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Louise Gabriele Böhm (geborene Mailänder) * 1855
Hallerstraße 70 (Eimsbüttel, Rotherbaum)
1942 Theresienstadt
Tot 02.10.1942
Luise Gabriele Böhm, geb. Mailaender, geb. am 10.9.1855 in Fürth/Bayern, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort am 2.10.1942 verstorben
Hallerstraße 70
Luise Gabriele Böhm wurde am 10.9.1855 als Tochter des Brauereibesitzers Wolf Wilhelm Loeb Mailaender (1820–1872) und seiner Frau Jeanette, geb. Hesselberger (1830–1889), in Fürth geboren. Luise Gabriele wuchs mit 12 Geschwistern auf: Leonhard (geb. 1848), Aurelie (geb. 1850), Paul (geb. 1851), Victoria (geb. 1853), Heinrich (geb. 1854), Julius-Ludwig (geb. 1857), Justus-Joseph (geb. 1859), Robert (geb. 1860), Elisabeth Elsa (geb. 1861), Carl-Robert (geb. 1863), Emilie (geb. 1866) und Richard (geb. 1869), die alle in Fürth zur Welt kamen.
Zu Beginn seines beruflichen Werdegangs arbeitete Wolf Wilhelm Loeb Mailaender als Handelsvertreter, später etablierte er sich als Kaufmann. 1846 verweigerte ihm die Obrigkeit die Niederlassung in Fürth, doch ein Jahr später durfte er dort als "Schnittwarenhändler" (Tuch- und Stoffhändler) tätig werden. Zeitgleich heiratete er Jeanette Hesselberger. Parallel zu seinem Gewerbe war er als Immobilienhändler in Fürth und Nürnberg tätig und erwirtschaftete damit das Grundkapital für weitere geschäftliche Aktivitäten. Ab 1853 spezialisierte sich Wolf Mailaender auf den Hopfenhandel, der Beginn eines erfolgreichen Familienunternehmens. Luises Vater kaufte 1862 zwei alteingesessene Brauereien und entwickelte eigene Ideen, diese Investition lohnend zu machen: Es entstanden ein Ausflugslokal mit Musikpavillon und ein Biergarten, im Volksmund "Fürther Prater" genannt.
1872 starb Wolf Mailaender mit 52 Jahren. Zunächst erbte seine Witwe und übernahm für kurze Zeit die Geschäfte, dann führten die ältesten Söhne Leonhard und Paul die Brauerei fort. Sie entschieden sich 1883, einen Neubau der Brauerei, gelegen auf der Schwand über der Wolfsschlucht, errichten zu lassen. Aufgrund der Lage hieß sie bei den Fürthern Berg Bräu.
Fürth galt als die Muttergemeinde der Juden in Franken. Bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts verfügte die Stadt über das größte jüdische Gemeinwesen im süddeutschen Raum. Bereits im 15. Jahrhundert hatte es kleine Ansiedlungen in Fürth gegeben, aus denen sich jedoch erst zwei Jahrhunderte später ein reges jüdisches Leben mit Synagogen, Bethäusern und gemeinnützigen Einrichtungen entwickelte. In Bayern hatten es Juden schwerer, sie wurden von dort vertrieben und siedelten sich in Fürth an. Die Stadt war mittlerweile zum geistigen Zentrum der Orthodoxie mit eigener Talmud-Hochschule geworden. Die Gelehrten benötigten zahlreiche Literatur und Gebetbücher etc. Daraus ergab sich, dass 1682 die erste Druckerei als Zentrum des hebräischen Buchdrucks gegründet wurde. Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erlebte Fürth einen beträchtlichen Wirtschaftsaufschwung: die Spiegelindustrie war hier ebenso zuhause wie der Hopfen- und Viehhandel.
Wolf Mailaenders Tochter Luise Gabriele lebte vermutlich bis zu ihrer Heirat 1874, kurz vor ihrem 19. Geburtstag, im elterlichen Haus. Sie ehelichte den sieben Jahre älteren Hefefabrikbesitzer Karl Böhm (1848 Burgkunstadt–1890 Hamburg). Für ihn war es die zweite Ehe. Das Paar lebte zunächst in Fürth, wo auch die vier Kinder zur Welt kamen: Wilhelm (1875–1938 Hamburg), Paul-Eugen (1876–1941 Hamburg), Rosa (1877) und Franz (1880–1934). Gegen Ende der 1880er-Jahre verzog die Familie nach Hamburg und wohnte zunächst in der Seilerstraße auf St. Pauli. Bereits mit 42 Jahren starb Karl Böhm am 11.4.1890. Nachdem ein Jahr zuvor auch ihre Mutter verstorben war, stand Luise nun mit vier Kindern allein da.
Um die Jahrhundertwende baute Luises Sohn Wilhelm einen Im- und Exporthandel von Häuten und Fellen auf, in dem auch sein Bruder Paul-Eugen mitarbeitete. Mittlerweile wohnte die Familie in der Hallerstraße 2. In Hamburg lernte Wilhelm seine zukünftige Ehefrau Minna Wagnitz (1891–1973), die Tochter des Kürschners Hermann Wagnitz (1850) und seiner Frau Maria (1851), geb. Hanheide, kennen. Bei der Jüdischen Gemeinde Hamburg ließ sich Wilhelm 1909 als Mitglied registrieren. Minna Böhm war evangelisch getauft worden. Am 22.10.1913 stellte sich Nachwuchs ein: Carl-Ludwig wurde geboren, seine Schwester Ruth Margarethe Gabriele erblickte das Licht der Welt am 3.6.1918 in Hamburg. Nach der Geburt ihres Sohnes heiratete das Paar am 10. August 1914.
Paul-Eugen Böhm war mit Olga-Helene (1880), geb. Jessen, die evangelischen Glaubens war, verheiratet. Am 3.1.1906 freute sich das Paar über die Geburt von Edgar-Paul in Altona. Der zweite Sohn Rolf Erwin Norbert wurde am 30.6.1913 geboren. Olga-Helene Böhm starb zu einem unbekannten Zeitpunkt.
Zu Luise Böhms Tochter Rosa fanden sich keine Spuren.
Luises jüngster Sohn Franz war mit Ida verheiratet. Deren Tochter Margot-Carla, die sich später Maud nannte, wurde 1908 in England geboren. Sie starb 1970 in Südafrika. Weitere Hinweise fanden sich nicht.
Nachdem sich Wilhelm Böhms Firma etabliert hatte, zog die Familie um 1910 in die Hansastraße, wo sie bis in die 1930er-Jahre wohnte. Es gab einen guten Familienzusammenhalt, sodass auch die beiden Brüder mit ihren Ehefrauen einige Jahre dort lebten. Erst um 1925 verzog Wilhelm mit seiner Frau Minna in die Hoheluftchaussee. Mitte der 1930er-Jahre fand Paul Böhm mit seiner Familie eine eigene Wohnung in Eppendorf.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten veränderte sich das Leben der Familie nachhaltig. Vom Boykott am 1. April 1933 gegen jüdische Betriebe und Geschäfte, dürfte auch die Firma von Wilhelm Böhm betroffen gewesen sein. Nach den "Nürnberger Gesetzen" galten Wilhelm und Paul-Eugen als "Volljuden", die in Mischehe lebten, ihre Kinder als "Mischlinge ersten Grades". Ihr Einkommen schwankte in den nächsten Jahren stark.
1938 kam Wilhelms Sohn Carl-Ludwig von einer beruflichen Auslandstätigkeit nach Hamburg zurück. Auch er war Kaufmann und wollte den seit 40 Jahren bestehenden Betrieb seines Vaters übernehmen. Der Plan scheiterte aufgrund der Tatsache, dass Wilhelm Böhm Jude war. Die Firma wurde liquidiert. Carl-Ludwig Böhm fand eine neue Tätigkeit bei einer Exportfirma im Chilehaus. Angedacht war, dass er in der südafrikanischen Niederlassung eingesetzt werden sollte. Doch kurz vor seiner Abreise erhob die Auslandsorganisation (A.O.) der NSDAP, in der Parteimitglieder zusammengefasst waren, die außerhalb des Deutschen Reiches lebten, Einspruch wegen seiner jüdischen Abstammung. Er durfte nicht in Südafrika arbeiten. Stattdessen wurde er 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Während andere "Mischlinge ersten Grades" 1940 entlassen wurden, gehörte er zu den wenigen, die bis 1945 mit Ausnahmegenehmigung verbleiben durften. Er diente in der Nachrichtentruppe.
Die Verfolgungsmaßnahmen setzten Wilhelm Böhm so zu, dass er einen Schlaganfall erlitt, von dem er sich nicht mehr erholte. Er starb am 28. Juli 1938 in Hamburg. Zu diesem Zeitpunkt lebte das Ehepaar in der Isestraße, wo Minna Böhm bis zu ihrem Tode 1973 blieb.
Die Jüdische Gemeinde verzeichnete auf der Kultussteuerkarte von Paul-Eugen Böhm für die Jahre ab 1937 kein Einkommen, er war zum Wohlfahrtsempfänger geworden, da er nicht mehr berufstätig sein durfte. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde er in das "Judenhaus" Schlachterstraße 40–42 (Großneumarkt in der Neustadt) einquartiert, wo er am 6. Dezember 1941 an einer Herzerkrankung starb.
Sein ältester Sohn Edgar war von Beruf Zahnarzt mit eigener Praxis. Sohn Rolf Böhm lebte seit 1936 nicht mehr in Hamburg. Er "tauchte unter" und überlebte illegal in Berlin. Einzelheiten sind uns nicht bekannt.
Luise Böhm, mittlerweile 86 Jahre alt, hatte ihre drei Söhne überlebt. Die Enkelin Margot Böhm erinnerte sich in den 1960er-Jahren an die ursprünglich elegant und gediegen eingerichtete Wohnung in der Hansastraße. Es gab Perserteppiche, Kronleuchter, Gemälde und vieles mehr. Doch nun hatte sich die früher gute finanzielle und wohnliche Situation sehr verschlechtert. Nach dem Ableben ihres Sohnes Wilhelm hatte sie ihrer "arischen" Schwiegertochter Minna einen Teil ihres Vermögens überlassen, damit Verbindlichkeiten und laufende Kosten aus der Abwicklung des Betriebes bezahlt werden konnten. Ihre Söhne Wilhelm und Franz zahlten ihr eine kleine Rente, die jetzt entfiel. Nach mehreren Umzügen (Isestraße, Bismarckstraße und Grindelberg), wo sie jeweils zur Untermiete lebte, reduzierte sich ihr Hausstand zusehends. Nach und nach verkaufte sie Möbel und Hausrat, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. 1940 forderte der Oberfinanzpräsident Luise Böhm auf, eine Vermögensaufstellung einzureichen. Demnach verfügte sie noch über knapp 200 RM.
Zuletzt lebte Luise Gabriele Böhm im "Judenhaus" Bogenstraße 25 unter beengten Verhältnissen. Dieses Haus gehörte ursprünglich zur Z.H. May und Frau-Stiftung und befand sich nun im Besitz des Jüdischen Religionsverbandes. Von dieser Adresse wurde Luise Böhm am 15. Juli 1942 mit dem Transport VI/1 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 2. Oktober 1942 starb.
Knapp einen Monat nach ihrer Deportation wurde die restliche Habe vor Ort durch einen Auktionator versteigert. Den Erlös von 85 RM ließ er dem Oberfinanzpräsidenten zukommen.
Welche Spuren fanden sich zu Luise Böhms Geschwistern und deren Kindern?
Leonhard Mailaender (1848–1928), der unverheiratet blieb, übernahm nach dem Tod des Vaters 1872 zusammen mit seinem Bruder Paul die Geschäftsführung der Brauerei. Leonhard starb 1928 in Fürth.
Aurelie Mailaender (1850–1942), verheiratet mit dem Kaufmann Feodor Warschauer (1842–1881), lebte mit ihrer Familie in Berlin. Feodor Warschauer gehörte, vermutlich zusammen mit seinem Bruder Sally, ein "Confections-Engros-Geschäft".
Die drei Kinder des Ehepaars Wilhelmine "Wally", Robert und Fritz wurden in Berlin geboren. Über Aurelies Sohn Robert (1873–1928) fanden sich keine weiteren Spuren.
Fritz Warschauer (1877) war mit Hilda Dorn (1891 Berlin–1954) in Berlin verheiratet. Das Ehepaar hatte zwei Kinder Fritz junior (1920) und Marianne (1913–1986). 1939 lebten sie in Berlin-Charlottenburg. Wo sie die Zeit des Nationalsozialismus überlebten, ist nicht bekannt.
Wilhelmine (1872–1943) ehelichte Felix Goldmann, sie lebten in Berlin. In dieser Ehe kamen zwei Kinder Franz (1895–1970) und Feodora (1899–1942 Auschwitz) zur Welt. Zu Wilhelmines Mann fanden sich keine Spuren. Wilhelmine lebte 1939 zusammen mit ihrer unverheirateten Tochter in Berlin-Dahlem. Zu einem unbekannten Zeitpunkt quartierten die Nationalsozialisten Wilhelmine Goldmann in das Sammellager im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße 2 ein. Fünf Wochen vor ihrer Großmutter und Mutter wurde Feodora Goldmann von ihrer Dahlemer Adresse mit dem 17. Teiltransport am 11. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert.
Aurelie Warschauer lebte nach dem Tod ihres Mannes unter wechselnden Adressen, zuletzt in Schöneberg, Barbarossaplatz. Sie wurde zusammen mit ihrer Tochter Wilhelmine Goldmann mit dem 45. Alterstransport am 19. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Aurelie starb dort am 12. Oktober 1942. Sie war mit fast 93 Jahren das älteste jüdische Fürther NS-Opfer. Wilhelmine Goldmann überlebte ihre Mutter nur um wenige Monate. Ihr Todestag war der 13. April 1943 in Theresienstadt. Zum Gedenken an Mutter, Tochter und Enkelin werden vor ihren letzten Wohnadressen Stolpersteine verlegt.
Paul Mailaender (1851–1918) war verheiratet mit Alice Bloch (1865 Nürnberg–1959 Fürth). Deren Kinder Lucy (1886–1978 Hartwick/USA) und Fritz (1897–1984 Bad Kissingen) wurden in Fürth geboren. Lucy heiratete 1909 den Fürther Kaufmann und Fabrikbesitzer Simon Büchenbacher (1872–1937 Hamburg). Sie entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer Kinderbuchautorin und schrieb vor allem für Leseanfänger. Die Bücher veröffentlichte sie unter dem Namen Lucy Malden. Dabei arbeitete sie mit verschiedenen Illustratoren zusammen. Zu den Bildern verfasste sie kurze Texte. Einige der Titel waren: "Der lustige Bauernhof" oder "Puppchens Geburtstag". Noch heute werden ihre Bücher angeboten. Am 12.10.1910 wurden die Eheleute zum ersten Mal Eltern, Sohn Hans Wolfgang kam zur Welt. Die Tochter Stefanie wurde knapp zwei Jahre später am 9.6.1912 geboren. Nach dem Tode von Paul Mailaender erbten die Kinder die Brauerei.
Pauls Sohn Fritz (1897–1984 Bad Kissingen) war in erster Ehe mit Ida Hirschmann verheiratet. In dieser Ehe wurden die Kinder Erika (1927) und Walter (1931–1958) geboren. Wir wissen nicht, ob Ida starb oder die Ehe geschieden wurde. Fritz fand ein neues Glück mit der Witwe Irene Hopf, geb. Landmann (1898–1994 Bad Kissingen), die aus erster Ehe die Kinder Hans (1920–2010) und Lore, verehelichte Schallinger, mitbrachte, die später in den USA bzw. Israel lebten.
Ab 1937 geriet die Berg Bräu zunehmend unter politischen Druck, sodass sich Fritz Mailaender genötigt sah, Verkaufsverhandlungen zu führen. Eine Fürther Brauerei zeigte Interesse und die Verantwortlichen einigten sich auf einen Verkaufspreis in Höhe von ca. 1,5 Millionen RM. Dem Käufer wurde von den Nationalsozialisten nahegelegt, einem Parteigenossen, G. S., einem späteren Versandhauskönig, den Vorzug zu lassen. Dieser hatte sich jedoch durch Aufkäufe anderer jüdischer Firmen finanziell übernommen. Beide zogen ihre Angebote zurück. Ein neuer Käufer wurde gesucht und in Karlsruhe gefunden. Dieser erfüllte die Erwartungen und erklärte sich bereit, für die Nationalsozialisten noch einen Saal für Parteiveranstaltungen zu bauen. Der Kaufpreis lag nun bei 400.000 RM. Fritz Mailaender erhielt die Mitteilung, dass die Brauerei rückwirkend zum 1. Juli 1938 zu einem Preis von 40.000 RM "arisiert" worden sei. Die Summe wurde auf ein Sperrkonto eingezahlt, über das er nicht frei verfügen durfte.
Nach dem Novemberpogrom 1938 zog Fritz Mailaender mit seiner Familie nach Nürnberg. Im April 1939 konnte er zusammen mit Frau und Sohn nach Palästina emigrieren. Seine Mutter Alice erhielt im März 1940 ein Visum für die Schweiz.
Seine Schwester Lucy lebte 1939 kurzzeitig in Nürnberg, bevor sie mit ihren Kindern in die USA emigrierte. Dort nannte sich die Familie dann Baker. Hans Wolfgang war in den USA mit Karol Hansen (1919) verheiratet, sie hatten eine Tochter Carol Anne. Stefanie heiratete ebenfalls in den USA.
Kurz nach Kriegsende kehrte Fritz Mailaender mit Frau und Mutter nach Fürth zurück. Er erhob sofort Anspruch auf die Brauerei. Am 28. Dezember 1948 verfügte ein Gericht, dass die Familie Mailaender den Betrieb zurückerhielt. Die entsprechende Eintragung im Handelsregister erfolgte am 1. Mai 1950. In langwierigen Gerichtsverhandlungen, die bis 1954 dauerten, wurden der Eigentumsübergang und die daraus resultierenden Kosten geklärt. Die Familie Mailaender musste mehrfach nachweisen, dass sie während des Nationalsozialismus verfolgt und der Kaufvertrag nicht rechtens gewesen war. 1962 feierte sie mit vielen Honoratioren das 100-jährige Bestehen der Brauerei. Bis 1974 blieb die Berg Bräu im Familienbesitz. Danach übernahm sie ein Konkurrent und legte den Betrieb 1977 still. Anfang der 1980er-Jahre mussten die Gebäude einer Wohnanlage weichen.
Die Geschwister Victoria und Robert Mailaender starben bereits im Babyalter, 1854 bzw. 1860.
Die Brüder Julius-Ludwig und Justus-Joseph Mailaender fanden den Tod 1883 in Fürth bzw. New York.
Heinrich Mailaender (1854–1939) war mit Frieda Büchenbacher (1858 Fürth–1956 London), einer Verwandten von Simon, verheiratet. In Fürth kamen deren beide Kinder Wilhelm (1881–1943) und Anna (1886–1956) zur Welt.
Elisabeth Elsa Mailaender (1861–1943) ehelichte Moritz Busse (1843–1923), sie lebten in Berlin, wo auch die Kinder Fritz (1886–1957) und Edgar (1888–1942 Auschwitz) zur Welt kamen. Über ihr Leben dort erfuhren wir wenig. Zum Zeitpunkt der Volkszählung 1939 wohnte Elisabeth Busse am Kurfürstendamm, Berlin-Wilmersdorf. In unmittelbarer Nachbarschaft lebte ihr Sohn Fritz mit seiner Frau Elli (1905). Weitere Hinweise zu dem Ehepaar fanden sich nicht.
Edgar Busse (1888–1942 Auschwitz) war mit der Französin Yvonne Santer (1892 Paris–1942 Auschwitz) verheiratet. Am 18.5.1923 freuten sich die Eltern über die Geburt ihrer Tochter Sylvia. Zwei Jahre später, am 27.8.1925, wurde Tochter Annette geboren. Um 1930 lebte die Familie in Berlin-Kohlhasenbrück, unweit des Griebnitzsees. Zu Beginn der 1930er-Jahre schätzte Edgar Busse die bedrohlichen Signale der nationalsozialistischen Herrschaft richtig ein. Im Juni 1933 emigrierte er zusammen mit seiner Familie ins vermeintlich sichere Frankreich.
Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Mai/Juni 1940, beschlagnahmte die Wehrmacht einen von den Franzosen in Drancy errichteten großen Gebäudekomplex, der als öffentliche Wohnanlage geplant war. Daraus entstand das Sammel- und Durchgangslager Drancy, ca. 20 Kilometer nordöstlich von Paris gelegen. Es diente den Nationalsozialisten als wichtigstes Haftlager für Juden und andere Verfolgte. Am 17. August 1942 fand die Trennung der Familie statt, es folgte die Deportation von Yvonne, Sylvia und Annette Busse nach Auschwitz. Wenige Tage später, am 26. August 1942, ging ein weiterer Transport nach Auschwitz ab. Der Ehemann und Vater Edgar Busse gehörte zu den Deportierten.
Elisabeth Elsa Busse wurde mit dem 2. großen Alterstransport am 14. September 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 25. Januar 1943 starb. Auf ihrer Todesfallanzeige vermerkte der Arzt, sie sei an "Rotlauf", einer Tierkrankheit, verstorben. Zum Gedenken an Elisabeth Elsa Busse wird vor ihrer letzten freigewählten Adresse ein Stolperstein verlegt.
Carl-Robert Mailaender (1863–1940) war verheiratet mit Paula Ledermann (1855 Hamburg– 1941), sie lebten in Berlin–Schöneberg. Die näheren Umstände des Ablebens des Ehepaares sind unbekannt.
Emilie Mailaender (1866 Fürth–1956 New York/USA) fand in Berlin ihr Glück und heiratete dort am 28. Juli 1889 den Kaufmann Julius Guttstadt. Einige Jahre später wurde Sohn Hans (1896–1975) geboren. Hans ehelichte zu einem unbekannten Zeitpunkt Riwa Kalmus (1971). In dieser Ehe wurde die Tochter Barbara geboren. Es ist nicht bekannt, wann ihr Mann starb. Zur Zeit der Volkszählung 1939 lebte Emilie Guttstadt unter der Adresse Bayerische Straße in Berlin-Wilmersdorf. Über die Umstände ihrer geglückten Emigration fand sich kein Hinweis.
Luises jüngster Bruder Richard Mailaender (1869–1926) trat bereits 1885 aus der Jüdischen Gemeinde aus und ließ sich evangelisch taufen. Wenige Jahre später heiratete er am 26. März 1892 die Katholikin Maria Kobras (1869 Ering bei Passau–1945), sie lebten bis 1913 in München. In dieser Ehe wurden drei Kinder geboren: Marie (1890 München–1970), Richard-Franz (1894 Passau–1982) und Aurelia (1899 München). Richard Mailaender betrieb zunächst bis 1913 eine Detektei. Für drei Jahre verzog die Familie nach Garmisch, um dann wieder in München zu leben. Hier bot sich die Gelegenheit, als Inhaber eines Geldinstitutes tätig zu sein.
Deren älteste Tochter Marie heiratete am 15. Juni 1916 in Garmisch-Partenkirchen den Kaufmann Alfred Pax (1876 Altona–1929 Hannover). Ein Jahr später kam Sohn Ernst Günther am 6.10.1917 in Berlin zur Welt. In Hannover wurde am 21.8.1919 Sohn Werner geboren, der 1942 als Soldat im Krieg starb. Marie Pax lebte seit Februar 1944 bei ihrer Mutter und Schwester Aurelie in München. 1969 verzog sie nach Rüsselsheim.
Ihr Bruder Richard-Franz studierte an der Technischen Hochschule in München und fand später eine Tätigkeit als Direktor einer Zellstofffabrik. Sein privates Glück fand er in der Mannheimerin Margarete Sterner (1907), die er am 3. Mai 1928 in Mannheim heiratete. Zuvor verließ Margarete Sterner die Jüdische Gemeinde. Auch sie ließ sich evangelisch taufen. Ihre Eltern waren der Fabrikant Hugo Sterner und seine Frau Jenny, geb. Musius. Nach der Heirat lebte das Ehepaar in Kelheim, Niederbayern. Ihr Sohn Klaus-Werner kam am 21.8.1929 in Regensburg zur Welt. Die Familie Mailaender emigrierte um 1936 über England nach Indien. 1951 reiste Richard-Franz Mailaender aus Indien an, um München einen Besuch abzustatten.
Aurelie Mailaender machte ihren Weg als Kunsthandwerkerin. Sie lebte bis 1933 bei den Eltern, bzw. der Mutter in München, und verzog dann nach Leipzig. Nach Kriegsende lebte sie wieder in München und heiratete dort am 18. Juni 1958 den Baumonteur Gebhard Angst.
Stand: September 2016
© Sonja Zoder
Quellen: 1; 2; 3; 4; 5; 8; 9; StaH 314-15/ R 1939-488 Oberfinanzpräsident; 332-5 Standesämter 7847-710/1890, 2259-3620/1891, 3213-82/1913, 1071-159/1937, 8153-379/1938, 1139-462/1941, 10266-878/1973; 351-11 Amt für Wiedergutmachung 646, 39319, 30604; Hamburger und Berliner Adressbücher; Geburts-Register Staatsarchiv Nürnberg; Nürnberger Adressbuch 1859; Einwohnermeldebogen Mailänder; Trau-Register; Sonderstandesamt Arolsen I/649-1950 (lt. Mitteilung Standesamt Fürth 2006); Alicke, Lexikon der jüdischen Gemeinden, S. 1359–1366; Bielefeldt, Geschichte der Juden, S. 32; Rühle, "Böse Kinder", S. 242; Auskunft Bärbel Kroh am 7.3.2015; URL: www.altstadtverein-fuerth.de am 4.12.2014; https://portal.dnb.de/opac.htm?query=lucy+malden&method=simpleSearch am 4.12.2014; http://www.myheritage.de/site-family-tree-72147731/mailaender am 14.12.2014; http://www.juedische-fuerther.de/index.php/memorbuch-opfer-der-shoah/opfer am 15.12.2014; http:/www.lbi.org am 3.1.2015; http://de.wikipedia.org/wiki/Sammellager_Drancy am 6.1.2015; http://bdi.memorialdelashoah.org/internet/jsp/core/MmsGlobalSearch.jsp am 6.1.2015; www.stadtarchiv-fuerth.de Ronald Langer per Mail am 13.2.2015; http://www.luise-berlin.de/lexikon/mitte/i/iranische_strasse.htm am 13.2.2015; http://tracingthepast.org/minority-census/census-database am 23.2.2015; http://de.wikipedia.org/wiki/NSDAP/AO am 24.2.2015; Todesfallanzeige Theresienstadt; http://www2.holocaust.cz/en/victims/PERSON.ITI.304110 und ITI.14911 am 28.2.2015; http://www.fuerthwiki.de/ am 2.12.2014 und div. Mails am 2./3.3.2015 mit Kamran Salimi; Stadtarchiv München Brigitte Schmidt per Mail v. 17.3.2015; Auskünfte Bärbel Kroh, Ronald Langer, Reiner Rühle, Kamran Salimi und Brigitte Schmidt.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".