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Bereits verlegte Stolpersteine



Heinz Kargauer * 1913

Heinrich-Barth-Straße 1 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Lodz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Heinrich-Barth-Straße 1:
Gisela Kargauer, Cilly Mularski, Leweck Mularski, Sigfried Mularski

Heinz Isaac Kargauer, geb. am 18.1.1913 in Hamburg, inhaftiert in den KZs Fuhlsbüttel, Dachau und Buchenwald, deportiert am 25.10.1941 in das Getto "Litzmannstadt" (Lodz), vermutlich ermordet am 9.9.1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno).

Heinrich-Barth-Straße 1

Heinz wurde als zweites von sieben Kindern des Ehepaares Cäcilie, geborene Vogel, und Bernhard Kargauer in Hamburg geboren. Bis 1937 lebte die Familie in der Heinrich-Bart-Straße 7, bevor sie in die Grindelallee 168 zog. Heinz absolvierte eine Ausbildung zum Schaufensterdekorateur. Von 1927 bis 1932 arbeitete er bei Herm. Tich am Jungfernstieg bis er arbeitslos wurde. Die Familie erhielt Unterstützung von der Wohlfahrt, denn Vater Bernhard und die ältere Schwester Carmen waren ebenfalls arbeitslos. Der Bruder Egon war Lehrling. Die Geschwister Ruth und Gerd gingen zur Schule. Norbert und Thessa waren noch im Vorschulalter.

Heinz bekam einen höheren Unterstützungssatz von der Wohlfahrt als üblich, da er für die große Familie sorgen musste. Er schlug sich in verschiedenen Berufen durch, um die Familie zu unterstützen unter anderem als Landarbeiter oder Plakatmacher. Die Familie lebte zu neunt in einer Wohnung mit sechs Zimmern, wobei sie ein möbliertes Zimmer untervermietete. Im Dezember 1935 erkrankte Heinz schwer an einem Schweissdrüsenabszess und musste für zwei Monate ins Krankenhaus.

Ein paar Monate nach dieser Erkrankung wurde Heinz in Untersuchungshaft genommen. In einem Schreiben der Polizeibehörde heißt es, dass Heinz Kargauer "am 6. November 1936 wegen Rassenschande in Untersuchungshaft genommen worden ist und sich vom 23. März 1937 bis 16. Mai 1938 in Strafhaft" im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel befinde. Als "Schutzhäftling" wurde Heinz dann am 4. Juni 1938 in das KZ Dachau übestellt. Nach drei Monaten wurde er am 23. September 1938 mit einem Massentransport von 1.200 Häftlingen aus Dachau in das KZ Buchenwald gebracht und erhielt dort die Häftlingsnummer 8318. Im Februar wurde Heinz kurzzeitig entlassen, vermutlich nur für ein Verhör. Nach der Rücküberstellung in das Lager war Heinz in Block 9 untergebracht. Am 14. April 1939 wurde Heinz dann endgültig entlassen und kam vermutlich wieder nach Hamburg.

1940 lernte Heinz wahrscheinlich seine spätere Frau Gisela Mularski kennen. In einem Brief von Freunden Giselas aus Lübeck heißt es im Frühjahr 1940: "Gisela Mularski hat sich kürzlich verlobt, und sie und der Bräutigam haben uns vorige Woche einen Besuch gemacht. Er scheint ein sehr netter Mensch zu sein, und sie wollen auch bald heiraten." Heinz lebte bei der Familie seiner Frau, den Mularskis in der Heinrich-Barth-Straße 1, nur ein paar Häuser entfernt von der Familie Kargauer. Am 18. August 1941 starb Heinz' Vater Bernhard Kargauer im Alter von 71 Jahren. Er wurde in einem Doppelgrab auf dem jüdischen Friedhof in Ohlsdorf bestattet, das das Ehepaar gekauft hatte. Allerdings gibt es keinen Grabstein für ihn.

Nur zwei Monate später wurde die gesamte Familie Kargauer sowie die Familie Mularski in das Getto "Litzmannstadt" (Lodz) deportiert. Am Tag vor der Deportation mussten sie sich im ehemaligen Logenhaus in der Moorweidenstraße 36 einfinden und am nächsten Morgen die Züge besteigen, die nach Lodz fuhren. Die Familie Mularski konnte mit Heinz zusammen bleiben. Anfangs bewohnten sie eine Wohnung 18 in der Siegfriedstraße 2, später dann eine Wohnung in der Rauchgasse 16. Ende August 1942 ordnete das Reichssicherheitshauptamt an, alle Gettobewohner unter zehn und über 65 Jahren, alle Kranken sowie diejenigen, die keine Arbeit hatten, zu deportieren. Das Getto sollte ein reines Arbeitslager werden. Vom 5. bis zum 12. September 1942 galt im Ghetto dann eine "Allgemeine Gehsperre", in deren Verlauf die SS Kinder, kranke und alte Menschen deportierte. 15.685 Menschen fielen der Aktion zum Opfer. Nahezu jeder Gettobewohner verlor während der "Sperre" Familienmitglieder. Die Menschen wurden zum Bahnhof Radegast gebracht und nach Kulmhof/Chelmno deportiert, wo sie sofort ermordet wurden. Auch Gisela und Heinz gehörten zu ihnen. Auf einer Liste der Getto-Verwaltung ist der 9. September 1942 als Tag ihrer Deportation vermerkt. Sie wurden vermutlich noch am selben Tag ermordet.

© Mariane Pöschel

Quellen: StaHH, 522-1 Jüdische Gemeinden, 992b Kultussteuerkartei; Hamburger Adressbücher (HAB) 1936–1941; StaHH, 351-14 Wohlfahrtsbehörde Hamburg, 1354 Fürsorgeakten, Fürsorgeakte Heinz Kargauer; StaHH, 314-15 Oberfinanzpräsident, 24UA1 Deportationslisten, Deportation am 25.10.1941 , StaHH, 522-1 Jüdische Gemeinden, 732 Bd.1 Register Ohlsdorf, sowie Akten in der Friedhofsverwaltung Ohlsdorf; Auskünfte der Archive der Gedenkstätten Dachau und Buchenwald; Archiv Lodz, div. Dokumente; Kugler-Weiemann, Heidemarie, "Hoffentlich klappt alles zum Guten", Neumünster 2000; Meyer, Beate (Hg.), Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933–1945, Hamburg 2006; Yad vashem, Gedenkblätter für Heinz Kargauer, Gisela Kargauer, Leweck Mularski; Löw, Andrea, Juden im Getto Litzmannstadt: Lebensbedingungen, Selbstwahrnehmung, Verhalten, Göttingen 2006.

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