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Erna Dancker
Erna Dancker
© Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf

Erna Dancker * 1910

Helmuth-Hübener-Gang (Hamburg-Mitte, St. Georg)


HIER WOHNTE
ERNA DANCKER
JG. 1910
EINGEWIESEN 1929
ALSTERDORFER ANSTALTEN
´VERLEGT‘ 16.8.1943
HEILANSTALT
AM STEINHOF / WIEN
ERMORDET 2.12.1944

Erna Emilie Dancker, geb. 1.6.1910 in Hamburg, gestorben am 2.12.1944 in der Heil- und Pflegeanstalt Wien, "Wagner von Jauregg"

Helmuth-Hübener-Gang (St. Georg)

Erna Dancker war die Tochter der Zeitungsausträgerin Bertha Dancker und des Arbeiters Emil Sonntag. Bis zu ihrer Einweisung in die Alsterdorfer Anstalten lebte sie mit ihren beiden Geschwistern bei ihrer Mutter in der heute nicht mehr bestehenden Borgeschstraße 14 in St. Georg. Sie besuchte drei Jahre die Grundschule, wurde dann aber an eine Hilfsschule überwiesen, wo man sie aus der zweiten Klasse entließ.

Trotz ihrer geistigen Behinderung erlangte sie zumindest die Lesefähigkeit und ein Gutachten von Dr. Lyon (möglicherweise handelt es sich hier um die jüdische Schulärztin Erna Lyon, die 1938 nach England emigrierte) aus dem Jahr 1925 hält fest: "... ein gewisser Intelligenzdefekt wird bleiben. Jedoch ist mit wesentlichen Fortschritten zu rechnen". Dessen ungeachtet wurde Erna am 27. August 1929 mit der Diagnose "Imbecillität (Katatonie)" in die Alsterdorfer Anstalten eingewiesen. Aufgrund des 1933 vom NS-Regime erlassenen Erbgesundheitsgesetzes wurde Erna Dancker am 1. Februar 1936 nach einem Beschluss des Erbgesundheitsgerichts für Hamburg von Dezember 1935 zwangssterilisiert. Am 16. August 1943 wurde sie in einem Sammeltransport mit 228 Frauen und Mädchen aus den Alsterdorfer Anstalten unter dem Vorwand der Bombenschäden durch die alliierten Luftangriffe in die Heil- und Pflegeanstalt "Wagner von Jauregg" in Wien deportiert. Dort erlitt sie die für "lebensunwerte" Patienten übliche Behandlung durch Nahrungsmangel und schlechte Pflege, so dass sie am 2. Dezember 1944 verstarb, wobei offiziell "Tbc pulmonares und Bronchopneumonie" als Todesursachen angegeben wurden. Erna Danckers vorsätzlich schlechte Behandlung und Verpflegung in beiden Anstalten seit Beginn der mörderischen nationalsozialistischen "Euthanasiepolitik" spiegelt sich deutlich in ihrem dramatischen Gewichtsverlust wider. Während sie noch 1936 ein für eine junge Frau übliches Körpergewicht von 55 kg aufwies, sank dieses Anfang 1940 auf 46,2 kg und im August 1943 auf schon erschreckende 38,5 kg, um schließlich kurz vor ihrem Tod auf nicht mehr überlebensfähige 30 kg zu fallen.

Die Borgeschstraße existiert nicht mehr. Deshalb wurde der Stolperstein für Erna Dancker im Helmuth-Hübener-Gang verlegt.

Stand: September 2009
© Benedikt Behrens (†)

Quellen: Stiftung Alsterdorf, Patientenakten der Alsterdorfer Anstalten, V363 (E. Dancker). M. Wunder/I. Genkel/H. Jenner, "Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr …". Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Hamburg 1987, S. 213-36.

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