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Philip Meyer * 1863

Redderplatz 16 (Hamburg-Nord, Ohlsdorf)

1942 Theresienstadt
ermordet 05.11.1942

Philip Meyer, geb. am 21.2.1863 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, dort umgekommen am 5.11.1942

Redderplatz 16

Philip Meyer kam am 21. Februar 1863 als dritter Sohn von Friederike Reichel, geb. Salomon (geb. 8.2.1826 in Hamburg), und David Levin Meyer in Hamburg in der Peterstraße zur Welt. Sein Vater stammte aus Altona und übte den Beruf des Zigarrenmachers aus. Die Familie gehörte der Deutsch-Israelitischen Gemeinde an, wie auch die Großeltern väterlicherseits, Jette, geb. Schild, und Levin Meyer, und mütterlicherseits, Fanny, geb. Israel, und Hirsch Salomon aus der Poolstraße.

Mit seinen ebenfalls in Hamburg geborenen vier Brüdern, Albert (geb. 20.2.1858), Solm, der Ältere (geb. 15.10.1859), Solm, der Jüngere (geb. 10.1.1861) und Daniel (geb. 17.2.1865), wuchs Philip in der Hamburger Neustadt, dem jüdischen Handelsviertel, auf. Er wie auch alle seine Brüder erlernten ein Handwerk, was in jener Zeit eher noch ungewöhnlich für jüdische Männer war, da die Zünfte das lange verhindert hatten.

Sein ältester Bruder, der Schriftsetzer und spätere Korrektor (Buchhalter) Albert Meyer, heiratete Anfang April 1880 die Christin Anna, geb. Thielhorn. Ihr Vater Friedrich Thielhorn war bereits verstorben, ihre Mutter Johanna, geb. Rippens, lebte in Hamburg. Aus der Ehe von Albert und Anna Meyer entstammte die erste Tochter Caroline Anna Fanny Meyer. Sie kam im Juni des Jahres 1880 in ihrer Wohnung im Neuen Steinweg Hof 39, Nr. 6, auf die Welt.

Philip Meyer hatte gedient und war im Besitz des Hamburger Militärpasses vom 20. Juni 1885. Er besaß vermutlich eine geschickte und ruhige Hand, denn er wählte den damals geschätzten Beruf des Buchdruckers und Linierers. Sein Bruder Solm war "Buchdruckergehülfe" bei N. Feigenbaum, Große Bleichen 55a.

Am 2. Juni 1888 heiratete Philip Meyer in Hamburg Ernestine Schröder (geb. 25.10.1866 in Westergellersen bei Leineberg). Sie war lutherischer Konfession und stammte von Ernestine Cathawrina Dorothea, geb. Behn, und dem Bäcker Heinrich Wilhelm Schröder ab. Philip Meyers Vater war schon drei Jahre vor der Hochzeit am 10. Februar 1885 im Alter von 66 Jahren verstorben. Sein Grab ist auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel zu finden, Grablage A 11, Nr. 403. Philips Mutter wohnte weiter in der Peterstraße bei ihrem ledigen Sohn, Philips älterem Bruder Solm.

Mit Ernestine bekam Philip Meyer fünf Kinder. Alle wurden in Hamburg geboren und evangelisch getauft. Henriette, die erstgeborene Tochter, kam am 7. Mai 1889 in der Steintwiete 10 auf die Welt wie auch am 16. Juni 1890 ihr zweites Kind; ihr Sohn Caesar, und zwei Jahre später, am 5. August 1892, wurde ihr Sohn Wilhelm geboren. Die Familie wohnte im Stadtteil Rotherbaum, Grindelhof 34a, Haus 4, als Wilhelmine Ernestine am 3. Dezember 1893 und der jüngste Sohn Philip am 28. März 1898 geboren wurde.

Philip Meyers jüngster Bruder Daniel war von Beruf Schlosser. Anfang Januar 1890 hatte auch er eine nichtjüdische Ehefrau geheiratet. Auguste, geb. Zandt, war die Tochter der Catharina, geb. Nagel, und des Hausknechts Johann Zandt. Die sechs Kinder aus dieser Ehe kamen etwa zur gleichen Zeit wie Philips Kinder in Hamburg zur Welt: Elisabeth (geb. 1890), Richard (geb. 1892), Agnes (geb. 1895), Anna (geb. 1897), Olga (geb. 1901) und Henry (geb. 1906).

Philips zwei Jahre älterer Bruder, der Buchdrucker Solm Meyer, der Ältere, hatte vier Monate nach seinem Bruder Daniel im Mai 1890 geheiratet. Auch seine Ehefrau Auguste Caroline Johanna Femerling war lutherischer Konfession und die Tochter von Marie Elisabeth, geb. Benther, und dem "Lohndiener" August David Theodor Fermerling. Ihre Mutter war bereits verstorben. Solm Meyer und seine Ehefrau Johanna bekamen in Hamburg sechs Kinder: Max Louis (geb. 6.5.1893), Mary (geb. 25.12.1894), Joseph Alwin (geb. 7.7.1896), Albert (geb. 12.2.1898), Walther (geb. 27.10.1901) und Hertha (geb. 27.5.1904).

Sein Bruder Solm, der Jüngere, ging im November 1892 die Ehe mit der aus einem jüdischen Elternhaus stammenden Rosa, geb. Leo (geb. 25.4.1869 in Wandsbek), ein. Ihre Eltern Rosalie, geb. Alexander, und Aaron Leo lebten in Hamburg. Ihre erste Tochter Jenny kam am 23. Juni 1893 in Hamburg zur Welt, die zweite Tochter Selma Josepha (geb. 14.6.1895 in Hamburg) konnte ihren Vater nicht mehr erleben. Er verstarb einen Monat zuvor im Alter von 34 Jahren, am 1. Mai 1895 in seiner Wohnung Specksgang 22, 1. Stock, im Gängeviertel der Hamburger Neustadt. Solm Meyer, der Jüngere, wurde auf dem Jüdischen Friedhof Langenfelde bestattet, Grablage D 134, Nr. 368.

Am 7. April 1893 hatte Philip Meyer seinen neuen Betrieb im Grindelhof 34, Haus 4, Parterre, als Händler in Papier- und Galanteriewaren angemeldet (1905–1910 Buchdruckerei Grindelhof 64; 1911/12 Buchdruckerei Nr. 59, Wohnung Nr. 64).
Sechs Jahre danach, am 22. September 1899, war Philip Meyer als Hamburger Bürger vereidigt worden, wie einige Monate zuvor sein Bruder Albert, zu jener Zeit von Beruf "Korrector", und ein Jahr später sein Bruder Solm.

Auch Philips Bruder Solm Meyer, der Ältere, verstarb früh, im Alter von 47 Jahren. Am 14. Juli 1907 erlag er in seiner Wohnung in Winterhude, Dorotheenstraße 5, einer Lungenschwindsucht. Seine jüngste Tochter Hertha war zu jener Zeit erst drei Jahre alt. Er wurde im Familiengrab auf dem Friedhof Ohlsdorf bestattet, Grablage AF, Nr. 28 IV.

Philips jüngster Bruder Daniel Meyer, inzwischen Schlossergeselle, erwarb ebenfalls die hamburgische Staatsbürgerschaft im Januar 1912.

Philip Meyer behielt zunächst seine Buchdruckerei im Grindel, zog aber 1912 mit seiner Familie in eine Wohnung nach Fuhlsbüttel in den Kleekamp 23. Philip junior blieb bei seinen Eltern, auch als sie später die Buchdruckerei und ihre Wohnung in die Siemssenstraße 6 verlegten. Dort wohnte im 1. Stock ihre Tochter Henriette, die am 6. April 1912 den Schriftsetzer Berthold Bode (geb. 25.2.1885 in Altona) geheiratet hatte.

Im Jahr darauf verstarb am 16. September 1913 Philips Mutter Friederike Meyer in Winterhude, Geibelstraße 43. Sie wurde 87 Jahre alt. Auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel fand sie ihre letzte Ruhe, Grablage ZX 11, Nr. 843.

Im selben Jahr musste das junge Ehepaar Henriette und Berthold Bode den Tod ihrer sieben Monate alten Tochter, Philip Meyers Enkelin, Erna Maria, im Kleekamp 42 verkraften. Sie wurde im Kinderreihengrab auf dem Friedhof Ohlsdorf bestattet, Grablage Y 16 IV, Nr. 407. Im Januar 1915 kam ihre zweite Tochter Irmgard zur Welt.

Im Ersten Weltkrieg, am 30. Oktober 1918, heiratete Philips Tochter Wilhelmine Rudolph Bock (geb. 18.8.1888 in Ernstthal, Glauchau) in Bergedorf. Dort kam ihr Sohn Rudolf am 5. Dezember 1922 zur Welt.

Ein Jahr zuvor hatten am 19. Mai 1917 ihre Cousine Selma Josepha Meyer mit dem Cousin Max Louis Meyer die Ehe geschlossen, die Kinder von Solm Meyer, dem Jüngeren, und Solm, dem Älteren. Beide verstarben jedoch sehr bald, Max Louis keine zwei Jahre später am 18. Januar 1919 und Selma folgte ihm am 26. Juli 1921. Sie wurden auf dem Jüdischen Friedhof Langenfelde bestattet, Grablage D 138 o.

Philips Bruder Daniel Meyer wohnte mit seiner Familie in Barmbek-Süd, Käthnerort 13, 1. Stock. Er war im Jahre 1919 dorthin gezogen.

In diesem Jahr heiratete Philip Meyers Sohn Caesar am 20. Dezember 1919 in Lokstedt Karoline Lehrke (geb. 30.10.1896 in Hamburg). Am 9. Juli 1921 konnte sich die Familie über die Geburt der Tochter Friedel freuen.

Philip Meyers ältester Bruder Albert war am 19. April 1921 an einem Schlaganfall im Alter von 63 Jahren in seiner Wohnung in St. Pauli, Feldstraße 57, 2. Stock, verstorben. Er fand seine letzte Ruhe in der Doppelgrabstätte auf dem Friedhof Ohlsdorf, Grablage AG, Nr. 41 II.

Der zweitälteste Sohn der Familie, Wilhelm Meyer, heiratete im Monat darauf, am 7. Mai 1921, Botilda Paula Martha, geb. Mösche (geb. 22.3.1895 in Hamburg). Das Ehepaar zog später nach Bergedorf.

In der Siemssenstraße lebte Philip Meyer mit seiner Familie während des Ersten Weltkrieges – bis zum Januar 1922. Danach verzogen sie zum Redderplatz 16 nach Ohlsdorf. Dort, nebenan im Redderplatz 14, wohnte bereits seit 1917 die Familie ihrer Tochter Henriette Bode mit der inzwischen siebenjährigen Enkelin Irmgard.

Die Wohnung Redderplatz 16 mit zwei Wohnräumen im 2. Stock grenzte an den Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf, dort wo Philips Vater am 10. Februar 1885 und seine Mutter am 16. September 1913 ihre ewige Ruhe gefunden hatten. Zwei Jahre wohnte ihr jüngster Sohn Philip noch bei ihnen, bis er in Stellingen seine eigene Familie gründete.

Philip junior wurde am 14. Juli 1922 im Alter von 24 Jahren in der St. Johannis Kirche in Harvestehude von Pastor Bernitt getauft. Im Taufbuch der Kirche ist für Philip Meyer konfessionslos und für seine Ehefrau lutherisch aufgeführt. Vermutlich stand die Taufe von Philip jun. in Verbindung mit seiner Hochzeit, die im August 1924 stattfand, seine Ehefrau Martha Behrmann war christlichen Glaubens.

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg hatte Deutschland hohe Reparationszahlungen zu leisten und es herrschte eine unsichere wirtschaftliche Lage. Philip Meyer konnte seinen Beruf als Buchdrucker nicht mehr ausüben und sein Geschäft nicht halten.

Ende März 1927 meldete er dann ein Gewerbe an für den Handel mit Back- und Tabakwaren, Verkauf von Haus zu Haus. Mit diesem Geschäft, das sich vielleicht aufgrund seiner Beziehung zu der Verwandtschaft seiner Ehefrau – sein Schwiegervater war Bäcker – entwickelt hatte, wollte er seine Existenz und die seiner Familie sichern; Philip Meyer war damals 64 Jahre alt.

In der Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde ist für Philip Meyer dann in den 1930er Jahren der Beruf "Gefängnis-Aufseher" angegeben. Diesen späteren Beruf könnte er in dem nahegelegenen Fuhlsbütteler Gefängnis ausgeübt haben. In dem Runderlass des Reichs- und preußischen Ministers des Innern vom 20. Dezember 1935 (Az. II SB 6100/901) wurde unter Nr. 2 der "Übertritt der jüdischen Beamten in den Ruhestand" festgelegt. Damit war allerdings nicht zwangsläufig ein Ruhegeld verbunden, ein solches erhielt nur, wer bereits vor 1914 Beamter gewesen war. Die Gefängnisverwaltung wurde angehalten, Listen der jüdischen Angestellten zu erstellen und die Betroffenen aufzufordern, "arische" Abstammungsnachweise zu erbringen. Auf einer Liste mit 123 Personen, "Verzeichnis derjenigen Beamten, Angestellten und Arbeiter, die ihre arische Abstammung noch nicht nachgewiesen haben, Stand 26. September 1936", ist auch ein "Meyer", "Gefängnis-Aufseher", verzeichnet. Es konnte nicht geklärt werden, ob es sich um Philip Meyer handelte. Auf jeden Fall verlor er seine Anstellung.

Für Philips Ehefrau Ernestine ist in der Karteikarte "apostolischen Glaubens" vermerkt. Das schützte die Familie jedoch nicht vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Auch Philip Meyers Austritt aus der Deutsch-Israelitischen Gemeinde 1931 half ihm nicht. Philips Ehefrau Ernestine Meyer verstarb 1939 zwei Tage vor Heiligabend im Krankenhaus Alsterdorf an einem Schlaganfall. Sie wurde nach den späteren Aussagen ihrer Kinder durch die "Ängste und Belastungen Naziopfer". Ihre Urne wurde in dem Familiengrab Bode, der Familie ihrer Tochter Henriette, am 2. April 1940 auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt, Grablage Z 28, Nr. 377 II. Dort fand später neben ihr im November 1965 auch die Urne ihrer Tochter Henriette Bode, geb. Meyer, ihren Platz.

Die Enkelin Irmgard Bode, die Philip und Ernestine Meyer vermutlich in ihrer Nachbarschaft hatten aufwachsen sehen können, heiratete im Juni des Jahres 1940.

Zu dieser Zeit lebte von Philip Meyers Brüdern nur noch der Daniel. Auch dessen christliche Ehefrau Auguste, geb. Zandt, war bereits am 31. Mai 1922 verstorben. Beide Brüder waren somit nicht mehr durch eine "privilegierte Mischehe" geschützt. Sie erhielten den Deportationsbefehl für den 19. Juli 1942 nach Theresienstadt. Gemeinsam mussten sie, der 79-jährige Philip und der 77-jährige Daniel, den Deportationszug besteigen. Schon vier Monate später verstarb Philip Meyer an den Folgen der menschenunwürdigen Lebensbedingungen im Getto Theresienstadt.

Der weitere Schicksalsweg seiner Familienangehörigen
Philips Bruder Daniel überstand die Jahre der Demütigungen und des Leidens. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte er im Juni 1945 nach Hamburg zurückkehren. Doch ein Jahr nach der Befreiung verstarb auch er, am 3. Mai 1946 im Elim Krankenhaus an einem Bronchial-Karzinom. Nach der Aussage seiner Tochter Elisabeth Baumgartl (geb. 1890) verstarb er an den Folgen des KZ-Aufenthaltes.

Ihr Sohn Werner Baumgartl (geb. 19.11.1914 in Hamburg) hatte ebenfalls unter Verfolgungen zu leiden. Er war wie seine Angehörigen gelernter Schriftsetzer geworden; bei Franz Starck, Alsterdorferstraße 9, hatte er im April 1929 seine Lehre begonnen und war als Gehilfe bis April 1936 dort beschäftigt. Wegen "illegaler Tätigkeiten" bei "der Sozialistischen Arbeiter-Jugend" wurde er am 17. Juni 1936 von der Gestapo verhaftet und nach siebenmonatiger Inhaftierung im KZ-Fuhlsbüttel und im Untersuchungsgefängnis wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" vom Hanseatischen Oberlandesgerichtes zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Entlassung am 25. April 1938 nahm ihn der ehemalige Chef wieder in den Betrieb auf. Nach dessen Äußerungen beherrschte Werner Baumgartl den "Akzidenz-Plakat-Formulardruck, den Entwurf mit Linolschnitt, die Papierberechnung, Kalkulation, Tiegeln, Schnellpressen u. sonst. Druck- u. Hilfsmaschinen sowie den Umgang mit der Kundschaft und die kaufmännische Arbeit zur vollsten Zufriedenheit", sodass er die Befähigung erworben habe, eine Druckerei zu leiten. Die Zulassung zur Meisterprüfung wurde Werner Baumgartl 1940 jedoch aus politischen Gründen untersagt. Vom Mai 1944 bis Kriegsende erfolgte für ihn die Zwangsverpflichtung zur Arbeit beim Aufräumdienst Hamburg.

Die Witwe des jüngeren Solm Meyer, Rosa Meyer, geb. Leo, war Wohlfahrtsempfängerin und verstarb am 10. Februar 1939 im Israelitischen Krankenhaus kurz vor Vollendung ihres 70. Lebensjahres. Nur in diesem Krankenhaus durfte sie als Jüdin noch behandelt werden. Sie hatte an "Myodegeneratiocordis" (Herzmuskeldegeneration) gelitten. Drei Tage später wurde sie auf dem Jüdischen Friedhof Langenfelde neben ihrem Ehemann, in der Nähe ihrer Eltern und ihrer Tochter Selma beigesetzt.
Ihre Tochter Jenny arbeitete als Packerin und war ledig geblieben. Als Mitglied der Jüdischen Gemeinde hatte sie mit ihrer Mutter seit 1931 im Samuel-Levy-Stift in der Bundesstraße 35, Haus A, gewohnt. Auf sich allein gestellt, hoffte sie, mit der Flucht nach Belgien am 2. Juni 1939 den Verfolgungen der Nationalsozialisten zu entgehen, und versuchte, dort als Dienstmädchen durchzukommen. Ihre Hoffnungen erfüllten sich nicht. Nach der Invasion der deutschen Wehrmacht im Mai 1940 war sie erneut dem nationalsozialistischen Terror ausgeliefert. Es folgte ihre Internierung im Durchgangslager Mechelen/Malines. Von dort wurde sie am 20. September 1943 in das KZ Auschwitz deportiert und ermordet. Sie wurde 50 Jahre alt.

Auch Philip Meyers Kinder sowie Nichten und Neffen hatten als sog. "Mischlinge ersten Grades" unter den nationalsozialistischen Verfolgungen zu leiden. Philip Meyers Tochter Henriette war verheiratet mit dem Schriftsetzer Berthold Bode und wohnte in direkter Nachbarschaft. Vor der Deportation ihres Vaters hatte sie hilflos miterleben müssen, wie dieser alles in seiner Wohnung zurücklassen und den Schlüssel seiner Wohnung bei der Polizei abliefern musste; ihr selbst war der Zugang zu der Wohnung ihres Vaters verwehrt worden.

Philip Meyers Sohn Caesar hatte ebenfalls den Beruf des Schriftsetzers erlernt und von 1923 bis 1943 in Süd-Barmbek, Imstedt 8, gewohnt. Bei den Bombenangriffen auf Hamburg war er ausgebombt worden und lebte ab August 1943 bis nach Kriegsende in Stadthagen-Land.

Der älteste Sohn von Philip Meyer, Wilhelm, hatte 1926 noch in der Nähe seiner Eltern am Wördemannsweg 36 gewohnt. In den 1930er Jahren war er nach Stellingen verzogen. Seit April 1935 hatte er dort bei den Altonaer Gaswerken (ab April 1938 Hamburger Gaswerke G.M.B.H.) gearbeitet. Ihm war als "Mischling ersten Grades" die Arbeitsstelle gekündigt worden und er hatte von November 1944 bis Kriegsende Zwangsarbeit bei Bergungs- und Räumarbeiten im Lager Wendenstraße leisten müssen. Wilhelm Meyer blieb unverheiratet.

Philip Meyers Tochter Wilhelmine hatte mit dem nichtjüdischen Rudolph Bock drei Kinder bekommen. Ihr Ehemann war 1941 bei einem Bombenangriff getötet worden. Sie lebte mit den 1925 und 1927 geborenen zwei Kindern in einem Zimmer in Bergedorf ohne Möbel. Die beschlagnahmten Möbel aus der Wohnung ihres Vaters waren auch ihr vorenthalten worden. Ihr ältester Sohn, Philips Enkel Rudolf, war als Soldat eingezogen und wurde im Kriegsjahr 1943 mit 20 Jahren getötet.

Der jüngste, namensgleicher Sohn Philip Meyers, Philip, hatte als Maschinenarbeiter ab April 1935 bei den Altonaer Gaswerken gearbeitet, wie auch sein Bruder Wilhelm. Seine Kündigung hatte er am 11. März 1939 von der Hamburger Gaswerke G.M.B.H erhalten, mit dem "Lösungsgrund": "weil die Vorbedingungen für eine Beschäftigung bei den H.G.W. nicht gegeben sind". Die Hamburger Gaswerke "durften" einen sog. "Mischling ersten Grades" nicht weiter beschäftigen. Als Entschädigung bekam er 28,56 RM ausgezahlt.

Philip Meyers fünf Kinder überlebten die Verfolgungen und den Zweiten Weltkrieg – Henriette Bode verstarb im Oktober 1965, Philip, der jüngste Bruder, im Juni 1970, Wilhelm im Juli 1971, Wilhelmine Bock im März 1974 und Caesar im März 1975 – er wurde in einem Einzelgrab auf dem Friedhof Öjendorf bestattet, Grablage BT 71, Nr. 568.

© Margot Löhr

Quellen: 1; 4; 5; 7; 8; StaH, 241-1 I Gefängnisverwaltung, 2666 Justizbeamte Aushilfskräfte, 2682 Jüdische Justizbeamte beurlaubt, 2688 Justizbeamte Liste Nachweis "arische" Abstammung; StaH, 332-5 Standesämter, Geburtsregister, 1979 u. 2806/1880 Caroline Meyer, 2189 u. 1430/1889 Henriette Meyer, 2218 u. 1799/1890 Caesar Meyer, 2279 u. 2191/1892 Wilhelm Meyer, 9088 u. 2078/1893 Wilhelmine Meyer, 9143 u. 677/1898 Philip Meyer; StaH, 332-5 Standesämter, Heiratsregister, 2612 u. 297/1880 Albert Meyer u. Anna Thielhorn, 2727 u. 710/1888 Philip Meyer u. Ernestine Schröder, 2752 u. 17/1890 Daniel Meyer u. Johanna, geb. Zandt, 2760 u. 557/1890 Solm Meyer u. Johanna Femerling, 8906 u. 46/1924 Philip Meyer u. Martha Behrmann; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 179 u. 480/1885 David Levin Meyer, 9672 u. 1809/1907 Solm Meyer, 9723 u. 2403/1913 Reichel Meyer, 840 u. 217/1921 Albert Meyer, 1019 u. 481/1934 Anna Meyer, 9908 u. 659/1939 Ernestine Meyer, 8203 u. 356/1946 Daniel Meyer, 7412 u. 3528/1965 Henriette Bode, 5531 u. 356/1970 Philip Meyer, 10551 u. 577/1971 Wilhelm Meyer, 10557 u. 320/1974 Wilhelmine Bock, 750075 u. 889/1975 Caesar Meyer; StaH, 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, AIf, Bd. 145, AIf Bd. 157 Nr. 7966/1876 David Meyer, AIf Bd. 188 O 161/1899 Albert Meyer, AIf Bd. 189 Nr. P 480/1899 Philip Meyer, AIf Bd. 190 Nr. Q 321/1900 Solm Meyer; StaH, 342-2 Militär-Ersatzbehörden, D II Nr. 31 Bd. 2 Philip Meyer; StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 973 Daniel Meyer, 13918 Richard Meyer; StaH, 352-5 Gesundheitsbehörde, Todesbescheinigungen, 1907 Sta 3 Nr. 1809 Solm Meyer, 1921 Sta 2a Nr. 217 Albert Meyer, 1934 Sta 1a Nr. 481 Anna Meyer; StaH, 376-2 Gewerbepolizei, Spz VIII C 45 Nr. 6175/1893 Philip Meyer; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Geburtsregister, 696 b Nr. 105/1824 Louis Meyer, 696 e Nr. 280/1858 Albert Meyer, 696 f 41/1861 Solm Meyer, 696 f Nr. 30/1865 Daniel Meyer, 696 f Nr. 324/1863 Philip Meyer; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Heiratsregister, 702 d Nr. 4/1857 David Meyer u. Reichel Salomon; StaH, 741-4 Fotoarchiv, K 2507, K 2511, K 3857, K 6597, K 6607; Hamburger Adressbücher 1863–1943; Archiv Friedhof Ohlsdorf, Beerdigungsregister, 1907 Nr. 7595 Solm Meyer, 1921 Nr. 3879 Albert Meyer, Feuerbestattungen, 1939 Nr. 5977 Ernestine Meyer, 1965 Nr. 8720 Henriette Bode, Beerdigungsregister Friedhof Öjendorf 1975 Nr. 645 Caesar Meyer, Grabbrief E 28927 Berthold Bode, Grabbrief 73679 Bode; Auskünfte Barbara Schulze, Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e. V., zu Meyer, Ernestine, geb. Schröder, Z 28, Nr. 377, Grabstätte Bode.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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