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Bereits verlegte Stolpersteine



Eveline Osiakowski (geborene Selke) * 1872

Carl-Petersen-Straße 5 (Hamburg-Mitte, Hamm)

1942 Theresienstadt
1942 Treblinka
ermordet

Weitere Stolpersteine in Carl-Petersen-Straße 5:
Julius Osiakowski

Eveline Osiakowski, geb. Selke, geb. 3.8.1872 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, am 21.9.1942 nach Treblinka weiterdeportiert, dort ermordet
Julius Osiakowski, geb. 10.2.1872 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, am 21.9.1942 nach Treblinka weiterdeportiert, dort ermordet

Carl-Petersen-Straße 5 (früher: Mittelstraße 3)

Eveline Osiakowski-Selke war fast 25 Jahre lang "eine Institution" in Hamburg-Hamm. 1909 hatte sie ein Haushaltsgeschäft in der Landwehr 75 angemeldet, das sie zunächst allein und nach der Verlegung in die Mittelstraße 32 (heute: Carl-Petersen-Straße) von 1920 bis 1932 mit ihrem Ehemann Julius Osiakowski führte. Damit setzte sie eine Familientradition fort.

Ihr Vater, der Händler Selke Elias Selke, kurz S.E. Selke, geb. 16.2.1833 im damals dänischen Glückstadt an der Unterelbe, verließ wie die Mehrzahl der dortigen Juden um 1850 seinen Geburtsort und zog nach Hamburg. Nach seiner Einbürgerung am 19. Oktober 1860 heiratete er die Hamburgerin Sophie Behrens, geb. 16.10.1834. Am 11. Dezember 1863 beantragte er eine Konzession für eine Manufakturwarenhandlung in St. Georg, der damals noch östlichen Vorstadt von Hamburg, in der Neustraße 45. Ab 1868 betrieb er ein zweites Geschäft für Band-, holländische und Manufakturwaren in der Hamburger Neustadt im neuen Steinweg 98, 1871 gab er das erste Geschäft auf.

Uns sind acht Geschwister von Eveline bekannt. Als sie geboren wurde, war ihre älteste Schwester, Marie/Mary (geb. 21.4.1863) zehn Jahre alt. Ihr ältester Bruder Theodor (geb. 23.2.1865) war acht. Ihm folgte 1867 Frieda. 1869 wurde Julius geboren, der mit nur 19 Jahren starb und auf dem neu eröffneten Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel in Ohlsdorf beerdigt wurde. Alle nach ihm in Hamburg gestorbenen nächsten Angehörigen wurden ebenfalls dort bestattet.

Eveline, geboren am 3.8.1872, kam nach dem Umzug in die Neustadt zur Welt, wo sie am Neuen Steinweg mit ihren Geschwistern aufwuchs. Ihr folgten Ludwig (9.11.1874), Iwan (10.6.1876), Olga (6.2.1878) und Rosa (15.11.1879). Berufstätigkeit war in dieser Familie üblich. Marie wurde Händlerin, Theodor Zahntechniker, Eveline Verkäuferin, Ludwig Bankangestellter, Iwan Exporteur und Olga Kontoristin.

S.E. Selkes Familie wuchs. Marie/Mary heiratete am 21. Oktober 1886 Levi Lievendag, mit dem sie neun Kinder hatte; nur fünf von ihnen erreichten das Erwachsenenalter.

Frieda und Theodor Selke wanderten 1887 mit 20 bzw. 22 Jahren in die USA aus, wo Frieda bereits 1900 in New York starb, ohne noch einmal ihre Familie gesehen zu haben. Auch die jüngste Schwester, Rosa, wanderte nach New York aus, wo sie 1947 starb. Die einzige Spur von ihr ist ein Kleiderpaket an ihre mittellose älteste Schwester Marie/Mary 1928 in Hamburg.

Für zunächst kurze, dann längere Zeit verließ Eveline Selke ihr Elternhaus, um immer wieder dorthin zurück zu kehren. Als älteste Tochter könnte ihre Hilfe im Haushalt wie im Geschäft nötig gewesen sein, Belege hierfür gibt es nicht.

Ihre ersten auswärtigen Aufenthalte in Elberfeld und Duisburg dienten offenbar dazu, berufliche Erfahrung zu sammeln. Es folgten 1894 drei Monate bei der Firma Schlesinger Nachf. in Lübeck, elf Monate bei Neustadt & Co. in Mühlheim an der Ruhr, 1897 drei Monate bei Eichholz in Bremen, ab Ende 1901 zweieinhalb Jahre in Gelsenkirchen und Hamburg, Wandsbeker Chaussee 106 bei Horneburg und schließlich dreieinhalb Jahre in Bremen und Darmstadt an Privatadressen.

S.E. Selke wechselte von der Neustadt nach St. Pauli und richtete sich in der Bartelsstraße 46 wieder auf Dauer ein. Er passte sein Warenangebot dem neuen Standort an, indem er Weißwaren und Putzartikel aufnahm.

Im Besitz der Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten, kam Theodor Selke im Januar 1894 zur Heirat mit Bertha Hertz (geb. 1.3.1871) nach Hause zurück. Auch Eveline wohnte aus diesem Anlass wieder bei ihren Eltern. Danach verlor sich Theodor Selkes Spur.

Mit dem nächsten Umzug 1897 nach Eimsbüttel in die Altonaer Straße 44 passte S.E. Selke noch einmal sein Geschäft der neuen Umgebung an und arbeitete schließlich nur noch in Kommission.

Ludwig Selke meldete sich im September 1900 nach Odessa in Russland ab, hielt sich dann aber wegen seiner Heirat mit der am 17.5.1877 in Warschau geborenen Jenny Lewin wieder in Hamburg auf. Sie zogen nach Odessa, wo Ludwig sich schon vorher als Bankbeamter ansässig gemacht hatte. Dort wurden ihre fünf Kinder geboren. Mit der gesamten Familie kam er am 6. Januar 1908 noch einmal nach Hamburg und blieb über den Tod der Eltern hinaus. Die Mutter Sophie Selke starb am 25. März 1908, der Vater Selke Elias Selke ein halbes Jahr später am 23. September 1908. Erst 1910 reiste er wieder nach Odessa ab. Aus seinem Reisepass geht hervor, dass er klein war, dunkelblondes Haar, braune Augen und ein ovales Gesicht hatte. Über seinen Aufenthalt während der Revolutions- und Kriegsjahre ist nichts bekannt.

Iwan und Olga Selke lebten bis zum Tod ihrer Eltern bei ihnen in der Altonaerstraße 44. Iwan blieb dort zunächst wohnen; seine Exportagentur lief unter einer eigenen Firmenadresse.

Nach dem Tod der Eltern zog Eveline Selke zu Verwandten ihrer Mutter in die Langenfelderstraße 138 in Ottensen. Sie machte sich von dort aus 1909 mit einem Hausstandsgeschäft in der Landwehr 75 in Hamburg-Hamm selbstständig,

Am 12. Februar 1911 heiratete Iwan Selke die Kaufmannstochter Rebecca oder Ekka Spanier, geb. 12.4.1881 in Burgdamm/Bremen, aus der Tegethoffstraße 9. Iwan und Rebecca blieben in Eimsbüttel und zogen auf Dauer in die Bismarckstraße 6.

Im Oktober 1912 verlegte Eveline Selke ihr Geschäft von der Landwehr in die Mittelstraße 26, wo vorübergehend ihre Schwester Olga bei ihr wohnte. Olga ging 1913 und danach auch immer wieder auf Reisen, vermutlich als Korrespondentin. War sie in Hamburg, suchte sie sich meist eine Wohnung in der Nähe ihrer Schwester.

Eveline Selke vergrößerte ihr Geschäft nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und zog mit diesem und der privaten Wohnung in die Mittelstraße 32. Dieses Geschäft war durch die Zusammenlegung zweier Geschäfte mit jeweils einer angeschlossenen Wohnung durch einen Durchbruch zwischen den hinteren Zimmern entstanden und hatte zwei Schaufenster. Die Wohnung war mit sechs Zimmern recht geräumig.
Jetzt trat sie in die Jüdische Gemeinde ein. "Fräul. Eveline Selke hat sich bei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg selbst gemeldet, ist eine geborene Hamburgerin", wurde am 13. September 1918 auf ihrer Kultussteuerkarteikarte vermerkt. Sie entrichtete einen jährlichen Beitrag von 10 RM bis zu ihrer Heirat am 8. Januar 1920.

Nach dem Ersten Weltkrieg hielt sich Ludwig Selke noch einmal für sechs Wochen in Hamburg auf, bevor er sich nach Danzig abmeldete. Die Spuren seiner Familie führen in die USA.

Im Alter von fast 48 Jahren ging Eveline Selke die Ehe mit dem gleichaltrigen Julius Osiakowski (10.2.1872) ein. Sein Vater, Abraham Osiakowski, geb. 31.1.1836 in Kalisch/Kalisz in der damaligen preußischen Provinz Südpolen, betätigte sich in Hamburg als Lotterieeinnehmer und war 1861 eingebürgert worden. Er heiratete die fünf Jahre ältere Emilie/Esther, geb. Heckscher, geb. 24.2.1831 in Hamburg. Julius, geboren am 10.2.1872, war das jüngste der drei uns bekannten Kinder. Der Stammhalter, Iwan, war acht Jahre älter (geb. 6.5.1863), die Schwester Bertha vier Jahre (geb. 3.1.1868).

Erstmals 1874 lässt sich Abraham Osiakowski als Inhaber einer Lotterie- und Fondsgesellschaft mit der Adresse Holstenstraße im Hamburger Adressbuch nachweisen. Er verlegte sein Geschäft in den Valentinskamp und nach sechs Jahren in die ABC-Straße. Sein sozialer Aufstieg lässt sich an der nächsten Adresse ablesen: Eppendorfer Weg.
Beruflich folgte ihm sein ältester Sohn Iwan im Lotteriegeschäft. Er wurde bereits mit 16 Jahren eingebürgert. Julius Osiakowski wurde Uhrmacher.

Mit seiner Tochter Bertha reiste Abraham/Albert Osiakowski im Herbst 1887 nach Russland in seinen Geburtsort Kalisch. In ihren Reisepässen werden sie als mittelgroß mit ovalen Gesichtern beschrieben, unterschieden durch die Augen- und Haarfarbe: Der Vater mit blaugrünen Augen und mittelblondem Haar, die Tochter mit braunen Augen und dunkelbraunem Haar. Von Iwan und Julius gibt es keine entsprechenden Personenbeschreibungen. Julius beantragte nie einen Reisepass, Iwan erst 1920, als keine Personenmerkmale eingetragen wurden.

Julius Osiakowski absolvierte seinen einjährigen Militärdienst 1893/94 beim Hamburger Infanterieregiment 76. Seine beruflichen Tätigkeiten ließen sich nicht datieren. Bis zu seiner Heirat wohnte er offenbar bei seinen Eltern.

Bertha Osiakowski heiratete mit 28 Jahren im Januar 1894 den 15 Jahre älteren Jacob Moszkowski-Peiser, einen Weinhändler. Sie zogen in die Tresckowstraße 29. Ihre Ehe blieb kinderlos und dauerte nur 17 Jahre, da Jacob Peiser schon am 20. November 1911 mit 58 Jahren starb.

Im April 1901 schloss Iwan Osiakowski mit der ältesten Tochter des Schweizer Uhrenfabrikanten Callmann Lewie, Florine Berthe, geb. 8.1.1870 in La Chaux de Fonds die Ehe. Die Heirat fand in Hamburg statt. Nach dem Tod ihres Ehemanns Callmann war Rachel Lewie, eine geborene Isaacs aus Altona, mit ihren Kindern nach Hamburg gezogen und hatte sich im Grindelviertel niedergelassen. Sie starb 1915 im Alter von 69 Jahren. Auch ihr Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf.

Am 15.11.1902 kam Paula Osiakowski in der Tresckowstraße 43 in Eimsbüttel zur Welt. Sie blieb das einzige Kind von Berthe und Iwan Osiakowski.

Die Mutter Emilie/Esther starb im Alter von fast 83 Jahren am 30. Januar 1914, der Vater Abraham/Albert am 12. Januar 1920 mit 84 Jahren im Israelitischen Krankenhaus, vier Tage nach der Heirat seines Sohnes Julius. Auch sie fanden ihre ewige Ruhe auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf.

Bei ihrer Eheschließung wohnte Eveline in der Mittelstraße 32 hinter ihrem Geschäft, Julius war noch im Eppendorfer Weg 54 gemeldet und zog zu ihr. Das Geschäft wechselte auf seinen Namen. Für den Haushalt gab es eine Haushaltshilfe, die bei ihnen wohnte, und für das Geschäft einen Lehrling. Die Haushaltshilfe war durch Vermittlung des Polizisten Horneburg, bei dessen Familie Eveline längere Zeit gewohnt hatte, 1922 zu ihnen gekommen. Allerdings gab es Probleme: Die junge Frau beschuldigte ihren Hausherrn und stiftete den Lehrling zu entsprechenden Anschuldigungen an, sie mehrfach gezielt unsittlich berührt zu haben. Das Schwurgericht tagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit über diesen Fall, da die beiden erst 16 Jahre alt waren, und sprach Julius Osiakowski frei. Die jungen Frauen wechselten ihre Stellungen.

Die Eheleute hatten bis 1925 ihr Auskommen, erwirtschafteten aber 1927 ein letztes Mal ein steuerpflichtiges Einkommen. In der Weltwirtschaftskrise häuften sich ihre Mietrückstände und weitere Verbindlichkeiten, was 1932 zu einer Räumungsklage führte. Der Versteigerungserlös des Inventars deckte nicht einmal die Forderungen.

Da Julius und Eveline Selke weder Vermögen noch Rentenansprüche noch fortlaufende Unterstützung durch Verwandte erhielten und aus Altersgründen nicht mehr voll arbeitsfähig waren, wandten sie sich an die Fürsorge, die sie am 15. Februar 1932 aufnahm.
Ihre Geschwister teilten ihr Schicksal: Marie/Mary Burwitz war in Not geraten, weil ihr Mann sich 1910 von ihr getrennt hatte, unauffindbar war und die Söhne ihrerseits nur mit Mühe ihre Familien ernähren konnten, ebenso war es Bertha Peiser, geb. Osiakowski nach dem Tod ihres Mannes ergangen und Olga Selke war bereits seit 1929 erwerbslos.

Iwan Osiakowski und Iwan Selke waren die einzigen Angehörigen der Generation, die überhaupt noch ein Einkommen erzielten, der erste dank der Lotterie in der Tresckowstraße 43, der letztere dank seiner Exportagentur in der Bismarckstraße 6. Olga Selke erhielt ab 1938 eine monatliche Rente von 47 RM, Paula bekam als Haushilfe ein Taschengeld von wenigen Reichsmark. Von den Verwandten im Ausland kam keine Hilfe.

Aus den Berichten der Fürsorger und Fürsorgerinnen nach ihren Hausbesuchen geht hervor, dass sie sich, beeindruckt, dass die armseligen Zimmer gut gepflegt waren, für die Sicherung von Unterkunft, Gesundheit und Kleidung ohne Abstriche einsetzten. Amtsärztliche Gutachten entschieden über die Arbeitsfähigkeit und notwendige Heilmittel, die meist bewilligt wurden. Die Fürsorge gewährte geringe laufende Unterhaltszahlungen und Sachleistungen in Form von Heizmaterial, gelegentlich einem neuen Kleidungsstück und Schuhreparaturen und stellte bei Bedarf Zahnscheine aus. Von der Jüdischen Gemeinde erhielten sie, wenn überhaupt, eine geringfügige Unterstützung.

Ohne gegenseitige Hilfe hätten die Geschwister ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Zu den gegenseitigen Hilfen gehörten kurzfristige Kredite, aber auch die gemeinsame Tätigkeit von Julius Osiakowski und seiner Schwester Bertha Peiser. Sie bemühten sich allerdings vergeblich, bei der Papierhandelsfirma Peter Hansen auf Provisionsbasis genug zu verdienen, um wieder von der Fürsorge unabhängig zu werden. Die Konkurrenz war zu groß, und Bertha Peiser war inzwischen zu schwach für diese anstrengende Tätigkeit.

Um die Mietkosten zu senken, zogen Julius und Eveline Osiakowski zunächst nach Hamm-Unten in die Hammer Landstraße 34, im doppelten Sinne auf die Schattenseite Hamms. Sie planten, wieder ein Geschäft aufzubauen. Ihre neue Wohnung mit 4 ½ statt 6 Zimmern kostete halb so viel wie die Wohnung in Oben-Hamm und erlaubte ihnen, zwei Zimmer zu vermieten. Wenn die Untermieter pünktlich zahlten, deckte das ihre eigene Miete. Als das Vorhaben scheiterte, zogen sie wieder nach Oben-Hamm in die Mittelstraße 3.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Mitglieder der Familien Selke und Osiakowski bestanden schon vor der Weltwirtschaftskrise und wurden durch sie verstärkt. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, berührte sie das insofern wenig, als sie nicht politisch aktiv waren und sich die Fürsorgeleistungen zunächst nicht änderten. Die Selbstständigen unter ihnen blieben ebenso weiter tätig.

Als Iwan Osiakowski am 28. April 1938 starb, verloren die Geschwister ihren einzigen privaten Kreditgeber. Seine Witwe Berthe und ihre Tochter Paula blieben ebenfalls mittellos zurück.

Es gibt keine Hinweise auf Emigrationspläne von Julius und Eveline Osiakowski. Sie verließen Hamm und zogen nach Hamburg-Eimsbüttel in den Kleinen Schäferkamp 21. Nachdem die Fürsorge für Juden von der Stadt auf die Jüdische Gemeinde übergegangen war, erhielten sie eine Unterkunft in der Bundesstraße 43, dem Warburg-Stift, das 1941 zum "Judenhaus" erklärt wurde.

Noch vor dem Beginn der Herbstdeportationen 1941 starb Eveline Osiakowskis älteste Schwester Marie/Mary Burwitz, geschiedene Lievendag, im Alter von 78 Jahren eines natürlichen Todes.
Ihre Schwester Olga nahm sich am 5. Dezember 1941, dem Vorabend der vierten Deportation, die nach Riga führte, in ihrer Wohnung in der Innocentiastraße 37 das Leben. Beide wurden auf dem Jüdischen Friedhof an der Ihlandkoppel beerdigt.

Zur ersten Deportation am 25. Oktober 1941 von Hamburger Juden und Jüdinnen, vorgeblich zum "Aufbau im Osten", die das Getto von Litzmannstadt/Lodz zum Ziel hatte, wurde Rebecca/Ekka Selkes jüngere Schwester, Bella, aufgerufen. (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) Die ledige Lehrerin war noch keine 60 Jahre alt.

Die vom Reichssicherheitshauptamt festgesetzte Altersgrenze für die Deportationen 1941 von 60 bzw. 65 Jahren wurde nicht strikt eingehalten, besonders, wenn es sich um Verwandte handelte, wie sich bei dem Transport am 6. Dezember 1941 nach Riga zeigte: Mit diesem Transport wurden Rebecca und Iwan Selke, 60 und 65 Jahre alt, aus der Bismarckstraße 6 (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), und Berthe Osiakowski mit ihrer Tochter Paula aus der Tresckowstraße 43, 71 und 39 Jahre alt, nach Riga deportiert. Sie, wie die meisten der im Herbst 1941 deportierten Personen, erhielten ihren Befehl zur "Evakuierung" noch an ihren langjährigen Wohnadressen.

Nach den Massendeportationen im Herbst 1941 führte der nächste Großtransport von 926 Personen am 15. Juli 1942 in das sogenannte Altersgetto Theresienstadt. Zusammen mit ihrer Schwester bzw. Schwägerin Bertha Peiser, die im Durchschnitt 1 lebte, wurden Eveline und Julius Osiakowski dorthin "evakuiert". Sammelplatz vor der Deportation war nicht wie im Herbst die Freimaurer-Looge an der Moorweide, sondern die Volksschule Schanzenstraße/Altonaer Straße in Eimsbüttel. Die dorthin Befohlenen wurden per Lkw zur Bahn gebracht.

Von Personen, die noch Vermögen besaßen, wurde verlangt, dass sie zuvor einen Heimeinkaufsvertrag für den Aufenthalt in Theresienstadt abschlossen und dieses dafür einbrachten. Mittellos, wie diese Familie war, kam das für sie nicht infrage. Sie wurden von der "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" aus dem gesammelten Vermögen der Deportierten unterhalten. Dieser Betrag belief sich allein im Bereich des Hamburger Jüdischen Religionsverbands, wie die Gemeinde nun hieß, für die beiden Transporte nach Theresienstadt im Juli 1942 auf ungefähr 4 Mio. Reichsmark.

Aus dem überfüllten Getto Theresienstadt wurden Eveline und Julius Osiakowski und seine Schwester Bertha Peiser nach nur zwei Monaten weiter in das Vernichtungslager Treblinka transportiert, wo sie ermordet wurden.

Eveline und Julius Osiakowski wurden ungefähr 70 Jahre alt, Bertha Peiser 74 Jahre.

Am 30. Dezember 1950 wurden Julius und Eveline Osiakowski vom Amtsgericht in Hamburg per 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Stand: Februar 2022
© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; 8; 9; Hamburger Adressbücher; StaHH Bürgerregister; 213-11_L 166/1923; 213-13, 15803, 16892, 17054; 335-2, Personenstandsbücher; 351-14, Fürsorge, 1029, 1651, 1677, 1835; 376-2, Gewerbeanmeldung, VIII C 77 Nr. 6770; 411-1, XXXV III 4132; 522-1, Jüdische Gemeinden, Abl. 1993, Ordner 10; https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/k-l/1021-kalisch-suedpreussen; http://www.igdj-hh.de/friedhofsdatenbank.html; https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/e-g/737-glueckstadt-schleswig-holstein.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link www.stolpersteine-hamburg.de/Recherche und Quellen.

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