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Bereits verlegte Stolpersteine



Emma Kalek * 1916

Holzdamm 42 (Hamburg-Mitte, St. Georg)


HIER WOHNTE
EMMA KALEK
JG. 1916
EINGEWIESEN 1925
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 1.8.1941
HEILANSTALT TIEGENHOF
ERMORDET 17.5.1943

Weitere Stolpersteine in Holzdamm 42:
Friedrich Kaefer

Emma Kalek, geb. 30.9.1916 in Hamburg, aufgenommen in den Alsterdorfer Anstalten am 30.5.1925, "verlegt" am 1.8.1941 in die "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn", von dort "verlegt" am 27.11.1941 in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (Dziekanka) bei Gnesen (Gniezno), ermordet am 17.5.1943

Holzdamm 42, St. Georg

Emma (Emmy) Kalek, geboren am 30. September 1916, war eines von drei Kindern des "Schauermannes" (Hafenarbeiter, der Frachtschiffe be- und entladen hat) Michael Kalek und seiner Ehefrau Marianna, geborene Grudziecka. Beide bekannten sich zur katholischen Konfession. Michael Kalek stammte aus dem kleinen Ort Maszewo im Kreis Neutomischel in der damaligen preußischen Provinz Posen. Marianna Grudziecka kam aus Exin, Kreis Schubin, ebenfalls in der damaligen Provinz Posen gelegen. Das Paar hatte am 8. Juli 1911 in Hamburg geheiratet. Hier kamen auch seine drei Kinder zur Welt, 1913 Max Michael und 1916 Emma, die wohl immer nur Emmy genannt wurde. Zu dem dritten Geschwister wissen wir nichts.

Über Emma Kaleks Leben ist nur wenig bekannt. Das Wenige, was wir wissen, ist einer Karteikarte entnommen, die für das ab 1934 aufgebaute Hamburger Gesundheitspassarchiv zum Zwecke der "erbbiologischen Bestandsaufnahme" der Bevölkerung angelegt worden ist. Danach wurde Emma am 30. Mai 1925 in den damaligen Alsterdorfer Anstalten aufgenommen. Sie soll "schwierig" gewesen sein und habe ihre Körperpflege nicht allein bewerkstelligen können. Weiter heißt es in dem Karteikarteneintrag: Sie "tobt oft ohne Grund, kratzt die anderen Kinder, zerreißt sehr viel Zeug, kann sich nicht beschäftigen."

Am 1. August 1941 wurde Emma mit mehreren anderen Bewohnern in die "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" verlegt und von dort mit mindestens weiteren 60 bis 70 Menschen am 27. November 1941 in die damalige Gau-Heilanstalt Tiegenhof (Wojewódzki Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych "Dziekanka") bei Gnesen (Gniezno) abtransportiert.

Die Anstalt Tiegenhof war zwischen 1891 und 1894 knapp zweieinhalb Kilometer von Gnesen entfernt im Regierungsbezirk Posen errichtet worden. Bis 1919 waren Betten für etwa 600 Patienten verfügbar. Nach dem Übergang des Gebietes an den wiedererstandenen Staat Polen wurde die Anstalt in Dziekanka umbenannt. Sie gehörte zu den psychiatrischen Einrichtungen mit den niedrigsten Sterblichkeitsziffern weltweit. Im Oktober 1939 wurde die Anstalt von der Deutschen Wehrmacht besetzt, in "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" umbenannt und in das Euthanasieprogramm T4 der Nationalsozialisten einbezogen. Michael Wunder spricht in dem Buch "Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr" von 1.172 im Tiegenhof ermordeten Patienten allein für die Zeit vom 7. Dezember 1939 bis 12. Januar 1940.

Aus den beiden Hamburger Anstalten in Alsterdorf und in Langenhorn wurden am 14., 20. und am 27. November 1941 etwa 300 Patienten nach Tiegenhof deportiert. Fast alle wurden durch Verhungernlassen und/oder Verabreichung von überdosierten Medikamenten wie Luminal, Skopolamin und Chloralhydrat ermordet.

Emma Kalek starb am 17. Mai 1943.

Ihre letzte Wohnadresse, Thüringer Straße 69 in Hammerbrook, existiert nicht mehr. Es bietet sich auch keine Adresse für einen Stolperstein in der Nähe an. Um die Erinnerung dennoch an Emma Kalek wach zu halten, wurde ein Stolperstein mit ihrem Namen und ihren Schicksalsdaten am Holzdamm 42 in St. Georg, in den Fußweg eingelassen.

Stand: März 2020
© Ingo Wille

Quelle: StaH 332-5 Standesämter 3184 Nr. 336/1911 Heiratsregistereintrag Michael Kalek/ Marianna Grudziecka; Evang. Stiftung Alsterdorf, Archiv, Erbgesundheitskarteikarte Emma Kalek; Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr, 1. Auflage, Hamburg 1987, S. 181 ff.; Harald Jenner, Michael Wunder, Hamburger Gedenkbuch Euthanasie Die Toten 1939-1945, Hamburg 2016.

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