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Arnold Toschka * 1914

Tondernstraße 26 (Hamburg-Nord, Dulsberg)


HIER WOHNTE
ARNOLD TOSCHKA
JG. 1914
VERHAFTET
’VORBEREITUNG ZUM
HOCHVERRAT’
STRAFBATAILLON 999
TOT 25.10.1944

Arnold Robert Werner Toschka, Januar 1943 eingezogen in das "Bewährungsbataillon 999", gestorben an den Folgen des Einsatzes am 25.10.1944

Tondernstraße 26 (Tondernstraße 23)

Arnold Toschka war der Sohn des Schmieds Adolf (geb. 1874 in Jägerswalde, Kreis Sensburg/ Ostpreußen) und dessen Ehefrau Marie Toschka, geb. Andersen (geb. 1884 in Marienhof, Kreis Schleswig). Er ging in Hamburg zur Volksschule und absolvierte von 1929 bis 1932 eine Berufsausbildung zum Maurerpolier. In den 1930er Jahren und auch noch nach seiner Heirat lebte er bei seinen Eltern in der Lothringer Straße 10 in Dulsberg. Seine erste negative Erfahrung mit der Justiz machte er noch kurz vor dem Ende der Weimarer Republik. Er war nach seiner Lehre im April 1932 arbeitslos geworden und lebte von der Wohlfahrtsunterstützung. Auf dem Wohlfahrtsamt hatte er sich mit einem Angestellten eine verbale Auseinandersetzung geliefert, die eskaliert war. Der Angestellte gab später an, Arnold Toschka habe ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Andere, die die Szene beobachtet hatten, sagten allerdings aus, die Aggression sei von dem Angestellten der Wohlfahrtsbehörde ausgegangen. Das Hamburger Amtsgericht schenkte den Aussagen des Behördenvertreters aber größeren Glauben und verurteilte Arnold Toschka am 16. Dezember 1932 wegen "Hausfriedensbruchs und tätlicher Beleidigung" zu sechs Wochen Gefängnis. Er trat diese Haft jedoch nicht an, da er möglicherweise inzwischen untergetaucht war.

Diese Vermutung ist naheliegend, da er – ebenso wie sein Vater – in der KPD, und zwar zunächst in deren Jugendverband KJVD, organisiert war und eine Verhaftung durch das Ende Januar 1933 an die Macht gekommene NS-Regime befürchten musste. Dazu kam es dann auch tatsächlich am 20. März 1933. Am 25. April desselben Jahres verurteilte ihn das Hanseatische Sondergericht wegen Vergehens gegen die Verordnungen des Reichspräsidenten vom 4. und 28. Februar sowie 1. März 1933 zu einer Gefängnisstrafe von sieben Monaten. Die Verordnungen waren von Hitlers Regierung erlassen und vom Reichspräsidenten von Hindenburg unterzeichnet worden, wobei die erstgenannte Verordnung das Versammlungsrecht und die Pressefreiheit einschränkte, während die zweite, im Gefolge des Reichstagsbrands vom 27. Februar, u. a. die "Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte" und die "Bekämpfung hochverräterischer Umtriebe" zum Ziel hatte, sich also insbesondere gegen die Kommunisten richtete. Nach einer eidesstattlichen Versicherung eines Genossen von Arnold Toschka namens Karl Heinsohn von 1951, soll dieser wegen "Fortführung des Kommunistischen Jugendverbandes" verurteilt worden sein. Er verbüßte seine Haft bis zum 20. Oktober 1933 in der hamburgischen Jugendstrafanstalt Hahnöfersand.

Kaum war sein Sohn aus der Haft entlassen worden, wurde Adolf Toschka am 20. November 1933 von der Gestapo verhaftet. Der Volksgerichtshof in Berlin verurteilte ihn zusammen mit 21 anderen Angeklagten am 11. Februar 1935 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu drei Jahren Gefängnis, die er bis zum 11. Dezember 1936 im Kola-Fu abzusitzen hatte. Aber auch Arnold Toschka sollte nicht lange auf freiem Fuß bleiben. Am 20. November 1934 wurde er erneut von der Gestapo verhaftet und ins Kola-Fu eingeliefert. Das Hanseatische Oberlandesgericht verurteilte ihn am 22. Mai 1935 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Den Großteil seiner Strafe, bis zum 25. April 1937, verbüßte er in einem Gefängnis in Wolfenbüttel. Kurze Zeit nach seiner Entlassung fand Arnold Toschka Arbeit in seinem erlernten Beruf. Er lebte wieder bei seinen Eltern in der Lothringer Straße und heiratete im April 1942 die 1918 in Altona geborene Lotte Klindtwort, die im September desselben Jahres den Sohn Robert gebar.

Nur wenige Wochen nach seiner Hochzeit wurde Arnold Toschka zum Arbeitseinsatz in der Organisation Todt in Norwegen zwangsverpflichtet. Von dort zog man ihn – ohne dass er vorher auch nur ein Mal in den Genuss von Heimaturlaub oder Briefverkehr mit seiner jungen Frau gekommen wäre – Anfang Januar 1943 in die Stammkompanie des "Bewährungsbataillons 999" (BB 999) auf dem Truppenübungsplatz Heuberg bei Stetten auf der Schwäbischen Alb ein. Ab dem 6. Februar musste er dort Dienst in der Ausbildungskompanie des Afrikaschützenregiments 961 leisten. Auf dem Heuberg hatte er weder Ausgang noch die Erlaubnis Besuche zu empfangen; mit seiner Frau Lotte konnte er sich nur ein Mal "durch den Stacheldraht hindurch" unterhalten. Er berichtete ihr, daß die Ausbildung "sehr streng und hart" und die Verpflegung "sehr schlecht" sei. "Selbst wenn man den Kopf unter dem Arm trage, müsse man ... hinaus". Ein Mal habe er drei Tage "scharfen Arrest" bekommen, weil er einen Befehl verweigert habe. Außerdem erklärte er seiner Frau, er sei in das BB 999 eingezogen worden, weil er "Nazigegner und kommunistisch eingestellt" sei.

Die harten, menschenverachtenden Bedingungen trugen offenbar dazu bei, dass Arnold Toschka nach wenigen Monaten Dienst an Lungentuberkulose erkrankte und im Mai 1943 in das Heuberger Reservelazarett eingeliefert wurde. Da man ihn dort nicht heilen konnte, verlegte man ihn im Juni ins Krankenhaus nach Weingarten/Württemberg und im April 1944 ins Reservelazarett nach Jesteburg bei Buchholz in der Nordheide. Doch auch hier konnte man ihn gesundheitlich nicht wiederherstellen, sodass er Ende Mai aus der Wehrmacht entlassen wurde, allerdings noch bis zu seiner Entlassung zu seiner Familie, im Juli desselben Jahres, als "Versorgungspatient" (das Versorgungsamt hatte inzwischen sein Lungenleiden als "Wehrdienstbeschädigung" anerkannt und gewährte Versorgungsleistungen) im Lazarett blieb. Er lebte dann nur wenige Wochen mit seiner Familie und seinen Eltern, deren Wohnung im Sommer 1943 ausgebombt worden war, in einem Gartenhaus in der Tondernstraße/Ecke Nordschleswiger Straße, das nach dem Krieg die Hausnummer 23 erhielt. Am 20. August 1944 wurde er wegen seines anhaltenden Lungenleidens in das Allgemeine Krankenhaus Barmbek eingeliefert, wo er am 25. Oktober verstarb.

© Benedikt Behrens

Quellen: StaH 351-11 - AfW, Abl. 2008/1, Toschka, Arnold; StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl. 13; StaH 332-8 Meldewesen, Fotoarchiv 741-4 (Meldekarten der zwischen dem 1.8.1943 und dem 31.12.1945 Abgemeldeten und Verstorbenen); AB 1937–1943; VAN (Hrsg.), Totenliste Hamburger Widerstandskämpfer und Verfolgter 1933–1945, Hamburg 1968; Klausch, Hans-Peter, Die Geschichte der Bewährungsbataillone 999 unter besonderer Berücksichtigung des antifaschistischen Widerstands, Köln 1987.

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