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Bereits verlegte Stolpersteine



Chaja Ester Schulz (geborene Rappaport) * 1894

Bremer Straße 103 a (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
CHAJA ESTER
SCHULZ
GEB. RAPPAPORT
JG. 1894
"POLENAKTION" 1938
BENTSCHEN / ZBASZYN
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

Weitere Stolpersteine in Bremer Straße 103 a:
Meier Schulz, Nathan Naftalie Schulz

Chaja Ester Schulz, geb. Rappaport, geb. am 4.9.1894 in Dolina, ausgewiesen nach Zbaszyn am 28.10.1938
Meier Schulz, geb. am 22.1.1889 in Bohorodczany, ausgewiesen nach Zbaszyn am 28.10.1938
Nathan Naftalie Schulz, geb. am 17.11.1930 in Hamburg, ausgewiesen nach Zbaszyn am 28.10.1938

Bremer Straße 103 a

Wer hätte bei diesem Familiennamen gedacht, dass Nathan Schulz´ Eltern aus Osteuropa stammten? Sein Vater hatte im damals österreichischen Galizien (heute Ukraine) das Licht der Welt erblickt, und die Mutter war in Ungarn aufgewachsen. Mehr ist leider über die Lebenswege seiner Eltern, bevor sie nach Harburg kamen und hier an den Gottesdiensten in der 1863 errichteten Synagoge in der Eißendorfer Straße teilnahmen, nicht bekannt. Auch über die Kindheit ihres Sohnes Nathan, der in Harburg die Grundschule besuchte, konnten bisher keine Aufzeichnungen gefunden werden.

Die Judenfeindschaft, die Ester und Meier Schulz seit den Tagen ihrer Geburt – in ihrer alten Heimat und später vor allem in Deutschland – erlebt hatten, erreichte ihren bis dahin traurigsten Höhepunkt, als sie am 28. Oktober 1938 ohne Vorwarnung von der Polizei verhaftet und mit ihrem Sohn nach Hamburg gebracht wurden. Noch in der gleichen Nacht schob die Polizei sie wie ca. 17.000 Schicksalsgenossen zumeist polnischer Herkunft in einer reichsweiten Aktion in das östliche Nachbarland ab. An zwei Grenzübergängen wurden sie auf polnisches Gebiet getrieben und dort ihrem weiteren Schicksal überlassen. Die polnische Regierung protestierte in aller Schärfe gegen diese unangekündigte Willkürmaßnahme und internierte die Abgeschobenen zunächst in mehreren Lagern im Grenzgebiet. Dort blieben sie bis zu deren Auflösung im Sommer 1939, sofern sie nicht vorher eine Erlaubnis zur Ausreise ins Ausland oder eine Einladung zum Verbleib bei polnischen Verwandten vorweisen konnten.

Nach dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 verlieren sich die Spuren der meisten Ausgewiesenen in einem der unzähligen Gettos, die kurz danach im ganzen Land von den deutschen Besatzungsbehörden errichtet wurden. Auch über das weitere Schicksal der Familie Schulz nach der Besetzung Polens ist nichts bekannt. Alle nachträglichen Bemühungen um Auskunft über ihre etwaige Überstellung in eines der vielen Gettos und die genauen Umstände ihrer Ermordung verliefen bisher erfolglos.

Stand Dezember 2015

© Klaus Möller

Quellen: Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Jürgen Sielemann, Paul Flamme (Hrsg.), Hamburg 1995; Gedenkbuch. Opfer der Verfolgung der Juden unter der national-sozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945, Bundesarchiv (Hrsg.), Koblenz 2006; Yad Vashem. The Central Database of Shoa Victims´ Names: www.yadvashem.org; Staatsarchiv Hamburg, Magistrat Harburg-Wilhelmsburg, 430-5 Religionswesen, Synagogengemeinde; Harburger Adressbuch 1930; Beate Meyer (Hrsg.), Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933–1945. Geschichte. Zeugnis. Erinnerung, Hamburg 2006; Linde Apel (Hrsg.), In den Tod geschickt, Hamburg 2009.

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