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Blanca Mansfeldt (geborene Löwenstein) * 1880

Heckkatenweg 2 (Bergedorf, Bergedorf)


HIER WOHNTE
BLANCA MANSFELDT
GEB. LÖWENSTEIN
JG. 1880
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Heckkatenweg 2:
Erika Mansfeldt

Blanca Mansfeldt, geb. Löwenstein, geb. 31.5.1880, am 24.3.1943 nach Theresienstadt deportiert, am 13.10.1944 weiter nach Auschwitz, dort ermordet
Erica Mansfeldt, geb. 31.3.1903, am 24.3.1943 nach Theresienstadt deportiert, am 23.10.1944 weiter nach Auschwitz, dort ermordet

Heckkatenweg 2

Über die Familie Mansfeldt sind zwar einige Daten überliefert, aus der Steuerkartei der Jüdischen Gemeinde und aus Wiedergutmachungsanträgen von Familienmitgliedern. Es existieren aber keine persönlichen Zeugnisse wie Briefe oder Berichte. So wissen wir nur wenig über die Familie, es ist, als bliebe ihr Leben hinter einem Vorhang verborgen.

Blanca Mansfeldt war die Mutter der Geschwister Ernst (geb. 27.2.1901), Walter (geb. 16.1.1902), Erica (geb. 31.1.1903), Elisabeth (geb. 1.7.1907) und Erwin (geb. 1.5.1909). Ihr Mann Gustav taucht in den Unterlagen nur dem Namen nach auf, wahrscheinlich ist er früh verstorben oder im Ersten Weltkrieg gefallen. Jedenfalls nahm Blanca 1915 eine Beschäftigung bei der AOK Stormarn auf. Dort arbeitete sie bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand, für die wohl tatsächlich gesundheitliche Gründe ausschlaggebend waren, im Mai 1933. Als Ruhegehalt hätten ihr RM 190,52 zugestanden. Da sie Jüdin war, wurde ihr dies auf RM 142,89 gekürzt. An die Jüdische Gemeinde überwies sie monatlich kleinere Beträge.

Mit ihrer Familie lebte sie im Haus Nr. 217 des Dorfes Billwerder, bevor sie mit ihren Kindern nach Lohbrügge zog, in die 2. Etage eines noch heute existierenden villenartigen Mehrfamilienhauses, im Heckkatenweg Nr. 2. Bis auf Walter ging keines ihrer Kinder eine Ehe ein. Vermutlich musste die Familie die Lohbrügger Wohnung unfreiwillig verlassen, denn 1936 siedelte sie ins traditionell "jüdische" Hamburger Grindelviertel über, wo die Behörden be­gannen, die jüdische Bevölkerung zu konzentrieren. Die erste Adresse dort war Hochallee 25, zeitweise lebten alle Familienmitglieder zusammen.

Der Sohn Erwin, dessen Beruf mit "Lagerist" und "kaufmännischer Angestellter" angegeben wurde, starb am 26. September 1936 im Elisabethkrankenhaus, aus unbekannter Ursache. Er wurde nur 27 Jahre alt.

Blanca Mansfeldt musste in den nächsten Jahren häufiger das Quartier wechseln, während drei ihrer Kinder nach und nach auswanderten. Als Adressen werden die "Judenhäuser" Haynstraße 5 in Eppendorf, dann, wieder am Grindel, Bundesstraße 43 und die Beneckestraße 2 genannt. Zuletzt war nur noch die Tochter Erica bei Blanca Mansfeldt. Gemeinsam wurden beide Frau­en am 24. März 1943 nach Theresienstadt deportiert. Der Oberfinanzpräsident sorgte dafür, dass ihr Vermögen eingezogen wurde und ihr Ruhegehalt auf ein Staatskonto eingezahlt wurde: "Durch Verfügung des Herrn Reichsstatthalters in Hamburg ist das Vermögen der Jüdin Blanca Sara Mansfeldt, geb. Löwenstein, wohnhaft gewesen in Hamburg [...] zuguns­ten des großdeutschen Reiches eingezogen worden. Nach Ihrer Mitteilung vom 5. Febr. 1944 [...] steht der Jüdin Mansfeldt der Anspruch auf Zahlung eines Ruhegehalts zu. Dieser Anspruch gehört zum eingezogenen Vermögen. Die Jüdin ist am 24. März 1943 abgeschoben worden. [...] Nach Mitteilung des Zentralamts für die Regelung der Judenfrage in Böhmen und Mähren vom 1. März 1944 befindet sich die Jüdin Mansfeldt noch am Leben."

Am 13. Oktober 1944 wurde Blanca Mansfeldt einem Todestransport nach Auschwitz zugeteilt. Nach dem Krieg wurde sie auf den 31. Dezember 1945 für tot erklärt.

Erica, die vor 1933 als Kontoristin bei der Hamburger Revisions- und Treuhand-Gesellschaft tätig gewesen war, wird ihre Stelle wegen ihrer jüdischen Herkunft verloren haben und war vor ihrer Deportation als Angestellte der Jüdischen Gemeinde tätig. Von Theresienstadt wurde sie am 23. Oktober 1944, zehn Tage nach ihrer Mutter, mit einem weiteren Todestransport nach Auschwitz gebracht und wahrscheinlich gleich nach der Ankunft ermordet. Sie wurde später auf den 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Der Sohn Ernst, ein kaufmännischer Angestellter, wanderte im März 1934 nach England aus. Von dort ging er nach Johannesburg in Südafrika, wo er in den 1950er Jahren noch lebte.

Walter Mansfeldt war in Hamburg als Justizangestellter beim Amtsgericht tätig gewesen, diese Tätigkeit wurde ihm zum 31. August 1933 gekündigt. Er fand danach eine Stelle in Elmshorn und ließ sich von den dortigen Behörden einen Pass ausstellen. Nach zwei Jahren verlor er seine Beschäftigung und zog zurück nach Hamburg. Wahrscheinlich war er bis zu seiner Auswanderung bei der Transithandelsfirma Jacobi & Co am Neuen Wall 10 beschäftigt. (Der Eigentümer Sandor Weißenstein konnte 1938 die "Arisierung" seiner Firma nicht verhindern, sich aber nach England in Sicherheit bringen.) Walter Mansfeldt meldete sich am 3. November 1936 bei der Jüdischen Gemeinde unter der Adresse Hochallee 25 an.

Ende August 1938 konnte Walter Mansfeldt nach England auswandern. Dort änderte er seinen Namen in Mansfield. Es gelang ihm, in einem kaufmännischen Beruf unterzukommen. Im August 1938 heiratete er die schwangere Lotte Posner (geb. 14.9.1906), die in Hamburg geboren war, sich aber zu diesem Zeitpunkt in England aufhielt. Sie war Stenotypistin von Beruf und soll seit 1937 bei der Jüdischen Gemeinde gearbeitet haben.

Aus unbekanntem Grund kehrte Lotte Mansfeldt, geb. Posner, nach der Eheschließung in London nach Hamburg zurück und brachte hier am 9. Dezember 1938 ihre Tochter Bela zur Welt. Sie lebte mit dem Kind in der Schlüterstraße 5 "bei Posner", also wohl bei Familienangehörigen. Ob und wie weit sie Kontakt zur Familie ihres Mannes hatte, ist aus den vorhandenen Dokumenten nicht ersichtlich.

Am 19. Juli 1942 musste sie mit der noch nicht vierjährigen Bela die Fahrt nach Theresienstadt antreten, wo sie am 16. April 1943 starb. Ihr Kind wurde am 23. Oktober 1944, mit dem gleichen Transport wie seine Tante Erica, nach Auschwitz gebracht und ermordet. Für Lotte und Bela Mansfeldt sollen Stolpersteine vor dem Haus Schlüterstraße 5 verlegt werden.

Lottes Bruder, der ehemalige Amtsrichter Walter Posner (geb. 23.1.01), konnte 1938 mit seiner Frau Gerda, geb. Weil, in die USA auswandern. Er litt unter schwerem Asthma, das sich durch widrige Arbeitsbedingungen noch verschlimmerte, und starb 1947. Seine Frau hatte durch den Verfolgungsdruck und die schwierigen Lebensumstände in der Emigration ebenfalls physische und psychische Leiden davongetragen. Sie starb 1993 in Kalifornien.

Walter Mansfield heiratete 1950 ein zweites Mal, die Ehe blieb kinderlos. Er starb 1981 in England.

Elisabeth (Lissy) Mansfeldt folgte ihrem Bruder im Mai 1939 nach England. Ob sie einen Beruf erlernt hatte, wissen wir nicht. Im "Fragebogen für Auswanderer", den sie 1939 ausfüllen musste, bezeichnete sie sich als Hausangestellte. Im Wiedergutmachungsantrag von 1957 wurde sie als "Maschinistin (Konfektion)" eingetragen. Sie besaß so wenig Vermögen, dass ihr die "Dego-Abgabe", die dazu diente, den größten Teil eines "jüdischen (Auswanderer-)Vermögens" im Lande zu halten, nicht abverlangt wurde.

Wie alle Auswanderer musste sie aber beim Oberfinanzpräsidenten eine "Liste der mitzunehmenden Sachen anlässlich der Auswanderung" einreichen. Sie enthielt die Grundausstattung einer alleinstehenden Frau mit bescheidenem Auskommen: Neben einigen Kleidungsstücken u. a. 3 Mäntel, 2 warme Kleiderröcke, 3 leichte Kleiderröcke, 1 Wollbluse, 9 Waschblusen, 12 Garnituren Hemden und Schlüpfer, 1 Schreibmappe, 1 Reisewecker, 1 Photoapparat Kodak junior. Daneben führte sie auf der Liste einige bescheidene Schmuck- und Besteckteile auf, z. B. "1 Armbanduhr Doublé, 1 unechte Brosche, 2 silberne Esslöffel". Dieser Teil der Liste wurde, offenbar von der Behörde, durchgestrichen. Lissy Mansfeldt ließ diese Gegenstände vom Juwelier Schrader am Neuen Wall 9 in einem Paket versiegeln, was dieser ihr mit Aufzählung, Brief und Siegel bestätigte. Die "Armbanduhr Doublé" fehlte allerdings auf der Liste des Juweliers. Ob Lissy Mansfeldt das Paket nach England mitnehmen konnte, geht aus den Akten nicht hervor. Wie ihr Bruder änderte sie in England ihren Namen in Mansfield. Über ihr späteres Leben ist nichts bekannt.

© Ulrike Sparr

Quellen: 1; 2; 4; 8; StaH 351-11, 27900; StaH 351-11, 26002; StaH 351-11, 4899; StaH 351-11, 24641; StaH 3511-11, 30146; StaH 351-11, 30147; StaH 332-5, 8137 473; StaH 314-15, FVg 6089; Frank Ba­johr, "Arisierung" in Hamburg, Hamburg 1998, S. 198ff; www.terezinstudies.cz/deu/ITI/database/database (einges. 8.11.2010).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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