Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Martin Leuschel
© Arbeiter-Illustrierte

Martin Leuschel * 1905

Herbert-Wehner-Platz (vor Karstadt) (Harburg, Harburg)


Im Widerstand
von SA erschossen 07.02.1933

Martin Leuschel, geb. 31.1.1905 in Neuwittendorf, am 7.2.1933 von einem SA-Mann erschossen

Stadtteil Harburg-Altstadt, Herbert-Wehner-Platz (vor Eingang Karstadt)

Der Metallarbeiter Martin Leuschel wohnte seit dem Novem­ber 1929 in Harburg in der Gaststätte "Stadt Hannover", Großer Schippsee 9. Das Lokal gehörte dem früheren Sozialdemokraten Georg Reus, der 1932 der KPD beigetreten war. Gegenüber, Großer Schippsee 8, stand das Volksblattgebäude der SPD, wo auch die Freien Gewerkschaften ihren Sitz hatten.

Auch Martin Leuschel war Mitglied der KPD geworden. Außerdem gehörte er dem Metallarbeiterverband an. Er war mit dem Sohn des Gastwirts, Hermann Reus, befreundet. Die Gaststätte war als Arbeiterlokal bekannt, das viele Sozialdemokraten und Kommunisten aufsuchten.

Nach dem Machtantritt der NSDAP wurden überall Fackelzüge veranstaltet, so auch am Abend des 6. Februar in Hamburg. Auch die Harburger SA beteiligte sich daran (siehe Karl Karcz). Als die Teilnehmer des Fackelzugs nach Harburg zurückkehrten, zogen drei SA-Leute zum Arbeiterlokal am Großen Schippsee, wo sich auch Martin Leuschel und der Sozialdemokrat Karl Karcz aufhielten. Kurz vor Mitternacht verließ ein Arbeiter die Gaststätte und kehrte blutüberströmt wieder zurück. SA-Leute hatten ihn vor dem Lokal zusammengeschlagen. Alle Besucher der Gaststätte strömten nach draußen. Gegen 0.40 Uhr fielen Schüsse. Martin Leuschel erlitt einen Bauchschuss und verstarb nach wenigen Stunden im Krankenhaus. Karl Karcz wurde schwer verletzt. Er erlag im Krankenhaus am 10. April seinen Verletzungen.

Martin Leuschel war das erste politische Mordopfer der Nationalsozialisten in Harburg-Wilhelmsburg. Drei Tage später, am 10. Februar, wurde er beigesetzt. An diesem Tag kam die einzige, riesige Einheitsfront-Demonstration der Harburger Arbeiterschaft zustande. In vielen Betrieben ruhte die Arbeit. Martin Leuschel war im Lokal Wolkenhauer in Eißendorf am Kirchenhang aufgebahrt (später "Eichenhöhe"). Rund 20000 sozialdemokratische, kommunistische und parteilose Menschen begleiteten den Sarg ab 16 Uhr auf dem Weg durch Harburg bis zur Süderelbe, wo er durch Wilhelmsburg nach Hamburg zum Ohlsdorfer Friedhof transportiert wurde. Die Demonstration war nur als Trauerzug zugelassen. Sprechchöre und Transparente waren verboten, die KPD durfte nur eine begrenzte Anzahl Fahnen mitführen.

Die Familie Martin Leuschels erklärte in einer Traueranzeige: "Wenn bei der Harburger Arbeiterschaft diese breite Einheitsfront von Bestand bleiben wird, dann haben wir die Genugtuung, dass das Blut unseres Martin nicht umsonst geflossen ist." Leider kam diese Einheitsfront zu spät. Die Macht der NSDAP konnte sie nicht mehr brechen. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 wurde die KPD zerschlagen und die kommunistische und sozialdemokratische Presse verboten. Am 22. Juni folgte das Verbot der SPD.

Das Lokal "Stadt Hannover" existierte noch nach dem Krieg. Im Zuge der Innenstadtsanierung Harburgs wurde es abgerissen. Heute verläuft dort der Harburger Ring am Herbert-Wehner-Platz entlang.

Seit 1985 gibt es den Martin-Leuschel-Ring (in der Altstadt, Nebenstraße des Wallgrabens).

© Hans-Joachim Meyer

Quellen: VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Die anderen, S. 47ff.; VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Stumme Zeugen, s. Per­sonenverzeichnis; Hochmuth/Meyer, Streiflichter, S. 18ff.; StaH, 332-8 Meldewesen, A44; Sta Stade, Rep. 171a 143; Volksblatt vom 12.2.1933; Heyl/Maronde-Heyl, Abschlussbericht; Totenliste VAN.

druckansicht  / Seitenanfang