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Anna Keldorf * 1897

Hansaplatz 4 (Hamburg-Mitte, St. Georg)


HIER WOHNTE
ANNA KELDORF
JG. 1897
MEHRFACH VERHAFTET
ZULETZT 1942
FRAUENZUCHTHAUS AICHACH
ERMORDET 10.7.1943
AUSCHWITZ

Anna Margarethe Keldorf, geb. 20.6.1897 in Norburg (Nordborg) auf der Insel Alsen (Als), Dänemark, umgekommen im KZ Auschwitz am 10.7.1943

letzte Wohnadresse: Hansaplatz 4

Anna Keldorf war die Tochter des Malermeisters Thomas Keldorf und seiner Ehefrau Anna und wurde in der damals zum Deutschen Reich gehörenden Stadt Norburg (heute Nordborg, Dänemark) auf der Insel Alsen (Als) geboren. Sie war evangelischer Konfession und ist nach ihren eigenen Schilderungen als Kind bei ihrem Großvater, einem Uhrmacher, aufgewachsen – zu ihren Eltern hatte sie stets ein schwieriges Verhältnis.

Schon als junges Mädchen ging sie in Bauernhaushalte zur Anstellung als Haushaltshilfe. Dort entwickelte sich bei ihr ein Hang, Gegenstände, die zum Haushalt ihrer Arbeitgeber gehörten, zu entwenden. Von 1917 bis 1933 wurde sie wegen Diebstahls, Unterschlagung und Betrugs in verschiedenen Orten Norddeutschlands siebzehnmal zu kürzeren Haftstrafen nicht über einem Jahr verurteilt.

Seit Ende der 1920er Jahre hat sie sich überwiegend in Hamburg aufgehalten und, wenn sie nicht inhaftiert war, zumeist in Privathaushalten gearbeitet. Im September 1933 wurde sie wegen Diebstahls vom Amtsgericht Hamburg zu sechs Monaten verurteilt. Nach ihrer Haftentlassung im März 1934 blieb sie nicht lange in Freiheit, da sie vom selben Gericht im Januar 1935 erneut wegen Diebstahls zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt wurde, das sie bis Weihnachten desselben Jahres absaß.

Bei ihrer Entlassung stellte man sie diesmal unter Polizeiaufsicht und vermittelte sie in eine Unterkunft bei einer Zimmervermieterfamilie namens Liefland am Hansaplatz 4. Mitte Februar 1936 sollte sie sich zur "ärztlichen Untersuchung im Frauenlager Barmbek" melden, was sie jedoch unterließ. Stattdessen meldete sie ihren Wohnsitz nicht mehr an und begann, sich der Polizeiaufsicht zu entziehen.

Sie begann nun wieder ein Leben mit häufigen Wohnsitzwechseln, zumeist in Privathaushalten bei alleinstehenden Frauen, denen sie erzählte, dass sie unverschuldet in eine Notlage geraten sei und dass sie gerne bei ihnen zu Hause arbeiten würde. Nach jeweils kurzen Aufenthalten in den Haushalten, oft im Stadtteil Hammerbrook, stahl sie ihren Wirtinnen Haushaltsgegenstände und Wertsachen und verschwand. Im Sommer 1936 soll sie im "Strandbad Jungbrunnen" in Eidelstedt als Aushilfe gearbeitet haben.

Aufgrund von Anzeigen der von ihr geschädigten Frauen wurde sie schließlich am 4. September von der Polizei verhaftet und zwei Tage später in das U-Haftgefängnis am Sievekingplatz eingeliefert. Obwohl sie laut Beurteilung der Justizvollzugsverwaltung in der Haft als "gute Gefangene" galt, die "völlig ruhig und arbeitsam ... , fleißig und interessiert" war, wurde sie vom Amtsgericht Hamburg im November 1937 nicht nur mit zwei Jahren Zuchthaus bestraft, sondern obendrein "Sicherungsverwahrung" nach Verbüßung der Strafe angeordnet, da das Gericht sie als eine "gefährliche Gewohnheitsverbrecherin" einstufte, eine Beurteilung, die im Berufungsverfahren vom Landgericht Hamburg im Februar 1938 bestätigt wurde.

Ihre Strafe verbüßte sie ab März 1938 in der Frauenstrafanstalt Lübeck-Lauerhof ebenso wie die anschließende Sicherungsverwahrung, die bis Oktober 1942 regelmäßig verlängert wurde, da man im Haftprüfungsverfahren, zuletzt am 3. Oktober 1942 durch den Generalstaatsanwalt in Kiel, ihre Freilassung mit der Begründung ablehnte, dass "der Zweck der Unterbringung noch nicht erreicht" sei. Am 28. desselben Monats verlegte man sie in das "Frauenzuchthaus und Verwahrungsanstalt" Aichach in Oberbayern. Nach genau einem halben Jahr Haft in Aichach wurde sie auf Anordnung des Reichsjustizministeriums "der Polizei übergeben". Es ist zu vermuten, dass Anna Keldorf damit in die Fänge der SS geriet und bald darauf nach Auschwitz deportiert wurde, wo sie am 10. Juli 1943 ums Leben kam.

© Benedikt Behrens

Quelle: StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl. 13 und 2000/1; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen; Schreiben des Museums Auschwitz-Birkenau v. 30.6.2005 und E-Mail dess. v. 5.8.2005.

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