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Maximilian Hintze, August 1936
© Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf

Maximilian Hintze * 1876

Krausestraße 70 (Hamburg-Nord, Dulsberg)


HIER WOHNTE
MAXIMILIAN HINTZE
JG. 1876
EINGEWIESEN 7.8.1943
’HEILANSTALT’
EICHBERG
ERMORDET 8.9.1943

Maximilian Hintze, geb. 3.6.1876 in Groß Borstel, gestorben in der Heilanstalt Eichberg in Hessen am 8.9.1943

Krausestraße 70 (Ahrensburger Straße 70)

Maximilian Hintze wurde im Oktober 1923 in die damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) aufgenommen. Davor lebte er in der Ahrensburger Straße 70, heute Krausestraße, auf dem Dulsberg. Sein Vater, der Buchhalter Adolph Hintze, war 1918, seine Mutter, Dorothea Hintze, zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in die Alsterdorfer Anstalten verstorben. Maximilian Hintze hatte fünf Geschwister, die 1923 ebenfalls bereits verstorben waren.

Maximilians Vater hat ihm 50.000 RM hinterlassen, ein für die damaligen Verhältnisse nicht unerheblicher Betrag, der aber durch die galoppierende Inflation Anfang der 1920er Jahre schnell dahinschmolz. Maximilian Hintze wäre zu anderen Zeiten wahrscheinlich niemals Bewohner der Alsterdorfer Anstalten geworden. Seine Verwandten erklärten im Oktober 1923, sie hätten ihn unter normalen wirtschaftlichen Verhältnissen in ihrem Hause behalten, es sei ihnen aber zur Zeit gänzlich unmöglich, weiter für ihn zu sorgen. Im Oktober 1923 hatte die Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg nahezu ihren Höhepunkt erreicht. Brot kostete an einem Tag 200000 RM, am nächsten Tag das Doppelte. Wer seinen Lohn erhielt, versuchte dafür unverzüglich Lebensmittel zu kaufen, um wenigstens noch einen kleinen Gegenwert für das sauer verdiente Geld zu ergattern. Stunden später war der Wert des Lohnes bereits deutlich geringer. Im November 1923 beendete dann eine Währungsreform die horrende Geldentwertung, sodass sich die Verhältnisse allmählich stabilisierten. In dieser schwierigen Situation dürften die Verwandten gehofft haben, durch die Unterbringung in den Alsterdorfer Anstalten wenigstens die grundlegenden Bedürfnisse von Maximilian Hintze sichergestellt zu haben.

Er war, soweit dies angesichts der Heimunterbringung möglich war, in den folgenden Jahren immer gut in die Familie seiner Verwandten integriert. Dies lässt sich zumindest für die nächsten 12 Jahre aus der Häufigkeit seiner Beurlaubungen zu seinen Verwandten schließen.

Maximilian wurde als umgänglich und eher heiter beschrieben, er beschäftige sich gern, besorge gern kleine Wege, helfe willig im Haushalt. Er litt an einer schweren geistigen Behinderung, die es ihm nicht ermöglichte, Lesen und Schreiben zu lernen.

1941 wurde festgehalten, infolge seines Alters sei er für Arbeiten nicht mehr zu verwenden. Zu dieser Zeit war er 65 Jahre alt. Im Frühjahr 1943 wurde ihm erneut ein freundliches Wesen attestiert. Er sei bei seinen Mitpatienten sehr beliebt. In letzter Zeit sei er allerdings hinfällig geworden.

Am 7. August 1943 wurde er gemeinsam mit vielen anderen Patienten laut einer kurzen Notiz des Leitenden Oberarztes Dr. Kreyenberg "Wegen schwerer Beschädigung der Anstalt durch Fliegerangriff verlegt nach Eichberg". (Kreyenberg war 1943 neben dem Leiter der damaligen Alsterdorfer Anstalten, dem späteren Oberscharführer der SA Pastor Lensch, die zweite wichtige Person bei der Räumung der Alsterdorfer Anstalten von "nicht mehr verwendbaren" Bewohnern. Er war Vorstandsmitglied der Alsterdorfer Anstalten, gehörte seit 1933 der NSDAP und der SA an und betätigte sich für das Rassenpolitische Amt der NSDAP.) Maximilian Hintze muss immer schon ein schmächtiger Mann gewesen sein. Sein höchstes Gewicht erreichte er 1935/1936 mit bis zu 57 kg. Anfang 1942 wog er noch gut 55 kg. Eineinhalb Jahre später, im Juli 1943, war er auf 44 kg abgemagert.

Nur einen Monat nach seinem Abtransport aus Alsterdorf, am 8. September 1943, starb Maximilian Hintze. Es darf als sicher angenommen werden, dass er ermordet wurde.

Maximilian Hintzes Bestimmungsort, die damalige Landesheil- und Pflegeanstalt Eichberg, unweit von Eltville am Rhein gelegen, war eine der vielen so genannten Zwischenanstalten für die Tötungsanstalt Hadamar in der Nähe von Limburg an der Lahn. Die Ärzte sollen in der Heilanstalt bei regelmäßigen "Visiten" entschieden haben, welcher Patient als nächster ermordet werden sollte. Der jeweilige Patient erhielt dann am nächsten Morgen eine tödliche Spritze.

© Ingo Wille

Quellen: Evang. Stiftung Alsterdorf, Patientenakten der Alsterdorfer Anstalten, V7 (Maximilian Hintze); Michael Wunder/Ingrid Genkel/Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Hamburg 1987; Bericht über das "Aktive Museum Spiegelgasse", Wiesbadener Kurier vom 12.8.2008.

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