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Walter Mieloszyk * 1927

Immanuelstieg 3 (Hamburg-Mitte, Veddel)


HIER WOHNTE
WALTER MIELOSZYK
JG. 1927
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
9.12.1943

Walter Paul Mieloszyk, geb. am 18.11.1927 in Hamburg, Selbstmord am 9.12.1943 in Hamburg

Veddel, Immanuelstieg 3

Der Kochlehrling Walter Mieloszyk gehört zu der Gruppe von Homosexuellen, die vermutlich aus Angst vor einer Verurteilung nach § 175 Selbstmord begangen haben. Lediglich der Polizeibericht über das Auffinden seiner Leiche kann heute noch Hinweise auf sein Schicksal geben.

Walter Mieloszyk wurde als Sohn des Vorarbeiters im Hamburger Hafen, dem "Hafenviez" Edmund Mieloszyk, und der Marie, geb. Meyer, geboren. Nach der Schulentlassung arbeitete er für eineinhalb Jahre beim Finanzamt, was ihm anscheinend nicht zusagte, da er dieser Arbeitsstelle Ende 1943 fernblieb und sechs Wochen vor seinem Tod mit einer Kochlehre in dem Harburger Café Gloria begann.

In der Nachbarschaft war Walter Mieloszyk zwar als "leichtsinnig", aber auch als "ein höflicher und zuvorkommender" Junge bekannt. Die Familienverhältnisse wurden von der Mutter des Jungen gegenüber der Polizei als "zerrüttet" bezeichnet, durch eheliche Streitigkeiten sei die Erziehung der Kinder beeinträchtigt worden, nach Einberufung des Vaters zur Wehrmacht hätte die Mutter noch weniger Einfluss auf den Sohn gehabt.

Am 9. Dezember 1943 vergiftete sich Walter Mieloszyk in der Küche der elterlichen Wohnung im Immanuelstieg 3 im zweiten Stock mit Leuchtgas. Seine Mutter sagte einem Revieroberwachtmeister, dass ihr Sohn "mit perversen Männern Verkehr hatte". Einen Tag später gab sie über ihren Sohn zu Protokoll: "Er ging seine eigenen Wege und ließ sich nicht leiten. Sein ganzes Wesen entsprach nicht dem eines Jungen. Oftmals habe sie festgestellt, daß er sich die Kleider und Wäsche seiner verstorbenen Schwester angezogen habe. Eine Erklärung habe er hierfür nie geben können. Auf Grund dieser Feststellungen habe sie vermutet, daß er anormal veranlagt sei und Männerfreundschaften unterhalten könne. Eine nähere Begründung oder Beweise konnte die Mutter nicht angeben. Aufgefallen sei ihr nur, daß der Junge oftmals Briefe ohne Absender mit Zigaretten bekam. Den Absender habe sie nie ermitteln können und der Junge habe nie darüber Äußerungen fallen lassen."

Walter Mieloszyk war der Polizei nicht als Strichjunge bekannt, die Kriminalpolizei hielt es aber für durchaus möglich, dass er sich in "derartigen Kreisen" bewegt hatte und dieses der Grund für den Selbstmord war.

© Bernhard Rosenkranz(†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaH, 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Sterbefälle, 1695/43; Rosenkranz u. a., Homosexuellen-Verfolgung, S. 237.

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