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Richard Runge * 1890

Bullerdeich Ecke Salzmannstraße (Hamburg-Mitte, Hammerbrook)


HIER WOHNTE
RICHARD RUNGE
JG. 1890
VERHAFTET 1934
'VORBEREITUNG HOCHVERRAT'
KZ FUHLSBÜTTEL
TOT AN HAFTFOLGEN
22.1.1938

Richard Runge, geb. 21.1.1890 Jägerhof/Mecklenburg, gestorben am 22.1.1938 in Hamburg

Bullerdeich/Ecke Salzmannweg (Bullerdeich 34)

Richard Runge stammte von dem Gut Jägerhof nördlich von Waren an der Müritz in Meck­lenburg. Er besuchte die Dorfschule in Garwitz bei Parchim und arbeitete anschließend in der elterlichen Landwirtschaft. 1908 zog er nach Hamburg und suchte sich eine Arbeitsstelle im Hafen. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine Berufstätigkeit: Im September 1915 wurde er zum Militär eingezogen, kämpfte an der Ostfront und kehrte schwer verwundet zurück. Nach seiner Wiederherstellung wurde er an der Westfront eingesetzt, wo er 1917 in französische Gefangenschaft geriet, aus der er 1920 nach Deutschland zurückkehrte. Er wurde mit dem Mecklenburgischen Verdienstkreuz geehrt.

Richard Runge zog nach Hammerbrook in die Süderstraße 90, wo auch die am 29. Novem­ber 1891 in Löbau (Sachsen) geborene Selma Israel wohnte. Sie heirateten am 23. Dezember 1920 und zogen zum Bullerdeich 34. 1921 kam ihre Tochter zur Welt.

Richard Runge gehörte der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) an und trat 1926 der SPD sowie dem Reichsbanner bei. Nach deren Verbot 1933 beteiligte er sich an den Bestre­bun­gen zum Wiederaufbau der SPD und der Wiederherstellung eines organisatorischen Zusam­menhalts der Genossinnen und Genossen, u. a. durch die Annahme und Verteilung von Schriften wie den "Ro­ten Blättern" und der "Sozialistischen Aktion" und von Flugblättern. Erlöse aus dem Ver­kauf von Schriften, eigene Beiträge und Spenden zugunsten der Angehörigen von "Schutz­haft­gefangenen" führte er an den Unterkassierer Emil Wellke ab. Vom 12. Oktober bis 21. De­zember 1934 saß er im KZ Fuhlsbüttel in "Schutzhaft". Über die Zeit bis zur Eröffnung des Verfahrens im April 1935 gegen "Wellke und Genossen", das erste des Prozesses "Mehnke und Genossen" gegen 94 Sozialdemokraten im Jahre 1935, ist nichts bekannt; vermutlich ging die "Schutz"- in Untersuchungshaft über.

Angeklagt mit Richard Runge wurden 13 Per­so­nen wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" und "Verstoß gegen das Gesetz gegen die Neu­bildung von Parteien vom 14. Juli 1933". Die Anklage stützte sich auf Inhalte der oben genannten Schriften, die Gewalt als Mittel zur Änderung der Verfassung des Reichs zuließen, und wertete die Geldsammlungen in demselben Sinne als Mittel, um den gewaltsamen Um­sturz des Reiches zu erreichen. Richard Runges Erklärung, sie dienten allein dem wohltätigen Zweck der Unterstützung der Angehörigen der "Schutzhaftgefangenen", ließ der Untersu­chungsrichter nicht gelten. Am Ende der Verhandlung hieß es "schuldig zumindest wg. Wie­deraufbaus der SPD". Der Ausgang des Verfahrens ist nicht bekannt. Richard Runge überstand die Haft, starb aber am 22. Januar 1938 im Elisabeth-Krankenhaus an den Haftfolgen.

Selma Runge starb am 27./28. Juli 1943 im "Feuersturm". Ihre Tochter erlebte das Kriegs­ende.

© Hildegard Thevs

Quellen: VAN-Totenliste 1968; StaH, 332-5 Standesämter, 3387+949/1920; 8152+41/1938; FZH Archiv, 8338, SPD 1933–1945; Für Freiheit und Demokratie, Hamburg 2003.

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