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Esther (Elise) Mansfeld (geborene David) * 1854

Hofweg 9 (Hamburg-Nord, Uhlenhorst)

1943 Theresienstadt
ermordet am 2.1o.1943

Weitere Stolpersteine in Hofweg 9:
Herbert Oscar Adler

Esther (Elise) Mansfeld, geb. David, geb. 27.9. oder 15.10.1854, deportiert am 23.6.1943 nach Theresienstadt, dort gestorben am 2.10.1943

Hofweg 9

Ihr "offizieller" Vorname war Esther – gerufen wurde sie aber immer Elise. Sie wurde in Gro­ßendorf, heute Rahden/Kreis Minden-Lübbecke in Nordrhein-Westfalen, geboren. Ihre Eltern waren Ascher David und seine Frau Mina, geb. Leeser. Ihr Vater arbeitete als Handelsmann und Metzger. Er unternahm mehrmals Reisen, "um Handelsgeschäfte zu verrichten", z.B. "nach Tecklenburg über Osnabrück". Dafür wurden ihm die damals erforderlichen Pässe ausgestellt. Elise hatte eine ältere Schwester, die aber im Alter von vier Jahren starb. Von ihren fünf jüngeren Geschwistern starben zwei im Säuglingsalter. Elise besuchte in Großendorf die Schule.

Etwa 1864 oder 1865 verließ die Familie Großendorf. Wohin sie von dort aus verzog, ist nicht bekannt. Ab März 1874 lebte die jüdische Familie David in Hannover.

Am 2. Januar 1879 heiratete Elise David, die jetzt 24 Jahre alt war, den drei Jahre älteren Albert Mansfeld. In der Heiratsurkunde ist zu ihr vermerkt "ohne besonderes Geschäft", sodass wohl anzunehmen ist, dass sie nicht berufstätig war. Sie zog von der elterlichen Wohnung am Engelborsteler Damm 2 in die Wohnung ihres Ehemanns am Engelborsteler Damm 74, der dort eine Tabak- und Zigarrenhandlung betrieb.

Am 14. November 1879 wurde das erste Kind geboren, der Sohn Paul. In seiner Ge­burts­ur­kunde ist vermerkt, "… daß von der Esther, gerufen Elise, Mansfeld, geborene David, Ehe­frau des Kaufmanns Albert Mansfeld, beide mosaischer Religion, wohnhaft bei ihrem Ehe­manne, zu Hannover, Engelborsteler Damm 74, in der Wohnung ihres Ehemannes … ein Kind männlichen Geschlechts geboren worden sei, welches die Vornamen Marcus Paul erhalten habe. …".

Am 28. August 1881 wurde das zweite Kind, die Tochter Bertha, geboren. Es folg­­ten Sohn Otto am 7. März 1884 und die Tochter Martha am 13. Januar 1886. Als letztes Kind kam am 28. Februar 1890 die Tochter Clara zur Welt. Elise Mansfeld war jetzt 35 Jahre alt. Ab 1890 zog die Familie in Hannover einige Male um. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahr­hunderts verließen alle Mitglieder der Familie Mansfeld nach und nach Hannover.

Elise und Albert Mansfeld zogen mit Clara am 1. April 1905 zunächst nach Neuruppin. Etwa ab 1909 lebten sie in Boxhagen-Rummelsburg, einem Vorort von Berlin. Albrecht Mansfeld war, wie schon in Hannover, im Adressbuch als Kaufmann verzeichnet.

Spätestens seit 1913 wohnten sie in Berlin in der Graudenzer Straße 2. In diesem Jahr starb Albert Mansfeld. Elise Mansfeld war mittlerweile 59 Jahre alt. Sie blieb noch etwa zwei Jahre in der Wohnung und lebte dann in der in der Nähe gelegenen Gubener Straße 13. Hier wohn­te sie etwa 20 Jahre bis 1938. Am 1. Juli 1938 zog sie im Alter von 83 Jahren zu ihrer in Hamburg lebenden Tochter Bertha und deren Ehemann in den Hofweg 9. Hier wohnte sie die letzten fünf Jahre ihres Lebens, bis sie am 23. Juni 1943 nach Theresienstadt deportiert wurde und dort am 2. Oktober 1943 starb.

Elise Mansfelds jüngere Schwester Jette, geboren 1861, erlitt ein ähnliches Schicksal. Sie wur­de am 3. Oktober 1942 von Berlin aus nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 3. Februar 1943.

Was wurde aus Elise Mansfelds Kindern?

Der älteste Sohn Paul machte eine kaufmännische Ausbildung in Hannover. Seit 1907 lebte er mit seiner ersten Frau in Berlin. Diese Ehe wurde ungefähr 1926 geschieden.

Paul Mans­feld heiratete seine zweite Frau Thea im Februar 1935 in Berlin. Er wurde vom 18. Juni bis 12. September 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Am 3. Februar 1939 meldete er sich zusammen mit seiner Frau bei der polizeilichen Meldebehörde in Berlin nach Paris ab, wo sie ihre Visen für die USA abwarten wollten. Nach Kriegsbeginn wurden sie in Frankreich interniert. Als die Visen endlich vorlagen, war eine Ausreise aus einem französischen Hafen nicht mehr möglich. Zu Fuß flohen beide über die Pyrenäen nach Spanien und weiter nach Lissabon. Von dort aus fuhren sie im Mai 1941 mit dem Schiff in die USA zu Thea Mansfelds Tochter aus erster Ehe. Paul Mansfeld starb im Juli 1963 in den USA.

Die Tochter Bertha wurde im Alter von 26 Jahren am 13. Februar 1908 in Hannover von ihrer Tante Sophie, der Schwester von Elise Mansfeld, und deren Ehemann Benjamin Biene Bar­ge­boer adoptiert. Bertha Bargeboer lebte spätestens seit 1914 in Hamburg. Auch ihre Adoptiv­eltern lebten hier für einige Jahre. Als Dentistin betrieb Bertha Bargeboer mehrere Jahre eine Zahnpraxis. Am 26. Juni 1917 heiratete sie Arnold Adolf Wilhelm Welschen, Kaufmann und Fotograf. Er zog in die Wohnung seiner Frau am Steindamm, in der sie noch viele Jahre wohnten. Sie lebten dann einige Jahre im Graumannsweg und zogen im Oktober 1936 in eine große Wohnung im Hofweg 9, in die dann 1938 auch Elise Mansfeld einzog, die von hier aus deportiert wurde. Bertha Welschen-Bargeboers nichtjüdischer Ehemann musste von Ende Oktober 1944 bis Ende April 1945 Zwangsarbeit leisten – wie alle "jüdisch Versippten". Er war auf dem Ohlsdorfer Friedhof eingesetzt. Dort lebten sie in einem bewachten Lager und leisteten schwere Arbeit: sie rodeten Bäume, harkten Erde und hoben immer wieder Gräber für KZ-Häftlinge aus Neuengamme aus. Hinzu kam die Angst um den jüdischen Ehe­partner, der schutzlos zurückgeblieben war.

Bertha Welschen-Bargeboer schrieb in einem Unterstützungsantrag im März 1946: "Ich stand unter dem dauernden seelischen Druck, abgeholt zu werden. Meine Mutter, meine Schwes­ter und mein Bruder wurden nach dem Osten evakuiert, von wo sie nicht zurückgekehrt sind." Bertha starb am 19. April 1948 in Hamburg.

Otto Mansfeld war von Beruf Kellner. Er heiratete im April 1906 in Hannover. Das Ehepaar zog im Juli 1907 nach Berlin-Rummelsburg. Über den weiteren Verlauf dieser Ehe ist nichts bekannt. Otto Mansfeld lebte bis zu seiner Deportation in Berlin, von 1924 bis 1940 in Neu­kölln in der Emser Straße. Er wurde am 27. November 1941 von Berlin aus nach Riga deportiert. Das Bundesgedenkbuch weist aus, dass er dort am 30. November 1941 gestorben ist. Vom Berliner Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wurde er 1955 mit dem 31. Dezember 1945 für tot erklärt.

Die Tochter Martha Mansfeld meldete sich von Hannover am 11. März 1906 nach Hassel­felde/Harz ab. Als Beruf ist "Verkäuferin und Stütze" bei der Abmeldung angegeben. Über ihren weiteren Lebensweg ist nur wenig bekannt. Sie lebte später in Berlin. Sie heiratete, ihr Ehename war Gottberg. Die Ehe wurde geschieden. Von Berlin aus wurde sie am 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Martha Gottberg, geb. Mansfeld, wurde für tot erklärt.

Die jüngste Tochter Clara machte in Hannover eine Ausbildung zur Putzmacherin. Mit ihren Eltern zog sie 1905 nach Neuruppin. Sie heiratete am 4. März 1922 in Berlin den nichtjüdischen Fritz Ambos. Diesen lernte sie wohl in der Gubener Straße 13 kennen, wo sowohl ihre Mutter als auch die Mutter von Fritz Ambos wohnten. Clara und Fritz Ambos wohnten spätestens seit 1927 in Berlin SO 36 in der Cuvrystraße 36. Clara Ambos musste ihre Arbeits­stelle als Putzmacherin auf Veranlassung der Gestapo zum 1. April 1943 aufgeben und den Betrieb verlassen. Auch ihr Mann hatte unter Repressalien zu leiden, weil seine Frau Jüdin war. Fritz Ambos starb im Juni 1949. Clara Ambos, geb. Mansfeld, die weiterhin in der Cuvrystraßr 36 wohnte, ist am 14. November 1970 gestorben.

© Ingrid Budig

Quellen: 5; 8; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 726 + 871/1915; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 878 + 385/1924; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 1281 + 378/1948; StaHH 332-5, Personenstandsunterlagen, 3753 + 185/1917; StaHH 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 15.10.54 Mansfeld, Elise; StaHH 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 28.08.81 Welschen, Bertha; StaHH 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 22.04.86 Welschen, Wilhelm; StaHH 522-1, Jüdische Gemeinde, 992e; StaHH 741-4, Fotoarchiv, K 2401 L; StaHH 741-4, Fotoarchiv, K 2416 L; Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Abt. I –Entschädigungsbehörde, Berlin, Reg.Nr. 773, 61.631, 327.509, 348.829, 348.830; Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Sign. P 2 Nr. 237, 239; Stadtarchiv Rahden , Sign. A 416, A 417, A 831, A 832; Stadtarchiv Hannover; AB 1914 bis 1919, 1927, 1938; AB Berlin, 1908, 1909, 1910, 1911, 1912, 1913, 1914, 1915, 1917, 1918, 1920, 1924,1925,1927, 1928, 1935, 1938; Meyer: "Sonderkommando J", S. 102ff.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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