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Bereits verlegte Stolpersteine



Richard Levi * 1911

Hartungstraße 9 11 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1942 Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Hartungstraße 9 11:
Charlotte Gurwitsch, Benjamin Helfer, Brunhilde Helfer, Charlotte Levi, Kurt Silberstein

Richard Levi, geb. am 7.3.1911 in Essen, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz, ermordet

Grindelhof 30

Richard Levi kam als Sohn des jüdischen Kaufmanns Josef Levi und dessen Frau Juliette "Julie", geborene Gottschalk, zur Welt. Julie Levi war die Tochter von Bernhard Gottschalk und dessen Frau Rosette und am 7. März 1873 in Essen geboren worden. Julie wurde nachweislich am 21. Juli 1942 von Düsseldorf nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 21. März 1943 umkam. Richards Vater Josef Levi war der Sohn von Albert Levi und dessen Frau Rose. Richard besuchte zwischen 1917 und 1921 die Israelitische Volksschule in Essen und anschließend die Städtische Humboldt-Oberrealschule, an der er 1930 die Reifeprüfung ablegte. In seinem Abschlusszeugnis wurde das Fach Religion mit "sehr gut" benotet, in Mathematik, Chemie und Leibesübungen bekam er jeweils "genügend". In allen anderen Fächern erhielt er die Note "gut", sodass er die Reifeprüfung insgesamt mit der Note "gut" bestand. Im Zeugnis war vermerkt, dass er plane, Kunstgeschichte zu studieren. Tatsächlich wählte er dann aber die Fächer Deutsch, Geschichte und Englisch. Hauptsächlich studierte er zwischen 1930 und 1935 in Hamburg, war allerdings zwischenzeitlich auch für drei Semester in Göttingen eingeschrieben und verbrachte ein Semester in England.

Am 7. Dezember 1935 meldete Richard sich zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen an. Hierzu musste er zwei Themen schriftlich bearbeiten, "Die lyrische Behandlung der Landschaft bei einigen deutschen Dichtern der frühen Aufklärung (z. B. Brockes)" und "Das Barock als Ausdruck gegenreformatorischer und absolutistischer Tendenzen". Am 2., 5., 7. und 13. November 1936 fanden die mündlichen Prüfungen statt. Richard bestand die Prüfungen "Geschichte als Hauptfach" und "Englisch als Nebenfach" mit "gut" und "Deutsch als Hauptfach" sogar mit Auszeichnung. Insgesamt wurde die Prüfung als "gut" gewertet. Noch im November 1936 begann sein Referendariat an der Talmud Tora Schule in Hamburg, welches er 1937 beendete. Anschließend blieb er dort als Lehrer tätig. Seine Anstellung fiel damit schon in die Zeit, in der die Schule mehr und mehr von staatlichen Repressionen betroffen war.

Richard war mit Charlotte Levi, geborene Lamm, verheiratet, die auf den Rufnamen Lotte hörte. Charlotte war am 1. April 1915 in Breslau geboren worden. Über Charlottes berufliche Tätigkeit gibt es unterschiedliche Angaben. In einem Dokument von 1941 war sie als Hausfrau vermerkt, auf der Deportationsliste von 1942 als Friseurgehilfin. Möglicherweise nahm sie diese Tätigkeit erst im Jahr vor der Deportation auf. Auch die Adressen des Ehepaares Levi lassen sich nur lückenhaft nachvollziehen. 1939 waren sie in der Rappstraße 13 gemeldet, 1941 im Durchschnitt 8, wo sie bei der Schneiderin Gorbelski zur Untermiete wohnten. Außerdem lebten die Levis zeitweise in der Hansastraße 57 und in der Schlüterstraße 5. In den Hamburger Adressbüchern von 1942 war in der Hansastraße 57 ein Lehrer Richard Levi gemeldet, hierbei könnte es sich jedoch auch um eine Namensgleichheit handeln. Der letzte Wohnort der Levis vor der Deportation im Juli 1942 war die Hartungstraße 9–11, dem "Jüdischen Gemeinschaftshaus G.m.b.H.". Eventuell wurden hier Jüdinnen und Juden untergebracht, die ihre Arbeit verloren hatten oder schon von ersten Verfolgungsmaßnahmen betroffen waren.

Am 15. August 1941 verlor Richard seine Stelle an der Talmud Tora Schule. Offiziell wurde die Kündigung mit Sparmaßnahmen begründet. Neben seiner Stelle an der Schule hatte Richard seit 1939 nebenberuflich am Institut für jüdische Wirtschaftshilfe als Englischlehrer gearbeitet. Hier unterrichtete er Ausländer in Sprach- und Handelskursen. Auf der Deportationsliste von Juli 1942 war er als Lagerarbeiter verzeichnet, doch besteht auch die Möglichkeit, dass er seine Arbeit am Institut für jüdische Wirtschaftshilfe ausweitete. Jedenfalls nahm er dort im Juli 1941 noch eine nebenberufliche Tätigkeit als Lehrer für Stenographie an.

Am 11. Juli 1942 wurden Richard und Charlotte Levi deportiert. Am 10. September wurde ihre Wohnung in der Hartungstraße geräumt und eine genaue Liste über den Hausstand erstellt. Teil der Räumung waren auch an die 250 Bücher, die den Bildungshintergrund von Richard Levi verdeutlichen. Darunter befanden sich vor allem Werke der Weltliteratur. Insbesondere Goethe, Schiller und Shakespeare hatten es dem jungen Lehrer angetan. Auch scheinen Richard oder seine Frau eine Vorliebe für französische Städtebeschreibungen gehabt zu haben, wie 30 Bücher mit entsprechenden Themen belegten. Der gesamte Hausstand der Levis wurde am 20. Oktober für einen Bruttoversteigerungserlös von 547,80 Reichsmark versteigert.

Der Transport, dem sich Richard und Charlotte Levi anschließen mussten, ging nach Auschwitz. Keiner der Deportierten überlebte.

Stand: Juli 2017
© Fabian Boehlke

Quellen: 1; 5; StaH 214-1 Gerichtsvollzieherwesen 433; StaH 361-2 II Oberschulbehörde II (Höheres Schulwesen) Abl. 2007/1_165, Richard Levi; StaH 361-3 Schulwesen – Personalakten A 0845 Richard Levi; Deportationsliste von Hamburg nach Auschwitz am 11.7.1942, www.statistik-des-holocaust.de/OT420711-8.jpg (letzter Aufruf: 25.1.2016); Hamburger Adressbücher 1942; Meyer: Die Deportation; Randt: Talmud-Tora-Schule.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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