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Bereits verlegte Stolpersteine



Ernst Wassermann * 1889

Eppendorfer Weg 258 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
ERNST WASSERMANN
JG. 1889
MEHRMALS VERHAFTET
ZULETZT 1937
KZ FUHLSBÜTTEL
TOT AN HAFTFOLGEN
2.8.1938

Weitere Stolpersteine in Eppendorfer Weg 258:
Hans Wassermann

Ernst Wassermann, geb. 12.11.1889, gestorben am 2.8.1938 im Israelitischen Krankenhaus Hamburg
Hans Wassermann, geb. 29.7.1893, gestorben am 12.2.1940 in der "Heil- und Pflegeanstalt" Langenhorn

Eppendorfer Weg 258

Ernst und Hans Wassermann kamen am 12. November 1889 bzw. am 29. Juli 1893 in Posen als Söhne des Kaufmanns Georg Wassermann und Lina, geb. Wolf, zur Welt. Die Brüder besuchten in Posen das Gymnasium. Der ältere Ernst beendete das Gymnasium nach der Obersekunda und absolvierte anschließend eine kaufmännische Lehre. Er arbeitete im väterlichen Lebensmittelvertrieb und bis zur Einberufung 1915 bei einer Filiale der Deutschen Bank in Posen. Der jüngere Hans studierte nach dem Abitur in Heidelberg, Berlin und Breslau Jura.

Beide Brüder kämpften im Ersten Weltkrieg und erhielten jeweils das Frontkämpferehrenkreuz. Hans Wassermann brach sein durch den Krieg unterbrochenes Studium 1922 ab, da die wirtschaftliche Lage des Vaters nach der Abtretung Posens an Polen eine Finanzierung nicht mehr ermöglichte. Die Familie zog dann nach Hamburg. Auch Hans arbeitete nun im kaufmännischen Bereich, zeitweilig als Vertreter in Düsseldorf, und war seit 1930 aufgrund der Wirtschaftslage ohne feste Arbeit. Seinem Bruder Ernst erging es ähnlich, er war zuletzt 1931 als Straßenbahnschaffner bei der Hamburger Hochbahn beschäftigt, bevor er arbeitslos wurde.

Beide Brüder waren homosexuell veranlagt, was sie jedoch lange Zeit auch voreinander zu verbergen suchten. Ernst Wassermann wurde erstmals 1925 wegen einer "gemeinschaftlichen öffentlichen Erregung eines Ärgernisses" angeklagt, jedoch vom Amtsgericht Hamburg wegen verminderter Zurechnungsfähigkeit nach § 51 StGB freigesprochen. 1933 stand er zu­dem vor dem Sondergericht Hamburg wegen "Verbreitung unwahrer Behauptungen über die Regierung", die zu zehn Tagen Gefängnis führten. 1935 wurde er Opfer einer Denunziation eines jugendlichen SA-Scharführers. Trotz zunächst einvernehmlicher sexueller Handlungen wurde er wegen "Beleidigung" mit 2 Monaten Gefängnis bestraft.

Am 9. März 1937 wurden beide Brüder sowohl wegen Vergehen nach § 175 als auch wegen eines Betrugsvorwurfs in "Schutzhaft" ins KZ Fuhlsbüttel eingewiesen. Die Brüder sollten mit Genusswaren gehandelt haben (u. a. Schokolade und Kaffee), die sie von der Jüdischen Gemeinde bezogen haben sollten; zudem wurde ihnen zur Last gelegt, das Arbeitsamt und die Fürsorgebehörde betrogen zu haben, weil sie erzielte Einkünfte und auch die vorhandene Erbmasse von Seiten der Mutter den Behörden nicht bekanntgegeben hatten. Aufgeflogen war der Handel nach einer Nennung von Hans Wassermann durch dessen damaligen Partner Siegfried Elkeles bei einem Polizeiverhör. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung beschlagnahmte die Polizei nicht nur Handelswaren, sondern auch persönliche Fotografien, die Hans Wassermann u. a. mit Arthur Hansen zeigten, mit dem er seit 1928 ein festes Freundschaftsverhältnis unterhalten hatte.

Ernst Wassermann musste erniedrigende Verhöre und vermutlich Misshandlungen über sich ergehen lassen, bevor er schließlich wegen fortgesetzten Vergehens nach § 175 sowie wegen Heimtücke zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Die Haft wurde am 17. Januar 1938 durch seine Überführung ins Israelitische Krankenhaus unterbrochen, in das er wegen eines angeblichen Leberleidens eingeliefert wurde. Dort starb er am 2. August 1938.

Hans Wassermann wurde zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren Gefängnis verurteilt, die er in Fuhlsbüttel absaß. Noch 1938 versuchte sein Anwalt mittels eines Gnadengesuchs seine Entlassung aus der Haft zwecks Auswanderung zu erreichen, zumal er sich am Tod seines Bruders schuldig fühlte und in Fuhlsbüttel auch einen Selbsttötungsversuch unternommen hatte. Aber auch Hans Wassermann war zu diesem Zeitpunkt durch die vorangegangene Haftzeit und Verhöre körperlich am Ende, sodass er Ende Januar 1939 in Unterbrechung der Strafzeit in die "Heil- und Pflegeanstalt" Langenhorn überführt wurde, wo er am 12. Februar 1940 verstarb.

© Ulf Bollmann

Quellen: 1; StaH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 3674/35, 4495/37, 6072/37 und 3514/39; StaH, 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferungen 13 und 16.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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