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Bereits verlegte Stolpersteine



Dr. Gustav Hoffmann * 1883

Ifflandstraße 8 (Hamburg-Nord, Hohenfelde)


HIER WOHNTE
Dr. GUSTAV
HOFFMANN
JG. 1883
FLUCHT 1939
ENGLAND
TOT 19.9.1940
BOMBENANGRIFF LONDON

Weitere Stolpersteine in Ifflandstraße 8:
Gertrud Hoffmann, Ina Löwenthal

Dr. med. Gustav Hoffmann, geb. 17.5.1883 in Hamburg, am 19.9.1940 bei einem Bombenangriff in London gestorben
Gertrud Hoffmann, geb. Weiss, geb. 5.1.1891 in Berlin, am 19.9.1940 bei einem Bombenangriff in London gestorben

Ifflandstraße 8 (nahe der ehemaligen Arztpraxis)

Gustav war der älteste von drei Söhnen des Handelsvertreters Louis Hoffmann und seiner Frau Johanna, geb. Magnus. Die Familie wohnte in der Gneisenaustraße 48. Louis Hoffmann starb 1927 mit 77 Jahren, Johanna lebte bis 1930.

Gustavs Brüder Max und Hans Hoffmann wurden wie der Vater Handelsvertreter. Die drei blieben in Hamburg ansässig. Gustav Hoffmann betrat beruflich Neuland. Er studierte und wurde Arzt. 1909 ließ er sich in Hamburg als praktischer Arzt und Geburtshelfer nieder. Die Praxis ging gut. Über seine Frau ist leider nichts bekannt, außer dass sie sein Leben geteilt hat und mit ihm umkam.

Während des Nationalsozialismus unterlagen die Eheleute den immer restriktiveren Gesetzen. Gustav Hoffmann konnte zwar seine Praxis 1933 noch weiterführen, weil er Kriegsteilnehmer aus dem 1. Weltkrieg und "Altarzt" war. So wurden in der Terminologie des Nationalsozialismus Ärzte bezeichnet, die, im Unterschied zu 'Jungärzten', deren NS-Ärzteorganisation 1933 entstand, ihren Beruf bereits vor Entstehen der neuen Organisation ausgeübt hatten, wie Gustav Hoffmann seit 1909.

Dessen Sohn, Kurt Leopold Hoffmann, geb. 21.9.1919 in Hamburg, beschrieb die letzten Jahre seiner Eltern in Hamburg: "Mein Vater war praktischer Arzt und Geburtshelfer und hatte eine große Kassen- und Privatpraxis in der Hammerbrookstraße 28. Wir bewohnten eine 5-Zimmerwohnung in der Borgfelderstraße 24, aber nachdem meinem Vater die Wohlfahrts- und Kassenpraxis entzogen wurde, konnte er nicht beides halten und gab die Wohnung und die Praxisräume auf und vereinigte sie in der Hammerbrookstraße 28. Die Privatpraxis meines Vaters kam (nach 1933) ebenfalls zum Stillstand, da Patienten, die ihn besuchen wollten, geschlagen und bedroht wurden. Da wir unter der Naziherrschaft dauernden Anpöbelungen ausgesetzt waren und in unserer Wohnung auch eine Haussuchung vorgenommen wurde, beschloss ich auszuwandern".

So verließ Kurt Leopold Hoffmann in der Untersekunda die Talmud Tora Schule und wanderte, vermittelt von Verwandten, im November 1935 nach Palästina aus.

Seine Schwester Hilde, zwei Jahre jünger als er, brach zwei Jahre später ebenfalls mit 16 Jahren in Hamburg ihre Schulausbildung ab und folgte im März 1937 nach Palästina. Sie schrieb zu ihrer letzten Hamburger Zeit: "Ich habe in Hamburg die Loewenberg-Schule und danach die Realschule in der Karolinenstr. besucht. Diese Schule war von unserer Wohnung weit entfernt und lag in einer Gegend wo keine Juden wohnten. Ich wurde daher auf dem Schulweg von der Hitlerjugend so belästigt und angepöbelt, dass ich die Schule auf der Untertertia im Dezember 1936 verlassen musste.

Der ursprüngliche Berufswunsch beider Kinder, Medizin zu studieren, blieb unerfüllt.

Wie erwähnt, verlor Gustav Hoffmann 1935 die 'Wohlfahrtspraxis'. D.h. er konnte keine Patienten mehr behandeln, für die die Wohlfahrtsbehörde wie bisher der Kostenträger war. Dadurch ging die Zahl seiner Patienten zurück, denn die Praxis lag in Hamm, d.h. in einem Stadtteil mit vielen bedürftigen Patienten.

Mit dem 1.1.1938 "erlosch" für Gustav Hoffmann dann die Ersatzkassenpraxis. Die Approbation als Arzt wurde am 30.9.1938 entzogen. Gustav Hoffmann musste einen Teil seiner Möbel verkaufen. Das Ehepaar zog dann zur Untermiete zu Baruch, Abendrothsweg 72.

Schließlich wanderten sie Anfang Juli 1939 nach England aus. Als Gustav Hoffmann dort das beantragte Visum für die USA nicht erhielt, versuchte er nach Palästina weiter zu wandern, doch am 19.9.1940 in London bei einem Bombenangriff ums Leben.

Gustav Hoffmann hatte seine ärztliche Einrichtung und den größten Teil der Wohnungseinrichtung in einen Lift (Holzcontainer) gepackt. Dieser wurde im Hamburger Hafen zurück gehalten, weil angeblich Steuerrückstände bestanden, ungeachtet der bereits bezahlten Frachtkosten. Der Inhalt des Containers wurde stattdessen am 21. Mai 1942 versteigert. Dazu hieß es in dem Formular "Die zur Versteigerung gelangenden Gegenstände werden freiwillig verkauft." Zum Zeitpunkt der Versteigerung waren Gustav Hoffmann und seine Frau bereits seit anderthalb Jahren tot.

Für Gustavs Brüder sind ebenfalls Stolpersteine verlegt: Für Max Hoffmann in der Brahmsallee 6 und für Hans Hoffmann in der Rappstraße 13.

Stand: März 2017
© Ulrike Martiny Schüddekopf

Quellen: StaH 351-11 6504, Wiedergutmachungsakte Dr. Gustav Hoffmann; StaH 214-1 359, Dr. Gustav Hoffmann; Transportcontainer mit Praxiseinrichtung und Möbeln – Versteigerung; StaH 522-1, 992, Kultussteuerkarten für 1920–1935 und 1936–1939; div. Adressbuch von Hamburg; von Villiez, Anna, Mit aller Kraft verdrängt. Entrechtung und Verfolgung "nicht arischer" Ärzte in Hamburg 1933 bis 1945, München und Hamburg 2009.

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