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Bereits verlegte Stolpersteine



Johanna Laser (geborene Rosenberg) * 1881

Billhorner Deich 89 (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)

1942 Theresienstadt
ermordet 23.07.1944

Weitere Stolpersteine in Billhorner Deich 89:
Mannheim Max Laser, Felicia Laser, Martin Laser

Mannheim/Max Laser, geb. 3.10.1874 in Wongrowitz, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 8.8.1942
Johanna Laser, geb. Rosenberg, geb. 1.4.1881 in Obersitzko, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 23.7.1944
Felicia Laser, geb. 7.12.1918 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga
Martin Laser, geb. 26.3.1908 in Hamburg, 1938–1943 Zuchthaus Bremen-Oslebshausen, Tod in Auschwitz am 22.2.1943

Billhorner Deich 89

Mannheim Laser war der älteste von fünf Brüdern, die von Wongrowitz am Nordrand der preußischen Provinz Posen kurz vor dem Ersten Weltkrieg zusammen mit ihren Schwestern Rosa und Clara in den Raum Hamburg zogen. Mannheim Laser heiratete die am 1. April 1881 in Obersitzko geborene Johanna Rosenberg, beide lebten nach der jüdischen Tradition. Ihr Sohn Martin (geb. 26.3.1908) kam in Wongrowitz zur Welt, Alfred (geb. 5.5.1911) in Sande bei Bergedorf, die drei Töchter Erna, Frieda und Felicia zwischen 1914 und 1918 bereits in Hamburg. Das dritte Kind, Margot, starb vermutlich bereits als Säugling, bevor die Familie nach Hamburg zog.

Mannheim Laser und seine Brüder ergriffen alle den Beruf des Schneiders bzw. Textilhändlers und verteilten sich auf die Stadtteile Rothenburgsort (Mannheim/Max), Wilhelmsburg (Her­mann, geb. 21.12.1875), Harburg (Sally, geb. 15.9.1879), Billstedt (Simon, geb. 18.10.1882, s. Stolpersteine in den Hamburger Stadtteilen Billstedt – Horn – Borgfelde) und Barmbek (Moritz, geb. 21.8.1885). Clara heiratete den aus Lübeck stammenden Textilkaufmann Bruno Cohn und lebte in Harburg, Rosa betrieb zusammen mit ihrem Mann Joseph Juda in der Süderstraße in Hamm ein angesehenes Bekleidungsgeschäft.

Mannheim trat am 30. November 1921 der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg bei. Er wohnte mit seiner Familie bis 1932 in der Billstraße 86 und zog dann zum Billhorner Deich 89.

Sein Einkommen als Schneider lag mit zwei Ausnahmen in den Jahren 1922 und 1925 so niedrig, dass er keine Gemeindesteuern bezahlen musste. Ab 1932 wurde er von der Wohlfahrt und ab 1939 "aus dem Ausland" unterstützt, offenbar durch die Tochter Frieda, die nach England emigriert war.

Mannheim Lasers ältester Sohn Mar­tin heiratete die noch sehr junge In­grid Schnell, eine evangelische Nichtjüdin, geboren am 19. November 1913 in Hamburg. An ihrer Hochzeit nahmen nur zwei seiner Schwestern teil, die Eltern und übrigen Geschwister missbilligten die "Mischehe". Auf Wunsch ihres Ehemannes nahm Ilse Laser Hebräisch-Unterricht und trat am 20. Mai 1935 offiziell in der Synagoge am Bornplatz zum jüdischen Glauben über. Acht Wochen später kam ihr Sohn Manfred zur Welt. Martin Lasers Einkommen aus seiner Tätigkeit als selbstständiger Provisionsreisender reichte nur zur Miete eines Zimmers, keiner Wohnung. Für die Babyausstattung kamen der Jüdische Frauenverein und die Jüdische Winterhilfe auf. Mit Ende des Jahres 1935 besserte sich die Situation: Martin Laser erhielt eine Art Hausmeisterposten bei Heinrich Op­penheimer am Leinpfad 62.

Als das Haus ein Jahr später verkauft wurde, bekam die junge Familie erstmals eine eigene Wohnung in der Sorbenstraße in Hamm-Süd und Martin Laser übernahm Hausmeisteraufgaben bei einer alleinlebenden Frau in der Bellevue. Als sie auswanderte und das Haus verkaufte, nahm Martin Laser wieder eine Vertretertätigkeit auf, jetzt aber als Angestellter der Firma Alfred Cibulski in Altona. Damit besserte sich seine finanzielle Situation, und die Familie zog in die Bellealliance-Straße in Eimsbüttel.

Am 30. Oktober 1938 wurde Ilse Laser verhaftet: Sie hatte versucht, sich und ihren Sohn zu töten. Deshalb wurde sie wegen versuchten Totschlags in das Untersuchungsgefängnis Hamburg-Stadt eingewiesen und ihr Sohn Manfred bei den Großeltern am Billhorner Deich untergebracht. Bei ihrer Vernehmung äußerte sie, dass sie ihren Mann einer Beziehung zu einer Mitarbeiterin verdächtige und sie aus Kummer darüber nicht weiter gewusst habe. Da die Mitarbeiterin "arisch" war, wurde Martin Laser wegen so genannter Rassenschande inhaftiert, angeklagt und verurteilt. Die Strafe fiel mit sieben Jahren Zuchthaus sehr hoch aus, weil ihm vorgeworfen wurde, nicht nur "Rassenschande" betrieben, sondern dadurch auch seine Frau vernachlässigt und zu ihrem Verzweiflungsschritt getrieben zu haben. Zur Strafverbüßung wurde er am 17. März 1939 in das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen verbracht.

Ilse wurde zu zwei Monaten Haft verurteilt, die durch die Untersuchungshaft abgegolten waren. Sie ließ sich scheiden, machte ihren Übertritt zum Judentum rückgängig und zog mit ihrem Sohn Manfred zu ihrer Mutter Dorothea Schnell, die im Kreuzbook 17 in Hamm-Süd wohnte. Während Ilse durch die Scheidung "in den deutschen Blutsverband" zurücktreten konnte, haftete ihrem Sohn Manfred der "rassische Status" des "Geltungsjuden" an, d. h. nach der NS-Terminologie war er zwar "Halbjude", aber einer, der als Jude behandelt wurde. So wurde er, noch bevor er schulpflichtig wurde, zwangsweise von Mutter und Großmutter getrennt. Die jüdische Gemeinde quartierte ihn im "Judenhaus" in der Kielortallee 22 ein, wo sich bereits seine Tante Felicia Laser aufhielt.

Martin Laser verbüßte seine Strafe im Gefängnis Bremen-Oslebshausen, als ein Erlass im Herbst 1942 verfügte, dass Juden (und "Mischlinge") aus deutschen Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern nach Auschwitz verlegt werden sollten. So gelangte Martin, vermutlich über das KZ Fuhlsbüttel als Zwischenstation, nach Auschwitz, wo er am 22. Februar 1943 ums Leben kam.
Ilse Laser starb am 27./28. Juli 1943 zusammen mit ihrer Mutter während der Bombardierung Hamburgs. Die Straße Kreuzbrook lag im Zentrum des "Feuersturms".

Martins Schwester Felicia, geboren am 7. Dezember 1918, besuchte von 1925 bis 1933 die Israelitische Töchterschule in der Carolinenstraße, die ab 1930 Mädchenschule der Deutsch-Israelitischen Gemeinde hieß. Sie verließ sie mit dem Volksschulabschluss, obwohl sie gern Lehrerin geworden wäre. Doch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern erlaubten kein Studium, und auch die politischen Veränderungen nach der nationalsozialistischen Machtübernahme ließen es geboten erscheinen, stattdessen eine kaufmännische Lehre zu absolvieren. Sie fand eine Lehrstelle in der Firma Hermann Tietz am Jungfernstieg. Mit der "Arisierung" der Firma, die nun in "Alsterhaus" umbenannt wurde, wurde sie zunächst arbeitslos, konnte dann aber ihre Ausbildung beim Damenkonfektionshaus Robinson am Neuen Wall fortsetzen. Als auch dieses "arisiert" wurde, fand Felicia keine neue Anstellung. Nach einer zweijährigen Arbeitslosigkeit machte sie sich selbstständig; womit, ist nicht bekannt.

1939 zogen Mannheim Laser, der sich längst Max nannte, und seine Frau Johanna mit ihren Töchtern Erna und Felicia in die Rutschbahn 15 und später, vermittelt durch die Jüdische Gemeinde, in die Kielortallee 22, ein "Judenhaus". Von dort wurde Felicia zusammen mit ihrem Neffen Manfred und weiteren Verwandten am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert, wo sich ihre Lebensspuren verlieren.

Es handelte sich um den vierten Großtransport seit dem 25. Oktober 1941. Da Mannheim und Johanna über der Altersgrenze für so genannte Osttransporte lagen, wurden sie erst ein halbes Jahr später mit dem Transport vom 19. Juli 1942 in das Altersgetto von Theresienstadt deportiert. Mannheim/Max Laser starb bereits drei Wochen nach der Ankunft in Theresienstadt, seine Frau Johanna zwei Jahre später.
Wie erging es den übrigen Kindern Mannheim und Johanna Lasers?

Ihr zweiter Sohn, Alfred, heiratete im November 1933 ebenfalls eine evangelische Nichtjüdin, Anita Grählert, geboren am 15. März 1911 in Hamburg. Anders als ihre Schwägerin Ilse trat Anita Laser nicht der Jüdischen Gemeinde bei. Sie und ihr Mann Alfred ließen ihren am 10. Juni 1938 geborenen Sohn evangelisch taufen. Alfred Laser war als Geschäftsführer einer Tex­tilfirma tätig, wurde aber durch die "Arisierung" dieser Firma arbeitslos. Als sein Ver­mie­ter von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machte und die Familie keinen anderen Wohnraum fand, zog sie an den Billhorner Deich 89 zu Alfred Lasers Eltern. Nach kurzer Zeit untersagte ihnen die Gestapo, dort zu wohnen, da es zu "Rassenschande" hätte kommen können. Ihre Zuflucht bei Anita Lasers Eltern wurde nach kurzer Zeit mit umgekehrtem Vorzeichen mit derselben Begründung beendet. Endlich fand die Familie eine Unterkunft bei einer jüdischen Familie, dessen Haushaltungsvorstand nach Schanghai ausgewandert war. Alfred Laser wurde zu Zwangsarbeiten herangezogen. 1943 verlor die Familie ihre Unter­kunft im "Feuersturm" und fand in Mecklenburg Zuflucht. Am 11. Juni 1944 zog sie zwangsweise in die Heinrich-Barth-Straße 8, in ein sog. Judenhaus, wo sie bis Kriegsende blieb. 1950 wanderte die Familie in die USA aus.

Erna Laser, geboren am 10. Juni 1914, besuchte die Israelitische Töchterschule in der Carolinenstraße, ging in die Lehre bei der Firma Rudolf Reich, Neuer Wall 41 und erhielt später eine Anstellung beim Jüdischen Hilfsverein im Büro. Sie heiratete am 14. August 1941 Josef Norden, geboren am 26. September 1913 in Hamburg, ebenfalls Angestellter beim Jüdischen Religionsverband. Sie wurden gemeinsam mit Ernas Eltern am 19. Juli 1942 in das Getto von Theresienstadt deportiert (eine "Vorzugsbehandlung" wegen ihres Arbeitsverhältnisses mit der Jüdischen Gemeinde). Erna wurde am 12. Oktober 1942 weiter deportiert, über Auschwitz gelangte sie ins Frauen-Außenkommando des KZ Flossenbürg in Freiberg/ Sachsen und im April 1945 in das KZ Mauthausen, wo sie die Befreiung erlebte. Joseph Norden wurde am 28. September 1944 nach Auschwitz und schließlich in das KZ Dachau-Kaufering gebracht, wo er am 21. Dezember 1944 umkam.

Am 31. August 1946 heiratete Erna Norden, geb. Laser, Erwin Lippmann in Hamburg. 1951 wanderten sie nach Argentinien aus, kehrten aber 1971 nach Deutschland zurück.

Wie erging es den Brüdern Mannheim Lasers?

Hermann Laser wanderte mit seiner Frau Frieda und dem Sohn Ernst – der Wilhelmsburger Zweig der Familie – nach Argentinien aus; drei ihrer Kinder und ein Schwiegersohn kamen in Minsk, Bergen-Belsen und Auschwitz um. Sally Laser – der Harburger Zweig der Familie – emigrierte mit seiner Frau Clara und ihren drei Kindern über Kuba in die USA. Der "Barmbeker" Bruder Moritz ging mit seiner Frau Hedwig und den Söhnen Hermann und Werner nach Paraguay. Simon und seine Frau Paula aus Billstedt wurden am 6. Dezember 1941 zusammen mit ihrer Nichte Felicia und dem Großneffen Manfred nach Riga deportiert, wo sie umkamen.

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 4; 5; 7; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 1345/39; 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 030474, 150311, 100614; 552-1 Jüdische Gemeinden, 992 e 2 Bd. 3, 5; Auskunft vom Standesamt Hamburg-Nord Scheidung Laser; Weinmann, 2001.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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