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Bereits verlegte Stolpersteine



Franziska Ottenstroer (geborene Benjamin) * 1869

Papenstraße 5 (Wandsbek, Eilbek)


HIER WOHNTE
FRANZISKA OTTENSTROER
GEB. BENJAMIN
JG. 1869
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
17.8.1943

Weitere Stolpersteine in Papenstraße 5:
Wilhelm Ottenstroer

Franziska Ottenstroer, geb. Benjamin, geb. 11.2.1869 in Hamburg, gestorben 17.8.1943 (Suizid)
Johannes Wilhelm Ottenstroer, geb. 24.9.1871 in Ahlen/Westfalen, gestorben 20.8.1943 (Suizid)

Papenstraße 5

Wilhelm und Franziska Ottenstroer, geborene Benjamin, heirateten am 11. Juni 1898 in Hamburg. Wilhelm war katholisch, Franziska entstammte einer jüdischen Familie. Sie gaben ihre Berufe zum Zeitpunkt der Eheschließung als Schneider bzw. Schneiderin an. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Walther, geboren am 31. Mai 1901.

In der Heiratsurkunde von 1899 wurde als Wilhelm Ottenstroers Adresse die Neustädter Fuhlentwiete 65 (heute: Fuhlentwiete), als Franziska Benjamins Adresse die Straße Kraienkamp 10 (heute: Krayenkamp), beide in Hamburg-Neustadt, festgehalten.

Die frühen Eintragungen im Hamburger Adressbuch könnten darauf hindeuten, dass beide Ehepartner ihren Lebensunterhalt selbstständig und unabhängig voneinander verdienten. Im Hamburger Adressbuch von 1899 findet sich ein W. Ottenstroer, der in der Straße bei den Hütten 46 wohnte und Zuschneider war. Das Hamburger Adressbuch von 1900 führt Franziska ebenfalls mit der Adresse bei den Hütten 46. Sie betrieb eine Schneiderinnen-Unterrichts-Anstalt. Ab 1901 wurden Franziska und Wilhelm Ottenstroer je für sich unter der Adresse Billhorner Röhrendamm 113 vermerkt, Wilhelm Ottenstroer mit dem Zusatz "Schuh- und Stiefellager". Für Franziska Ottenstroer ist jedoch keine Berufsbezeichnung enthalten. Ab 1908 kam als Wohnadresse Billhorner Röhrendamm 110, ab 1915 eine dritte Adresse, Sü­derstraße 164, hinzu. Die Geschäftsbezeichnung lautete 1909 "Schuhwaren". Über den Geschäftserfolg ist nichts bekannt. Nun wurde die Sophienstraße 29 (heute: Detlev-Bremer-Straße) in St. Pauli als Wohnadresse angegeben. Im Adressbuch von 1922 ist erstmals die Papenstraße 7 in Hamburg-Eilbek als Adresse der Familie Ottenstroer vermerkt. Diese Adresse galt bis zum Tode des Ehepaares im August 1943.

Franziska Ottenstroer wurde lt. Sterbeurkunde am 17. August 1943 in der Außenalster nahe Schwanenwik tot aufgefunden. Als Todesursache ist "Ertrinken. Selbstmord" vermerkt. Polizeiliche Aufzeichnungen hierzu existieren mit Ausnahme der Todesanzeige nicht.

Wilhelm Ottenstroer folgte seiner Frau nur wenige Tage später am 20. August 1943 in den Tod. Die polizeiliche Todesanzeige weist auch für ihn aus, er sei in der "Außenalster bei Schwanenwik" tot aufgefunden worden. Als Todesursache wurde ebenfalls "Ertrinken. Selbstmord." festgehalten. Die Polizeiaufzeichnungen vom 23. August 1943 sagen aus, das Haus Papenstraße 7 sei völlig ausgebrannt. "Es konnte deshalb nicht festgestellt werden, was Beweggrund für den Tod des Ottenstroer war."

Über die besonderen Lebensumstände und Bedrängnisse, die 1943 zu dem gemeinsamen Freitod führten, sind keine Informationen vorhanden. Die Aussagen des Sohnes Walther in der Wiedergutmachungsakte deuten aber darauf hin, dass die Familie erheblichen Repressalien und psychischen Belastungen ausgesetzt war. Dazu gehörten insbesondere sein eigenes Schicksal und eine Franziska Ottenstroer vielleicht drohende Deportation.

Das Wählerverzeichnis der jüdischen Gemeinde von 1930 weist aus, dass Walther Ottenstroer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bei seinen Eltern wohnte, sondern Winterhuder Weg 24. Er heiratete 1931 die 1902 in Berlin geborene Helene Lilian Schaufuß. Aus der Ehe ist der am 15. April 1932 geborene Sohn Gerhard hervorgegangen. Zu diesem Zeitpunkt wohnte das Ehepaar Walther und Helene Ottenstroer im Dohlenweg 17 in Hamburg-Barmbek.

Als die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland die Macht übernahmen, war Walther Ottenstroer fast 32 Jahre alt. Obwohl nach "rassischem Status" "Halbjude", wurde Walther wegen seiner Mitgliedschaft in der Jüdischen Gemeinde als "Geltungsjude" wie ein Jude behandelt. Dem gelernten Schuhmacher wurde sein Schuhmacherbetrieb Ende 1938 genommen. Ab 1. Januar 1939 wurde allen jüdischen Geschäftsleuten die wirtschaftliche Betätigung untersagt. Die Familie musste die Wohnung im Dohlenweg 17 aufgeben.

Noch im Jahre 1939 wurde Walther Ottenstroer zwangsweise zu Pflichtarbeiten in Harsefeld in der Nähe von Buxtehude herangezogen. Im Dezember 1940 erklärte Walther Ottenstroer seinen Austritt aus dem Jüdischen Religionsverband. Dies hielt die Nationalsozialisten nicht davon ab, ihn weiterhin mit Zwangsmaßnahmen zu überziehen, nun allerdings zu denen für die "Halbjuden", die als "Mischlinge ersten Grades" behandelt wurden: Ab 27. Oktober 1944 musste er sich in der im Hamburger Hafen gelegenen KZ-Außenstelle Dessauer Ufer im Speicher G zur Zwangsarbeit melden, die bis Januar 1945 andauerte. Am 14. Februar 1945 wurde Walther Ottenstroer vom Hannoverschen Bahnhof nach Theresienstadt deportiert, eine Maßnahme für in Mischehen lebende "Volljuden".

Er wurde dort der Schuhmacherei zugeteilt. Am 8. Mai 1945 wurde Walther Ottenstroer von der Roten Armee befreit.

Stand Februar 2014
© Ingo Wille

Quellen: 1; 7; AB; StaH 332-5 Standesämter 2907-639/1889, 7267-873/1943, 7267-874/1943, 13519-338/1931; 522-1 Jüdische Gemeinden 922e Deportationslisten; 331-5 Polizeiwesen – Unnatürliche Sterbefälle 1943/1269.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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