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Bereits verlegte Stolpersteine



Ingo Krieghoff * 1915

Looft 6 (Wandsbek, Marienthal)


1936 - 1942 mehrfach verhaftet und verurteilt
KZ Buchenwald
ermordet 02.03.1945

Ingo Richard August Fritz Krieghoff, geb. 4.4.1915 Hamburg, inhaftiert 1936, 1938, 1942, ermordet am 2.3.1945 im Konzentrationslager Buchenwald

Looft 6 (Schwadronsweg 6)

Ingo Krieghoff wurde als Sohn des Privatbankbeamten Richard Krieghoff in Hamburg geboren. Nach dem Abschluss der Volksschule an der Bürgerweide absolvierte Ingo Krieghoff eine Kellnerlehre im Hotel Vier Jahreszeiten. Nachdem er von April 1934 bis September 1935 freiwillig bei der Wehrmacht gedient hatte, arbeitete er zunächst als Kellner im Speisewagenbetrieb der Mitropa, bevor er 1936 als Steward bei der Reederei Hamburg-Süd zur See fuhr.

Während seiner Lehrzeit im Hotel Vier Jahreszeiten besuchte er Homosexuellenlokale, um Gleichgesinnte kennen zu lernen. 1936 geriet er erstmalig mit dem Gesetz in Konflikt. Am 9. November 1936 wurde er vom Schöffengericht Hamburg wegen fortgesetzter "widernatürlicher Unzucht" nach § 175 RStGB alter Fassung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Nach seiner Strafverbüßung im Herbst 1937 fuhr der damals 22-jährige Ingo Krieghoff wieder zur See. Die Freiheit war nur von kurzer Dauer: Am 22. Februar 1938 stand er erneut als Angeklagter vor dem Landgericht Hamburg, das ihn wegen Vergehens gegen § 175 RStGB zu zehn Monaten Gefängnis verurteilte.

1939 wurde er zum Militärdienst eingezogen und an der Westfront stationiert. Schwer verletzt geriet er 1940 kurzzeitig in belgische Gefangenschaft, nachdem die deutsche Wehrmacht das Land besetzt hatte, gehörte er dieser wieder an. Im November 1941 stand Ingo Krieghoff erneut unter Verdacht, gegen § 175 RStGB verstoßen zu haben, wurde aber vom Feldkriegsgericht freigesprochen. Aufgrund der schweren Verwundung erfolgte am 12. Februar 1942 seine Entlassung aus dem Militärdienst. Seinen Kellnerberuf musste er aufgeben; Ingo Krieghoff lebte von einer Versehrtenrente und arbeitete während der Genesungszeit als Filmvorführer. Später begann er eine Ausbildung zum Zahntechniker.
Wegen seines Verhältnisses zu einem anderen Zahntechnikerlehrling und dem Versuch, einen 20-jährigen Lehrling "unzüchtig zu berühren", geriet Ingo Krieghoff wiederum in den Verfolgungsapparat der Nationalsozialisten. Das Landgericht Hamburg fällte am 22. Dezember 1942 folgendes Urteil:

"Der Angeklagte wird als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher unter Freisprechung im übrigen wegen widernatürlicher Unzucht in einem Falle zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren verurteilt. Die Sicherungsverwahrung wird angeordnet. Dem Angeklagten wird die erlittene Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe anerkannt." Weiter heißt es: "Der Angeklagte ist hiernach als habitueller Homosexueller anzusprechen. Der Sachverständige bezeichnet ihn als weichen, willensschwachen, triebhaften Homosexuellen, bei dem der ‚homosexuelle Trieb fest verankert ist’. ... Bei der Häufung dieser Straftaten und die kurz aufeinander folgenden Verurteilungen spricht aus seinen Taten aber auch eine besondere Hemmungslosigkeit und Stärke des verbrecherischen Willens, und es besteht die allergrösste Wahrscheinlichkeit, daß er auch künftig den Rechtsfrieden erheblich stören wird. ... Der Angeklagte hat dem Sachverständigen gegenüber seine stärkste Abneigung gegenüber der Entmannung zum Ausdruck gebracht. ... Nach alledem besteht nicht die geringste Gewähr dafür, daß der Angeklagte nach Verbüßung der Zuchthausstrafe sich von weiterer homosexueller Betätigung fernhalten wird."

Am 17. März 1943 wurde Ingo Krieghoff in die Strafvollzugsanstalt Rendsburg eingeliefert. Als Häftling leistete er Zwangsarbeit in einer kriegswichtigen Firma. Nach der Ausbombung des Betriebes erfolgte am 15. Juli 1943 seine Verlegung in einen Zweigbetrieb, der dem Zuchthaus Brieg/Bezirk Breslau untergeordnet war. Nach knapp vier Monaten wurde er in die Haftanstalt Glatz und von dort am 29. Juni 1944 wieder zurück nach Brieg verlegt.

Obwohl Ingo Krieghoff am 10. August 1944 seine Strafe verbüßt hatte, blieb er gemäß den richterlichen Anordnungen in Brieg in Sicherungsverwahrung.

Das letzte Lebenszeichen von ihm ist ein Brief an seine Mutter, datiert am 7. Januar 1945.
Hans B., einer seiner Bekannten aus dem Zuchthaus, berichtete später, dass Ingo Krieghoff am 2. März 1945 im KZ Gleina/Zeitz, einem Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald, verstorben war. Das Amtsgericht Wandsbek stellte am 23. Februar 1948 eine Todeserklärung aus.

Da der letzte frei gewählte Wohnsitz von Ingo Krieghoff am Schwadronsweg 6 (heute Looft) war, soll dort auch ein Stolperstein an sein Schicksal erinnern.

© Bernhard Rosenkranz, Ulf Bollmann

Quellen: 1 StaHH, 213-11, Staatsanwaltschaft Landgericht Strafsachen 1946/43.

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