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Dina Adloff (geborene Weinberg) * 1878

Kielortallee 24 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Kielortallee 24:
Mendel Bari, Peter Glück, Hertha Köpcke, Frime Frieda Rappaport, Srul Saul Rappaport

Dina Adloff, geb. Weinberg, geb. am 11.6.1878 in Hamburg, Oktober 1937 bis April 1939 "Schutzhaft" in den KZs Moringen und Lichtenburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Kielortallee 24

Viele Jahre lebte Dina Adloff mit ihrem Ehemann auf St. Pauli in der Hafenstraße 114, später unter der Hausnummer 102/104, wo das Ehepaar einen Friseursalon für Herren und ein Zigarrengeschäft betrieb.

Die Eltern von Dina Adloff waren Rosalie Weinberg, geb. Schöneberg, und der "Lotteriecollecteur" Hermann (Herz) Weinberg. Als Dina geboren wurde, wohnten ihre Eltern in der Kieler Straße 73. Dina hatte drei Geschwister: Frieda (verheiratete Dannenberg, geb. 1874), Paula (verheiratete Lenz, geb. 1886) und Siegfried Weinberg (geb. 1875). Lediglich Paula überlebte die NS-Zeit. Für Siegfried Weinberg und Frieda Dannenberg liegen Stolpersteine in der Hamburger Neustadt.

Verheiratet war Dina mit dem nichtjüdischen "Barbier" Emil Hermann Adloff (geb. 11.9. 1880). Dieser stammte aus Curau im ostpreußischen Kreis Braunsberg. Das Ehepaar hatte ein Kind, das schon im Kindesalter starb. Als Hermann Adloff erkrankte und schließlich im Mai 1930 starb, gestaltete sich das Leben für Dina Adloff schwierig und durch die veränderten politischen Verhältnisse nach 1933 für sie als Jüdin immer bedrückender. Schon 1931 musste sie das Geschäft aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben und die Wohnung räumen. Während der Ehe hatte sie stets den Haushalt geführt, konnte den Friseursalon aber nicht weiterführen. Da sie über kein Vermögen verfügte und keine Arbeit fand, musste sie Fürsorge beantragen. Deswegen existieren bis zu ihrer Deportation etliche Schriftwechsel, Vermerke über Kontrollen, Anträge auf Leistungen, Genehmigungen und Ablehnungen. Zum ersten Mal nahm sie im Februar 1930 Fürsorge in Anspruch, also drei Monate vor dem Tod ihres Mannes.

Ihre finanziellen Probleme bedeuteten Wohnungsnot, so dass Dina Adloff genötigt war, bis zu ihrer Deportation häufig umzuziehen. Als sie die Hafenstraße verließ, hieß es in der Für­sor­geakte: "In ihrem Haushalt befindet sich ein großer Hund, der in den nächsten Tagen fortgeschafft werden soll."

Von der Hafenstraße zog sie im November 1931 in die Sophienstraße 37 III (bei Nemitz) und im Januar 1932 in den Alten Steinweg 8I (bei Worthmann). Noch im selben Jahr wurde sie Untermieterin in der Kaiser-Wilhelm-Straße 35II, wo sich das Tuchgeschäft von Walter Leske befand. In einem Zimmer neben dem Laden wohnte sie hier bis März 1935. Die nächste Adresse war dann Brüderstraße 13 I. Wenig später zog sie in die Kaiser-Wilhelm-Straße zu­rück, bis sie dann im Juni 1936 in die Baumeisterstraße 19 II übersiedelte, weil Walter Leske die Räume in der Kaiser-Wilhelm-Straße für sein Geschäft nutzen wollte.

Das Untermietverhältnis zu Walter Leske hatte für Dina Adloff unangenehme Folgen: Weil die Fürsorgeunterstützung nicht ausreichte, um davon zu leben – sie bekam wöchentlich 10 Reichs­mark (RM) Unterstützung und bezahlte wöchentlich allein 6 RM Miete für die Wohnung in der Baumeisterstraße – putzte sie Leskes Wohn- und Geschäftsräume, wofür sie gelegentlich Stoffe und eine geringe Entlohnung erhielt. Auch nach ihrem Auszug gab sie bis Ende 1936 diese Arbeit nicht auf. Auf welchem Weg die Behörde von dieser Schwarzarbeit erfuhr, ist unklar, jedenfalls wurde Dina Adloff wegen fortgesetzten Betrugs angeklagt, weil sie die Fürsorgestelle nicht über ihre Nebeneinkünfte informiert hatte. Da in der Vergangenheit an ihrem Lebenswandel nichts auszusetzen gewesen war, fiel das Urteil am 16. März 1937 milde aus. Sie wurde zu einer Gefängnisstrafe von zehn Tagen verurteilt.

Da Dina Adloff Fürsorgeleistungen bezog, stand sie unter ständigem Druck. Die Behörde versuchte sie in Arbeit zu bringen. Im Juli 1937 wurde ihr z. B. Arbeit in der Nähstube Rosenallee nachgewiesen. In einem Formular, das der Arbeitgeber ausfüllen musste, wurde sie als "willig – aber ungeschickt" bezeichnet.

Von Oktober 1937 bis April 1939 kam Dina Adloff wegen angeblicher "Rassenschande" in "Schutzhaft", die sie zumindest zeitweise im Landeswerkhaus Moringen (Solling) verbrachte. Entlassen wurde sie aus dem KZ Lichtenburg. Die Fürsorgestelle strich die Unterstützungsleistungen, nachdem Dina Adloff sie nicht mehr abgeholt hatte. Angeblich waren die Fürsorger der Ansicht, sie sei mit unbekanntem Ziel verreist. Möglicherweise war das Amt nicht über die Haft informiert worden.

Nach der Entlassung aus der Haft wohnte sie in der Rappstraße 6 I (bei Goldschmidt), wenig später in der Wilhelminenstraße 24 IV (bei Liebreich). Wann genau sie in das "Judenhaus" in der Kielortallee 22/24 umziehen musste, ist unbekannt. Am 18. November 1941 wurde sie nach Minsk deportiert. Ihr Hausrat wurde versteigert und erbrachte einen Erlös von 47 RM.

© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1; 4; 5; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft OLG Verwaltung Abl. 2 451a E1, 1b; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht Strafsachen 2772/37; StaH 332-5 Standesämter, 966 und 163/1930; StaH 332-5, 1932 und 2730/1878; StaH 351-11 AfW AZ 110678; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge Abl. 1999/2 Adloff, Dina; HAB II 1910, 1918, 1926; KZ-Gedenkstätte Lichtenburg, Informationen per E-Mail von Sven Langhammer, 11. u. 12.3.2011.

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