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Ernst Mittelbach
© Archiv Klaus Timm

Ernst Mittelbach * 1903

Wellingsbütteler Landstraße 186 (Hamburg-Nord, Ohlsdorf)


HIER WOHNTE
ERNST MITTELBACH
JG. 1903
VERHAFTET 1942
KZ FUHLSBÜTTEL
HINGERICHTET
26.6.1944

see:

Ernst Mittelbach, born on 31 Dec. 1903 in Hamburg, executed on 26 Apr. 1944 in the Hamburg pretrial detention center /Holstenglacis 3

Brekelbaums Park 10/Atrium of the G 18, Gewerbeschule für Fertigungs- und Flugzeugtechnik Ernst Mittelbach (Ernst Mittelbach Vocational School for Manufacturing and Aviation Technology)

Ernst Mittelbach was born in Hamburg on 31 Dec. 1903 as the son of the vocational school teacher Carl Mittelbach and his wife Magda Boya, née Möller. He studied engineering and worked as a vocational school teacher at various schools. At the end of his life, he taught as a senior vocational school teacher at the Vocational School for Aviation Technology (Gewerbeschule für Flugtechnik) on Brekelbaumspark in Borgfelde. On 7 Oct. 1938, he married Kate Margaret Davis.

As a member of the Jacobs-Bästlein-Abshagen resistance group, he was charged with "preparation to high treason” ("Vorbereitung zum Hochverrat”) on 31 Jan. 1944, sentenced to death, and executed along with Karl Otto Mende and Kurt Vorpahl (see corresponding entry) in the pretrial detention facility at Holstenwall 3 in the afternoon of 26 Apr. 1944. The chief of police gave notice of his beheading to the Hamburg records office only five months later.


Translator: Erwin Fink

Kindly supported by the Hermann Reemtsma Stiftung, Hamburg.

Stand: October 2017
© Hildegard Thevs

Quellen: StaH, 332-5 Standesämter, 1203+743/1944; Archiv der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, NS-Akten, Anklageschrift "Hornberger und Andere"; Bästlein, "Hitlers Niederlage", in: Meyer/Szodrzynski (Hrsg.), Vom Zweifeln, S. 44–89.


Ernst Mittelbach, geb. am 31.12.1903 in Hamburg, verhaftet am 20.10.1942, hingerichtet im Untersuchungsgefängnis Hamburg am 26.6.1944

Wellingsbütteler Landstraße 186 und Brekelbaums Park 10 Schule (Hamburg-Mitte, Borgfelde)

Ernst Mittelbach war eines von fünf Kindern des Realschullehrers Carl Ludwig Mittelbach und seiner Frau Magda. Er wohnte von 1932 bis 1935 in der Rübenhofstraße 26 in Fuhlsbüttel, dann in der Lange Straße in St. Pauli. Ab dem 1. April 1937 war er in Langenhorn, Moorreye 94, wo ein Stolperstein für seinen Bruder Walter liegt, gemeldet. Walter, der in Krakau hingerichtet wurde, war technischer Reichsbahnsekretär bei der Generaldirektion der Ostbahnen und hatte gemäß Anklage "umgesiedelte Juden aus dem Lager Deblin vorsätzlich befreit" und "über die Grenze geschmuggelt".

Seit 1938 war Ernst Mittelbach dann mit seiner Ehefrau Kate (genannt Katie), geb. Davis, an der Wellingsbütteler Landstraße 186 in Klein Borstel zu Hause.

Nach der staatlichen Prüfung zum Gewerbelehrer 1934 arbeitete er zunächst als Konstrukteur beim Ottensener Eisenwerk, wo er am 11. November 1935 fristlos wegen "die Betriebsgemeinschaft schädigendem Verhalten" entlassen wurde. Er war gegen eine geschlossene Teilnahme der Belegschaft am 9. November 1935 an der nationalsozialistischen Gedenkfeier für die "Blutopfer" des Hitler-Putsches von 1923 eingetreten. Mittelbach klagte gegen seine Entlassung und wollte zumindest erreichen, dass sein Gehalt bis zum Beginn einer neuen Anstellung weitergezahlt würde. Die Klage wurde abgewiesen, da "der Kläger […] von Anfang an ein Verhalten gezeigt (hat), das gegen die Pflichten eines Angestellten in gehobener Stellung gröblich verstieß". Die Verweigerung der Teilnahme an der Totengedenkfeier "zeigte […] einen Mangel an Disziplin und an Verständnis für die heute geforderte Betriebsgemeinschaft".

Da er in Hamburg so schnell keine neue Stellung finden konnte, war er erst einmal als Gewerbelehrer an den Berufsschulen in Loitz und in Grimmen nahe Rostock tätig. Ab dem 18. Mai 1936 arbeitete Mittelbach wieder in seiner Heimatstadt bei der Außenstelle der Klöckner-Flugmotorenbau in Moorfleet und als Lehrer an der Gewerbeschule IX für Kraftfahrzeug- und Flugzeugtechnik, wo er 1936 seinen Schüler, den jungen Kommunisten Heinz Prieß (Jg. 1920) näher kennenlernte. Mittelbach verband mit Prieß (siehe dessen Biographie) eine persönliche Freundschaft und die klare Ablehnung der nationalsozialistischen Ideologie.

Ernst Mittelbach, seit dem 9. November 1938 Gewerbeoberlehrer, wurde mehrfach durch den Schulrat "in der Angelegenheit Ihrer Nichtmitgliedschaft zur NSDAP" behelligt. In einem längeren Brief vom 16. Juli 1940 stand unter anderem: "Die Schulverwaltung hat zu ihrem Bedauern davon Kenntnis genommen, dass Sie noch nicht Mitglied der NSDAP sind, trotzdem Sie in dem von Ihnen am 21. April 1938 ausgefüllten Fragebogen die Angabe machten, Ihre Aufnahme in die Partei beantragt zu haben. Die Schulverwaltung ist von dieser Tatsache umso mehr unangenehm berührt, als sie auf Grund dieser Eintragung seinerzeit Ihre feste Anstellung vorschlug und Sie in dem Ernennungsvorschlag als Parteianwärter aufführte."

Am 7. November 1940 fasste man sich erheblich kürzer: "Die Schulverwaltung ersucht um eine Rückäußerung, was Sie inzwischen in der Angelegenheit Ihrer Nichtmitgliedschaft zur NSDAP veranlasst haben." Mittelbach redete sich in seinem Antwortschreiben vom 12. November 1940 mit seiner finanziellen Lage heraus und dass er sein Bekenntnis zum nationalsozialistischen Aufbauprogramm damit unter Beweis stelle, dass er u. a. seit 1934 in der DAF bei der Facharbeiter-Umschulung ehrenamtlich mitarbeite. Er bezog sich außerdem auf ein Schreiben der Kultur- und Schulbehörde vom 8. Mai 1937, dass kein "Druck auf die Beamten, Angestellten und Arbeiter zum Beitritt in die N.S.D.A.P. ausgeübt werden soll und [...] dass keinem durch seinen Nichteintritt Nachteile erwachsen werden". Mittelbach schloss mit den Worten: "Die häufigen Rückfragen von Seiten der Schulverwaltung kann ich nur als nicht übereinstimmend mit den Worten des Herrn Präsidenten der Schulverwaltung empfinden."

Am 20. Oktober 1942 wurde Ernst Mittelbach, der grade zusammen mit u. a. Gustav Bruhn, dem Leiter der Industriegruppe "Metall" der illegalen Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe, dabei war, eine Betriebszelle im Rüstungsbetrieb Klöckner-Flugmotorenbau zu organisieren, an seinem Arbeitsplatz verhaftet. In der Begründung hieß es: "Er gefährdet nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem er sich für die illegale KPD hochverräterisch betätigt."

Seine Frau Katie – den NS-Behörden sicherlich als in den Niederlanden geborene Tochter eines Engländers und einer Deutschen ein Dorn im Auge – setzte sich verzweifelt für die Freilassung ihres Mannes ein. In einem Schreiben an den Schulrat bat sie um eine gute Beurteilung ihres Mannes. "Die Beurteilung der Schulverwaltung und des Schulleiters werden bestimmt zur Entkräftigung des Verdachtes beitragen, sodaß mein Mann dann bald wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann."

Leider erfüllten sich die Hoffnungen seiner Frau nicht und er verbrachte seine Haft im unter dem Namen "Kola-Fu" bekannten damaligen Polizeigefängnis Fuhlsbüttel und danach in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Stadt. Nach einem Hafturlaub, verursacht durch das Chaos nach den Bombenangriffen auf Hamburg im Sommer 1943, kehrte er – entgegen dem Drängen seiner Frau und seiner Freunde – am 10. September 1943 wieder dorthin zurück.

Gemäß Anklageschrift des Volksgerichtshofes vom 31. Januar 1944 "hat [er] sich in erheblichem Maße mit Kommunisten ein[ge]lassen und am Aufbau der kommunistischen Betriebszellenorganisation [im Werk von Klöckner] mit[ge]wirkt. In seinem Hause verkehrte häufig der Kommunist Heinz Priess, der in der Strafsache gegen Bittcher und Andere […] wegen Unterstützung feindlicher Fallschirmagenten verfolgt wird. […] Später nahm er die Mutter des Priess, die ebenfalls in der vorgenannten Sache verfolgt wird, sogar in sein Haus auf." Die Anklageschrift beschreibt weiterhin, dass Ernst Mittelbach durch Vermittlung von Heinz Prieß Kontakt zu illegal lebenden Kommunisten hatte, im Betrieb Kontakt zum Mitangeklagten Hans Köpke aufnahm, kommunistische Schriften las und Heinz Prieß des Öfteren Geldbeträge für den kommunistischen Zellenaufbau zukommen ließ. Außerdem wird Mittelbach in der Anklageschrift mit einer Aussage zitiert, die er bei Kriegsausbruch 1939 getätigt haben soll: "Diese Scheißkerle, der Hitler und der Göring, die sollten erst mal Steine klopfen und etwas lernen." Zuletzt wurde ihm noch vorgeworfen, Feindsender abgehört zu haben. Das Verfahren vor dem Volksgerichtshof endete am 3. Mai 1944 mit dem Todesurteil wegen "Vorbereitung zum Hochverrat".

Im Abschiedsbrief an seine Frau Katie schrieb er: "Wenn Du diesen Brief erhältst, bin ich heimgegangen bei Gott im Himmel. Der Pfarrer ist bis zuletzt bei mir. Meine Seele wird immer um Dich sein, Du meine einzig Geliebte! Ich habe nur einen Wunsch, dass Gott Dich trösten möge über dies unsagbare Leid, das ich über Dich gebracht habe." Obwohl es in der Literatur über Ernst Mittelbach, der bis 1933 der SPD nahestand, keinerlei Hinweise auf eine besonders christliche Haltung zu finden sind, sprechen aus diesen Worten religiöse Gefühle.

Mittelbach schrieb weiter: "Leute wie unsere ehemaligen Mieter sind Verbrecher, hüte Dich vor solchen. Sie sind ja auch Anlass dieser Katastrophe." Distanzierte er sich hier sehr scharf von Heinz Prieß und seiner Mutter Marie, die er vor der Gestapo in seinem Haus versteckte? Setzt er hier Kommunisten mit Verbrechern gleich, wie seine Worte auch schon interpretiert wurden? Die Worte "Verbrecher" und "Katastrophe" weisen wohl eher auf die Nationalsozialisten und die desolate Situation Deutschlands unter ihrer Herrschaft im Sommer 1944 hin. Wen und welche Umstände Mittelbach wirklich meinte, bleibt allerdings bislang unklar.

Ernst Mittelbach wurde am 26. Juni 1944 im Untersuchungsgefängnis Hamburg zusammen mit neun weiteren Widerstandskämpfern der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe hingerichtet und auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.

Durch einen Brief ihres Anwalts an die Schulbehörde erstrebte Katie Mittelbach bereits im Juli 1945 die formelle Aufhebung des Urteils gegen ihren Mann sowie eine ausdrückliche Ehrenerklärung für Ernst Mittelbach. Das Landgericht Hamburg hob erst am 11. Oktober 1955 offiziell das Urteil des Volksgerichtshofes auf.

Bereits seit Jahrzehnten wird Ernst Mittelbach bei regelmäßigen Gedenkfeiern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Hamburg zur Erinnerung an die Widerstandskämpfer der Bästlein-Jacob-Abshagen-Organisation als Teil des Widerstands der Arbeiterbewegung geehrt. Es gibt seit 1982 einen Ernst-Mittelbach-Ring in Niendorf und er ist auf der Namenstafel am Kunstobjekt zu Ehren der Widerstandskämpfer in Hamburg-Niendorf aufgeführt. Vermutlich aufgrund der Nichteinwilligung durch seine Witwe, ist die Urne von Ernst Mittelbach nicht in den Ehrenhain der Widerstandskämpfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof überführt worden. Die Friedhofsverwaltung fordert dazu die Einwilligung eines nahen Verwandten von den Opferverbänden.

Die Nachfolgerin der Gewerbeschule IX, die Staatliche Gewerbeschule Fertigungs- und Flugzeugtechnik Ernst Mittelbach – G15 – trägt seit 1992 seinen Namen. Dort auf dem Schulvorplatz liegt auch seit dem 11. Oktober 2006 ein weiterer Stolperstein für Ernst Mittelbach.

© Holger Tilicki

Quellen: Privatarchiv Ursel Hochmuth; Hans Werner Lüers, Redemanuskript vom 11.10.2006; Rundbrief der Willi-Bredel-Gesellschaft 2007, S. 22–26; Gedenken heißt: Nicht schweigen, Schüler des Gymnasiums Ohmoor informieren, Hamburg 1984, S. 45–47 (auch veröffentlicht in: Ursel Hochmuth/Hans-Peter de Lorent (Hrsg.): Hamburg, Schule unterm Hakenkreuz, Hamburg 1985, S. 265 f.); Ursel Hochmuth: Niemand und nichts wird vergessen. Eine Ehrenhain-Dokumentation in Text und Bild, Hamburg 2005, S. 208 f.; Katharina Jacob: Widerstand war mir nicht in die Wiege gelegt. Ein autobiografischer Bericht, hrsg. von Kinder des Widerstands, Hamburg 2020, S. 130; Johannes Rau (Hrsg.): Hilfe für Verfolgte in der NS-Zeit. Jugendliche forschen vor Ort, Hamburg 2002, S. 245–259 (Benjamin Herzberg); zitierte Dokumente aus Klaus Timm: Die Ermordung des Lehrers Ernst Mittelbach, Hamburg 2006.

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