, in Ahlen, Westfalen zur Welt. Ihr Vater, Abraham Roos, wurde in der Mannschaftsliste der Freiwilligen Feuerwehr Ahlen als Schafhändler geführt. Aurelias Ehemann Louis Levison stammte aus dem ca. 100 Kilometer entfernten, ebenfalls in Westfalen gelegenen Bünde. Wann die Familie mit ihren Töchtern Margarethe und Dorothea, die 1898 bzw. 1902 in Berlin geboren wurden, nach Hamburg kam, wissen wir nicht. Seit Mai 1917 gehörte Louis Levison der Jüdischen Gemeinde Hamburgs an. Er war Gesellschafter der Hamburg–Altonaer Wach- und Schließgesellschaft G.m.b.H. mit Sitz an der Bleichenbrücke 25/29. Die Levisons waren wohlhabend und lebten in großbürgerlichen Häusern im Jungfrauenthal, in der Oberstraße und in der Rothenbaumchaussee. Nach dem Tod ihres Ehemanns am 18. Dezember 1934 richtete sich Aurelia Levison eine Dreizimmerwohnung im Woldsenweg ein. Sie konnte nicht all ihre schönen Möbel mitnehmen. Aber die Wohnzimmereinrichtung aus Mahagoni mit dem großen Bücherschrank, den Ölgemälden und den Perserteppichen passte auch in die Wohnung im Woldsenweg.

Toni Sachs, eine langjährige Freundin Aurelias, berichtete: "[Ich hatte] bei meinen häufigen Besuchen dort immer das Gefühl von gediegenem Wohlstand und Geschmack." Als am 9. September 1938 die Altonaer Wach- und Schließgesellschaft "arisiert" wurde, ermittelte die Zollfahndungsstelle wegen "Kapitalfluchtverdachtes" gegen Aurelia Levison. Gemeinsam mit ihren Töchtern und ihrem Schwiegersohn Kurt Rosenberg war sie die Besitzerin und Erbin der Gesellschaft. Da sie Jüdin war, wurde jetzt ihr gesamtes Vermögen unter "Sicherungsanordnung" gestellt. Das hieß, sie konnte lediglich über einen willkürlich festgesetzten monatlichen Freibetrag ihres Kontos frei verfügen. In dieser Situation vermietete sie ein Zimmer ihrer Wohnung an Alice Feldmann (s. dort) und bewarb sich um ein Visum für die Einreise nach Bolivien. Die knapp 60-jährige Frau begann eine Ausbildung zur Masseurin, belegte Sprach- und Haushaltungskurse. Da die Flucht nach Bolivien scheiterte, versuchte sie bis kurz vor ihrer Deportation Arbeit und Visum als Hausangestellte für die Dominikanische Republik zu bekommen, wo eine jüdische Gruppensiedlung in Sosúa aufgebaut worden war. Doch am 6. Dezember 1941 wurde sie mit 752 Menschen nach Riga deportiert, von denen nur 27 überlebten. Aurelia Levison war nicht unter ihnen.

Den Töchtern Margarethe und Dorothea gelang auf Umwegen die Flucht in die USA.

© Maria Koser

Quellen:1; 2; 4; 6; 8; StaH 314-15 OFP, R 1938/3074; StaH 314-15 OFP, Fvg 8061; StaH 351-11 AfW 4414; Jahnke, Befreiung, in: Gummersbach, Der Weg, 1988, S. 68.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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