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Bereits verlegte Stolpersteine




Fotograf/in: Bettina Nathan

Erna Rosa Gutentag (geborene Mathiason) * 1887

Hammer Landstraße 90 (Hamburg-Mitte, Hamm)


gedemütigt / entrechtet
Flucht in den Tod 01.01.1939

Weitere Stolpersteine in Hammer Landstraße 90:
Ernst Julius Gutentag

Erna Rosa Gutentag, geb. Mathiason, geb. am 26.9.1887, Todesdatum 1.1.1939 Hamburg
Ernst Julius Gutentag, geb. am 30.7.1881, Todesdatum 27.11.1939

Hammer Landstraße / Kentzlerdamm

"Durch die Pflege ihres schwerkranken Ehemannes, der heute wegen schwerer Melancholie von Dr. Tetzlaff, Griesstr. 33, in das Staatskrankenhaus Eilbecktal überwiesen wurde, hatte sich Frau Gutentag anscheinend überanstrengt. Die Tat dürfte aus Schwermut begangen sein." So lautete die Erklärung für Erna Rosa Gutentags Selbstmord am Neujahrstag 1939 im Polizeibericht. Als Hinweis wurde hinzugefügt "Nichtarierin". Ihr Schwager Rudolf Gutentag fand sie erhängt in ihrer Wohnung.

Erna Rosa Gutentag, geb. Mathiason, geb. am 26.9.1887 in Hamburg, war seit dem 24. Juli 1912 mit Ernst Julius Gutentag, geb. 30.7.1881 in Jever, verheiratet. Sie kamen zu Anfang des 20. Jahrhunderts nach Hamburg und traten im 26. März 1915 in die Deutsch-Israelitische Gemeinde ein. Das Ehepaar blieb kinderlos.

Rudolf Gutentag, ein jüngerer Bruder von Ernst Gutentag, siedelte von Jever nach Hamburg über, um die Geschäfte seines Bruders fortzuführen, als der erkrankte, denn Ernst Gutentag betrieb in der Eiffestraße 438/40 ein An- und Verkaufsgeschäft von Alteisen und Metallen. Die Familie lebte in guten wirtschaftlichen Verhältnissen.

Wenige Tage nach Erna Rosa Gutentags Tod setzte das Amtsgericht den "Konsulenten" Dr. Edgar Haas, Hamburg, zum "Pfleger" für den geistig gebrechlichen Ernst Julius Gutentag, geb. 30.7.1881, ein. Er sollte sich insbesondere um die Liquidierung des Geschäfts und die mit der Sicherungsanordnung verbundenen Maßnahmen kümmern.

Der Verkauf des Betriebs und des Grundstücks an die OHG Krohn & Dölz, Mönckebergstraße 18, stand unter dem Vorbehalt der Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten vom 22. September 1933. Er erbrachte 100000,– RM, von denen ein Drittel an die Erben Erna Rosa Gutentags ging, da ihre Mitgift gewertet wurde. Bei der Vermögensberechnung wurde alles bis zum letzten Taschentuch berücksichtigt.

Der Pfleger beantragte die Ausgaben für seinen Pflegling einzeln. Für die verstorbene Ehefrau genehmigte der Oberfinanzpräsident im August 1939 einen Grabstein für 598,70 RM. Ernst Gutentag starb am 27. November 1939 im Krankenhaus, lt. ärztlicher Todesbescheinigung durch Suizid.

Am 1. Dezember 1939 beglich der Vormund Haas eine Rechnung von Prof. Dr. Hans Bürger-Prinz, der Ernst Gutentag behandelt hatte. Weitere Kosten sind akribisch in den Akten vermerkt:

Siegbert Falck ergänzte die Grabsteininschrift,die Begräbniskosten betrugen 430,– RM, der Jüdische Religionsverband erhielt für Grabpflege 265,61 RM, Oberrabbiner Carlebachs Predigt wurde mit 150,– RM vergütet. Dann erlosch die Pflegschaft. Rudolf Gutentag war Alleinerbe. Er war ledig und zog nach Hamburg, wo er in der Hansastraße 57 bei einem Vetter wohnte. Im Sinne seines Bruders und seiner Schwägerin unterstützte er Verwandte und die frühere Hausangestellte seiner Mutter, Recha Katz, aus dem ererbten, immer noch beträchtlichen Vermögen finanziell. Rudolf Gutentag betrieb seine Auswanderung, die ihm nicht mehr gelang. Er starb am 30. Juli 1941.

Oberrabbiner Carlebach beerdigte auch ihn. Sein Grab liegt in der Reihe der Gräber Ernst und Erna Gutentags und ihrer Eltern Mathiason auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf.

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 2 R 1939/2101, R 1940/237; 4; 5; StaH, 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Todesfälle 1939/65; 522-1, Jüdische Gemeinden 390 Wählerverzeichnis 1930; 391 Mitgliederliste 1935.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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