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Porträt Alfons Ode, 44 Jahre alt
Alfons Ode, 44 Jahre alt
© Ev. Stiftung Alsterdorf, Archiv

Alfons Ode * 1895

Papenstraße 33 (Wandsbek, Eilbek)


HIER WOHNTE
ALFONS ODE
JG. 1895
EINGEWIESEN 1943
HEILANSTALT EICHBERG
"VERLEGT" 1943
HADAMAR
ERMORDET 15.11.1943

Alfons Ode, geb. am 3.12.1895 in Wandsbek, ermordet am 15.11.1943 in der Landesheilanstalt Hadamar

Papenstraße 33

Heinrich Friedrich Alfons Odes Eltern, der Tischler Heinrich Joachim Hans Ode und seine Mutter, Lina, geborene Kronenberg, wohnten in Wandsbek in der Schulgasse 7 und gehörten der evangelisch-lutherischen Kirche an. Sie hatten bereits zwei Töchter, als Alfons 1895 geboren wurde. Er besuchte die Volksschule in Wandsbek und verließ sie als einer der besten Schüler.

Der Vater war infolge eines Rückenmarkleidens gelähmt und starb 1905. Alfons verrichtete Botendienste, um die Mutter finanziell zu unterstützen, und setzte diese Tätigkeit nach Abschluss der Volksschule 1910 vollzeitlich drei Jahre lang beim Bankhaus M. M. Warburg & Co. K. G. fort. Dank seiner guten Leistungen stieg er in die Leitung des Sekretariats auf, bis er im August 1917 zum Heer eingezogen, aber nur im Schreibstubendienst eingesetzt wurde. In dieser Zeit infizierte er sich mit Syphilis und machte 1918 eine Salvarsanbehandlung durch. Wie sich später zeigte, brachte sie nicht die gewünschte vollkommene Heilung.

Am 12. Oktober 1920 heiratete Alfons Ode, auch Ohde geschrieben, die am 8. Juni 1894 in Hamburg geborene Carla Mühlig, die ebenfalls in Eilbek, Seumestraße 1, wohnte.

Das Ehepaar zog zu Alfons’ Mutter in die Papenstraße 33. Die beiden ältesten Kinder von Alfons und Carla Ode starben vor Vollendung des ersten Lebensjahres, die beiden jüngeren Söhne wuchsen gesund heran. Aber Alfons Ode infizierte seine Ehefrau mit Syphilis. Er selbst litt unter den Spätfolgen der Infektion, einer progressiven Paralyse, die ihn leicht in Erregung versetzte und gewalttätig werden ließ. Die Kinder wurden deswegen bei Verwandten untergebracht. Im Sommer 1933 verbesserte eine im Allgemeinen Krankenhaus Barmbek durchgeführte Malariakur seinen Zustand geringfügig. Die Warburg-Bank beschäftigte ihn mit entsprechend leichten Arbeiten weiter. Alfons Ode verhielt sich ruhig und unauffällig, solange er keinen Widerspruch erlebte.

Durch die Erkrankung seiner Frau wuchsen die häuslichen Schwierigkeiten, da Carla Ode den Haushalt nicht mehr bewältigte. Streitigkeiten arteten zu Tätlichkeiten, auch gegenüber der Mutter aus. Carla Ode lag im Allgemeinen Krankenhaus Barmbek, als im Mai 1934 ihr Mann dort zum zweiten Mal aufgenommen wurde. Nach wenigen Tagen wurde er auf drin­genden eigenen Wunsch entlassen. Carla Ode wurde in die Staatskrankenanstalt Friedrichsberg verlegt, wo sie am 7. Juli 1934 starb.

Einen Monat später wurde Alfons Ode selbst in Friedrichsberg eingewiesen. Bei seiner Aufnahme wirkte er vom Tod seiner Frau unberührt und bemerkte nur, dass nun seine Mutter den Haushalt führe, was eine Verbesserung mit sich brächte. Alfons Ode wurde zu ihr, die in den Eilbeker Weg 215 umgezogen war, entlassen. Seine Erregungszustände ließen nicht nach, weswegen er am 4. Juli 1935 in die damaligen Alsterdorfer Anstalten gebracht und dort im Wachsaal (s. Harry Becker) aufgenommen wurde. Nach kurzem Aufenthalt übernahm ihn der Oberpfleger H. Rath aus Volksdorf in Privatpflege. Alfons Ode genoss den sonnigen Herbstanfang auf dem Lande. Er war sehr freundlich und überschwänglich höflich, entwickelte jedoch neben der leichten Erregbarkeit Eigenheiten, die den Pfleger veranlassten, ihn am 31. Oktober 1935 wieder in die Staatskrankenanstalt Friedrichsberg zu bringen. Er aß zeitweise nichts und sammelte in seinem Koffer Kastanien, Gras und anderes Verderbliches. Dem aufnehmenden Arzt gegenüber schwärmte er von seiner "allerliebsten Mutter, die die zärtliche Güte besessen habe, ihn hierher zu begleiten". Um ihr den "herzlichen Wunsch zu erfüllen, mit ihr zusammenleben zu können", sei er nach Hamburg zurückgekehrt. Da er im Wesentlichen das alte Krankheitsbild bot, veranlasste der Arzt, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, seine Verlegung in die damaligen Alsterdorfer Anstalten. Nach den vielen Wechseln der vorangegangenen fünf Jahre wurde Alsterdorf ab dem 4. November 1935 sein Zuhause, an das er sich allmählich gewöhnte.

Für seine Söhne, sechs und zehn Jahre alt, verlief das Leben in geregelteren Bahnen. Alfons Odes beide Schwestern waren ebenfalls verheiratet, die jüngere mit einem Bruder seiner Frau. Dieser Schwager übernahm die Vermögensvormundschaft und bezahlte den Anstaltsaufenthalt aus Alfons Odes Rente und seiner Pension, die er sich als Bankbeamter erworben hatte. Alfons Odes wechselhafter Zustand blieb bestehen. Zu seinem Sammeltrieb gesellte sich ein Drang zum Schreiben, der jedoch nach zwei Jahren nachließ. Ende des Jahres 1937 wurde er als für den Waffendienst untauglich erklärt und 1941 ausgemustert.

Im Alltag der Anstalt half er eine Zeit lang bei der Reinigung des Schlafsaals, zog sich aber immer weiter in sich zurück. Bei seiner Aufnahme wog er bei einer Körpergröße von 175 cm 90,5 kg; bis März 1940 sank sein Gewicht nie unter 81 kg, dann jedoch auf 53 kg im Oktober 1942.

Bei den schweren Luftangriffen im Sommer 1943 verlor Alfons Mutter, Lina Ode, ihre Wohnung in Eilbek und fand zunächst in Tetschen/Elbe, später in Harburg eine Unterkunft. Alfons Ode wurde am 7. August 1943 zusammen mit 127 Kindern und Männern aus Alsterdorf abtransportiert und am folgenden Tag in der völlig überfüllten Heil- und Pflegeanstalt Eichberg aufgenommen. Als seine Mutter von der Verlegung erfuhr, plante sie, ihn dort zu besuchen, doch ihr Vorhaben scheiterte.

Am 12. Oktober 1943 wurde Alfons Ode in die Landesheilanstalt Hadamar verlegt, wo bis August 1941 im Rahmen von Aktion T4 Massentötungen von psychisch kranken oder behinderten Menschen mit­tels Kohlenstoffmonoxids durchgeführt worden waren. Danach diente Hadamar der dezentralen "Euthanasie", bei der individuell durch Nahrungsentzug, allgemeine Vernachlässigung und überdosierte Medikamentengaben getötet wurde. Im November 1943 schickte die Anstaltsleitung der Mutter ein "Verschlechterungsschreiben", in dem ihr ein Besuch genehmigt wurde. Es ist nicht überliefert, ob dieser Besuch stattfand. Kurz vor seinem 48. Geburtstag, am 15. November, starb Alfons Ode angeblich an einer Darmgrippe.

Sein Schwager überwies umgehend die Überführungskosten von 400 RM, so dass er auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg beigesetzt werden konnte. Lina Ode erhielt den Trauring ihres Sohnes und seine weitere persönlich Habe per Post zugeschickt. Sie starb am 1. April 1960.

Stand Februar 2014
© Hildegard Thevs

Quellen: Ev. Stiftung Alsterdorf, Archiv; V 98; StaH 332-5 Standesämter, 6580-724/1920; 7156-685/1934; 10118-925/1960; Wunder, Exodus in: Wunder, Genkel, Jenner, Auf dieser schiefen Ebene.

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