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Alfred Böddicker * 1886
Simon-von-Utrecht-Straße 66 Altbau links neben Nr. 66 (Hamburg-Mitte, St. Pauli)
KZ Sachsenhausen
ermordet 13.08.1942
Alfred "Fred" Paul Böddicker, geb. 18.1.1886, inhaftiert 1936 und 1939, gestorben am 13.8.1942 im KZ Sachsenhausen
Simon-von-Utrecht-Straße 65 (Eckernförderstraße 59)
Der Steward und Kellner Alfred Böddicker wurde 1886 als Sohn des Ehepaars Gertrud (geb. Rieger) und Ferdinand Böddicker in Elberfeld geboren. Er war in Hamburg NSDAP-Mitglied (Abteilung Seefahrt) und Mitglied der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Fünfmal wurde er wegen ungenehmigter Abmusterungen von Schiffen und wegen Eigentumsdelikten bestraft.
Nachdem sein Bekannter Alfred Flanse (gestorben am 14.2.1944 KZ Majdanek) im April 1936 durch den Nachbarn Karl Saatze denunziert worden war, nahm die Kriminalpolizei auch Ermittlungen gegen Alfred Böddicker auf. Saatze: "Was Flanse nun mit den jungen Leuten vorgehabt hat, kann ich nicht angeben. Wenn ich mich überzeugen wollte, war stets die Tür verschlossen und das Schlüsselloch zugestopft. ... Ich vermute aber, dass es sich grösstenteils um Strichjungen handelt, die auf St. Pauli sich herumtreiben. Es mag sein, dass Flanse diese Jungens auf den Strich geschickt hat."
Bei der Durchsuchung von Böddickers Zimmer trafen die Beamten dort den 19-jährigen Messejungen Werner W. an. Wie sich im Verhör herausstellte, hatten sich die beiden 1933 am Millerntor kennengelernt. Aus der losen Bekanntschaft entwickelte sich eine Partnerschaft; seit 1935 wohnten sie zusammen.
Am 30. Juli 1936 wurde Alfred Böddicker für diese Beziehung von der Großen Strafkammer 1 des Landgerichts Hamburg zu einer 18-monatigen Gefängnisstrafe wegen Vergehens nach § 175 RStGB alter und neuer Fassung verurteilt. Sein Gnadengesuch vom 13. Juni 1937 war erfolglos. Seine Entlassung fand am 30. Oktober 1937 aus dem Strafgefängnis Lübeck-Lauerhof statt.
1939 wurde Alfred Böddicker erneut Opfer einer Denunziation – dieses Mal durch den ehemaligen Arbeitskollegen Robert B. Vom 10. bis 17. Juni 1939 war Bödicker in polizeilicher "Schutzhaft" im KZ Fuhlsbüttel. Das Hamburger Landgericht verurteilte ihn im selben Jahr zu drei Jahren Gefängnis nach § 175 RStGB. Nach einem Jahr in den Emslandlagern wurde Böddicker im Juni 1940 an die Kriminalpolizei Hamburg überstellt. Für Mitte 1942 existiert ein Beleg dafür, dass er als "befristeter Vorbeugungshäftling" ins KZ Sachsenhausen verbracht worden war, wo er am 13. August 1942 ermordet wurde.
© Bernhard Rosenkranz (†)/Ulf Bollmann
Quellen: StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 d; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 10152/36; StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl. 13 und 16; Müller/Sternweiler, Homosexuelle Männer, 2000, S. 23.