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Bereits verlegte Stolpersteine



Frieda Weiss (geborene Markowicz) * 1892

Deichstraße 37 (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


HIER WOHNTE
FRIEDA WEISS
GEB. MARKOWICZ
JG. 1892
DEPORTIERT 1941
LODZ
ERMORDET 24.9.1942

Weitere Stolpersteine in Deichstraße 37:
Eli Weiss

Eli Weiss, geb. am 2.6.1891 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, dort gestorben am 27.6.1942
Frieda Weiss, geb. Markowicz, geb. am 21.1.1892 in Źnin, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, am 24.9.1942 im Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof ermordet

Deichstraße 37

Über die Kinder- und Jugendzeit von Frieda Weiss, geb. Markowicz, ist nichts bekannt. Auch die Namen ihrer Eltern sind nicht überliefert. Frieda war am 21. Januar 1892 in Źnin, in der ehemaligen Provinz Posen, zur Welt gekommen. Am 5. November 1920 hatte sie in Hamburg den Kaufmann Eli Weiss geheiratet. Vielleicht hatte sie ihre Heimat verlassen, weil diese 1919 nach dem Versailler Vertrag an Polen fiel. Über ihren Ehemann Eli Weiss wissen wir etwas mehr, dank Blanka Weinstein, geb. Weiss (geb. 29.6.1903), die im Rahmen ihrer Wiedergutmachung über ihren Cousin Eli berichtete. Blanka Weinstein hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann Walter Weinstein (geb. 1902) im Januar 1939 über England nach Kenia emigrieren können.

Eli Weiss wurde in der Familie Egon genannt. Sein Vater Adolf Weiss (geb. 22.2.1854) hatte als Kaufmann eine Ledergroßhandlung besessen, die er 1881 unter dem Namen "Weiss & Claussen" am Venusberg 16 mitbegründet hatte. Seit 1893 oder 1894 leitete er die Firma gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Max Weiss (geb.1.6.1862), Blanka Weinsteins Vater. Die Großeltern, der Kürschner und Mützenmacher Elias Weiss und Malchen, geb. Meyer, wohnten in der ehemaligen Schlachterstraße 48 und hatten noch fünf Töchter, über die nichts bekannt ist.

Etwa um 1889 hatte Adolf Weiss seine Firma an den Rödingsmarkt 40 verlegt. Er war verheiratet mit Sophie Flora Lewisohn, die Tochter des Kaufmannes Philip Lewisohn und Theodora, geb. Cleve, war in Kopenhagen in Dänemark zur Welt gekommen. Eli war am 2. Juni 1891, sein jüngerer Bruder Leo am 23. Dezember 1892 geboren worden. Die Familie wohnte seit 1886 in der 2. Marktstraße 8 (1900 umbenannt in Marcusstraße, heute Markusstraße). Eli war noch keine drei Jahre alt, als seine Mutter Sophie am 4. September 1893 im Alter von 38 Jahren verstarb. Der kleine Leo starb am 26. Oktober, nur einen Monat später. Im Sommer 1892 war in Hamburg die Cholera ausgebrochen, vielleicht gehörten sie zu den Opfern der Epidemie. Sophie und ihr Sohn Leo wurden auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf beerdigt.

Adolf Weiss verließ die Marktstraße und zog an den Rödingsmarkt 17, die Firma verlegte er an den Rödingsmarkt 78. Seit 1902 wohnte er im Alten Steinweg 7/8. Eli erhielt nach Ende seiner Schulzeit eine kaufmännische Ausbildung. Er nahm als Infanterist am Ersten Weltkrieg teil und trat nach Kriegsende mit 27 Jahren als "Komplementär", d.h., als Gesellschafter in die Firma seines Vaters ein. Dieser verstarb am 30. November 1918.

Ab 1920 findet sich im Hamburger Adressbuch der Eintrag "Weiss & Claussen, Inhaber Max & Eli Weiss, Lederhandlung, Schuh- und Pantoffelmacher, Bedarfsartikel en gros".

Im selben Jahr, am 5. November 1920, heirateten Eli Weiss und Frieda Markowicz. Max Weiss war Trauzeuge. Frieda hatte vor der Eheschließung in der Repsoldstraße 124 im Stadtteil St. Georg gewohnt und zog nun zu ihrem Mann in den Alten Steinweg.

Nach dem Tod seines Onkels, Max Weiss verstarb am 28. April 1922, wurde Eli Alleininhaber der Firma. Das kinderlose Ehepaar Weiss wohnte von 1929 bis 1937 in der Barmbekerstraße 127 (heute Barmbeker Straße). Danach war es im Epheuweg 22 in Winterhude und in der Brahmsallee 20 in Harvestehude gemeldet. Die Geschäftsadresse wechselte 1931 noch einmal zum Steckelhörn 12 in den Gotenhof, bevor die Firma wohl aus wirtschaftlichen Gründen mit der privaten Wohnung in eines der barocken, nach dem großen Brand von 1842 erhaltenen Kaufmannshäuser in der Deichstraße 37 zusammengelegt wurde.

Eli Weiss gehörte zu den vielen jüdischen Männern, die während des Novemberpogroms 1938 in die Fänge der Gestapo gerieten. Während der Inhaftierung im KZ Sachsenhausen bis zum 14. Dezember 1938 erpresste diese ihn, um den Verkauf seiner Firma zu erzwingen. Nach einem 58-jährigen Firmenbestehen wurde die Firma Weiss & Claussen im Mai 1939 "arisiert". Neuer Firmeninhaber wurde Emil Lübbe. Bis zum 30. September blieb Eli Weiss als Angestellter in seiner ehemaligen Firma beschäftigt, die Übergabe sollte wohl reibungslos erfolgen. Gegen die Auszahlung des Kaufpreises von 1600 Reichsmark (RM) bestanden laut Prüfung des Oberfinanzpräsidenten sicherungsrechtlich keine Bedenken: "Weiteres Privatvermögen ist nicht vorhanden. Die Ehefrau besitzt ebenfalls kein Vermögen."

Eli und Frieda Weiss zogen als Untermieter zu dem Ehepaar Ferdinand und Irma Borgolte (s. dort) in den Graskeller 16. Dort erhielten sie den sogenannten Evakuierungsbefehl für den ersten Transport, der Hamburg am 25. Oktober 1941 verließ und ins Getto "Litzmannstadt" nach Lodz ging. Im Getto wurde das Ehepaar am Altmarkt 4 untergebracht. Eli konnte für sich den Posten des Arbeitsleiters im Getto-Zentralgefängnis erreichen, eine Position, die das Überleben im Getto sicherte. Als Anfang Mai 1942 Transporte ins etwa 70 km entfernte Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof zusammengestellt wurden, erhielt auch das Ehepaar Weiss eine "Ausreiseaufforderung". Am 1. Mai 1942 bat Eli Weiss die "Aussiedlungs-Kommission" um Rückstellung. Er wies auf seine Auszeichnungen aus dem Ersten Weltkrieg hin und fügte eine Bestätigung seiner Tätigkeiten im Getto bei. Seit dem 12. Februar 1942 war er beim "Hilfsordnungsdienst" im Sanitätsdienst des II. Reviers beschäftigt, was ihn berechtigte, auch nach der Sperrstunde die Straßen zu passieren. Sein zweiter Antrag vom 8. Mai 1942 erhielt den Stempel "UWZGLEDNIONE" – berücksichtigt. Das Ehepaar konnte im Getto bleiben.

Nach etwas mehr als zwei Monaten starb Eli Weiss am 27. Juni 1942 an einer Rippenfellentzündung im "Getto-Hospital". Offensichtlich hatte Frieda Weiss keine Arbeit im Getto finden können, sie wurde als Hausfrau geführt. Vermutlich wurde sie mit einem der nächsten Transporte ins nahegelegene Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof gebracht, wo sie unmittelbar nach ihrer Ankunft im Gaswagen ermordet wurde.

Stand: September 2018
© Susanne Rosendahl

Quelle: 1; 2; 5; StaH 351-11 AfW 14291 (Weiss, Frieda); StaH 351-11 AfW 12949 (Weiss, Eli); StaH 351-11 AfW 27882 (Weinstein, Blanka); StaH 314-15 OFP R1939/7826; StaH 314-15 OFP R1939/2700; StaH 332-5 Standesämter 2256 u 2339/1891; StaH 332-5 Standesämter 3371 u 1070/1920; StaH 332-5 Standesämter 789 u 1082/1918; StaH 332-5 Standesämter 2281 u 3409/1892; StaH 332-5 Standesämter 343 u 1591/1893; StaH 332-5 Standesämter 343 u 1947/1893; StaH 332-5 Standesämter 7020 u 486/1922; Lodz Hospital, Der Hamburger Gesellschaft für Genealogie zur Verfügung gestellt von Peter W. Landé, 2009, USHMM, Washington, bearbeitet von Margot Löhr; Hamburger Börsenfirmen, 1923, S. 1139; Handelskammer Hamburg (Handelsregisterinformationen); diverse Hamburger Adressbücher; Auskunft von Fritz Neubauer, Universität Bielefeld, E-Mail vom 17.4.2014; USHMM, RG-15_083M_0167_00000475 von Allison Zhang, E-Mail vom 22.12.2015.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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