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Ernst Rothstein * 1881

Blumenau 166 (Wandsbek, Eilbek)

1942 Auschwitz
ermordet

Ernst Rothstein, geb.am 9.8.1881 in Coppenbrügge, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz

Blumenau 166 (Blumenau 170)

Ernst Rothstein stammte aus dem kleinen Ort Coppenbrügge bei Hameln. Seine Eltern, Louis Rothstein und Lina, geborene Oppenheimer, gehörten beide der jüdischen Religion an. Über seinen Werdegang ist lediglich bekannt, dass er eine kaufmännische Ausbildung erhielt.

Ernst Rothstein, der ledig blieb, hielt Kontakt zu seinen Verwandten:
Eine ältere Schwester, Ida, verheiratete Reifenberg, geboren am 9. März 1878 in Coppenbrügge, zog nach Menden im Sauerland, wo ihre beiden Kinder, Helene und Hans 1900 bzw. 1903 geboren wurden. Helene Reifenberg heiratete 1927 in Hannover den Hautarzt Hugo Alexander und zog nach Gelsenkirchen, wohin ihr ihre Mutter Ida folgte. Hugo Alexander gehörte zu den Gründungsmitgliedern der liberalen jüdischen Synagogengemeinde in Gelsenkirchen.

1924 kam Ernst Rothstein vermutlich aus beruflichen Gründen nach Hamburg und stieg zum Abteilungsleiter und Geschäftsführer des renommierten Warenhauses Karstadt in der Mönckebergstraße in der Hamburger Innenstadt auf. Er bezog eine Mietwohnung in einer Stadtvilla in der Blumenau 170 im "Auenviertel", dem der Eilbek zugewandten Teil Eilbeks.

1924 wurde Ernst Rothstein erstmals in der Kultussteuerkartei der Deutsch- Israelitischen Gemeinde geführt, an die er bis zum Geschäftsjahr 1931/32 erhebliche Steuern abführte. Sein Einkommen setzte sich aus einem monatlichen Fixum von 1800 RM plus 200 RM Aufwandsentschädigung und einer Gewinnbeteiligung zusammen. Letztere ging mit der Weltwirtschaftskrise erheblich zurück und nötigte Ernst Rothstein im September 1932, die jüdische Gemeinde um eine Stundung und Neuberechnung seiner "Kirchensteuer" zu ersuchen.

In den Jahren 1926 bis Anfang 1933 wohnte Ernst Rothstein als Untermieter bei Heinrich Sonnemann und dessen Frau, den Eltern von Hermann Görings Ehefrau Emmy, in der Lohmühlenstraße 1.

Anscheinend hatte Ernst Rothstein keine Rücklagen gebildet, denn als er am 1. April 1933 fristlos entlassen wurde, konnte er seinen steuerlichen Verpflichtungen gegenüber der jüdischen Gemeinde nicht mehr in vollem Umfang nachkommen. Er fand nicht gleich eine neue Stellung in Hamburg und reiste zu seinen Verwandten nach Gelsenkirchen. Im Oktober 1933 kehrte er nach Hamburg zurück und zog in eine kleinere Wohnung in der Richardstraße 76 ebenfalls in Eilbek. Inzwischen mahnte die Jüdische Gemeinde ausstehende Steuerzahlungen an, die auf der Grundlage seines Einkommens von 1932 berechnet worden waren, ohne zu berücksichtigen, dass er inzwischen erwerbslos geworden war.

Ernst Rothstein unternahm jetzt einen Versuch, sich zusammen mit zwei anderen Kaufleuten selbstständig zu machen. Gemeinsam kauften sie die Firma Teppich-Moser, Graskeller 21 in der Hamburger Neustadt. Die Geschäftstätigkeit war jedoch nicht sehr einträglich, so dass er seine Wohnung in der Richardstraße aufgeben musste. Von da ab lebte er als Untermieter an wechselnden Adressen, zunächst in der Wandsbeker Chaussee 57.

Als 1936 seine Tätigkeit in der Teppich-Firma endete, begab er sich auf Stellungssuche erneut nach Gelsenkirchen, kehrte jedoch unverrichteter Dinge zurück. Schließlich fand er eine Anstellung in der Firma L. Wagner in der Elbstraße 70–84, einem Großhandels- und Exportgeschäft für Kurz- und Webwaren, Garne, Trikotagen, Strümpfe, Wäsche und Spielwaren. Dessen Inhaber, Max Haag, gewährte ihm einen Gehaltsvorschuss von 700 RM, mit dem er Verwandten ihre Auswanderung ermöglichte. Sein Einkommen betrug nun weniger als die Hälfte dessen, was er als Geschäftsführer bei der Rudolf Karstadt AG verdient hatte, doch erlaubte es ihm, auch seine Verwandten sowie andere ihm nahestehende Personen mit zu versorgen. Er selbst wohnte als Untermieter bei Max Deutschländer, einem beeidigten Bücherrevisor, in der Carolinenstraße 4 im Stadtteil St. Pauli.

Im Zuge des Novemberpogroms wurde Ernst Rothstein am 10. November 1938 verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verbracht. Nach viermonatiger Inhaftierung wurde er mit der Auflage entlassen, aus Deutschland zu emigrieren. Seine Stellung bei der Firma bei L. Wagner hatte er verloren. Wovon Ernst Rothstein nach seiner Entlassung aus "Oranienburg", wie er selbst das KZ Sachsenhausen nannte, lebte, ließ sich nicht ermitteln. Er beglich offenbar seine Schulden gegenüber seinem früheren Arbeitgeber, Max Haag, und gegenüber der Jüdischen Gemeinde.

Ernst Rothstein leitete seine Auswanderung ein und versuchte zunächst, sie allein zu bewerkstelligen. Inzwischen gänzlich mittellos geworden, bat er dann aber im März 1939 den Jüdischen Religionsverband um Rat, wie er dessen Unbedenklichkeitserklärung als eine Auswanderungsvoraussetzung erlangen könne. Dabei ging es darum, den Verband zu einer Erklärung zu bewegen, nach der ihm gegenüber zumindest vorübergehend keine Forderungen geltend gemacht würden. Offenbar scheiterte seine Auswanderung letztlich an fehlenden finanziellen Mitteln.

Im Oktober 1939 zog er in die Fröbelstraße 12 in Hamburg-Rotherbaum, im Februar 1941 wechselte er innerhalb des Stadtteils zu Seligmann in die Bornstraße 25. Schließlich quartierte ihn die Jüdische Gemeinde am 7. April 1942 im Kleinen Schäferkamp 32, einem "Judenhaus", ein. Bereits vier Monate später wurde er als eine von 300 Personen zum Transport am 11. Juli 1942 aufgefordert, der Hamburg mit unbekanntem Ziel verließ. Es handelte sich um einen streng geheimen Transport, der in die neu errichteten Gaskammern nach Auschwitz führte. Keine der deportierten Personen überlebte.

Zwei Monate später, am 12. September 1942, wurde Ernst Rothsteins restlicher Hausrat auf Anweisung des Oberfinanzpräsidenten durch den Auktionator Richard Jäkel versteigert und erbrachte die Summe von 351,56 RM, die an die Kasse des Oberfinanzpräsidenten abgeführt wurde.

Ernst Rothsteins Nichte Helene Alexander gelangte mit ihrem Mann Hugo in die USA, der Neffe Hans Reifenberg mit seiner Frau Edith, geborene Sternberg, im August 1939 nach Südafrika. Ida Reifenberg, seine Schwester, nahm sich am 19. November 1941 in Gelsenkirchen das Leben.

Stand Februar 2014
© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 5; 9; AB; StaH 314-15 OFP Oberfinanzpräsident – Devisenstelle, Abl. 1998, R 556; 351-11 Amt für Wiedergutmachung 5278; 522-1 Jüdische Gemeinden 992 d Steuerakten Band 27; 992 e 2 Deportationslisten Band 4; Stadtarchiv Coppenbrügge, Personenstandsurkunde Helene Alexander; Stadtarchiv Menden, Geburtsregistereintrag Helene Reifenberg; www.gelsenzentrum.de/wahlliste_1930.pdf (zugegriffen am 8.6.2013).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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