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Alfred Beckmann * 1904
Lange Straße 23 (Altona, Altona-Altstadt)
HIER WOHNTE
ALFRED BECKMANN
JG. 1904
ERMORDET 13.5.1943
'HEILANSTALT'
MESERITZ-OBRAWALDE
Alfred Wilhelm Ernst Beckmann, geb. am 12.4.1904 in Stettin, ermordet am 12.5.1943 in der Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde
Lange Straße 23
Alfred Beckmann wurde 1904 in Stettin als Sohn des Schiffbauers Wilhelm Beckmann und dessen Ehefrau Luise, geb. Fischer, geboren. Er hatte zwei Schwestern und einen Bruder. Die Familie zog nach Harburg-Wilhelmsburg, wo Alfred Beckmann die Volksschule besuchte. Anschließend schloss er auf der Vulkanwerft auf der Elbinsel Steinwerder, nach Blohm & Voss die zweitgrößte Hamburger Werft, eine Ausbildung zum Dreher ab und arbeitete später bei den Vereinigten Deutschen Metallwerken in Bahrenfeld.
Als er seine homosexuelle Veranlagung entdeckte, suchte er Kontakte zu Männern in Bedürfnisanstalten. Mit 25 Jahren schloss er Freundschaft mit dem ebenfalls homosexuellen Heinrich Luhk (Jg. 1900). Die Beziehung dauerte zwei Jahre. Im Oktober 1931 lernte er Wilhelm Wilck (Jg. 1892) kennen, mit dem er bis zu seiner Verhaftung 1937 eine Partnerschaft führte. Da Alfred Beckmann erwerbslos war, nahm er das Angebot, im Brotladen von Wilcks Eltern in der Großen Roosenstraße (heute Paul-Roosen-Straße) in Altona auszuhelfen, an. Das Freundespaar bezog eine gemeinsame Wohnung am Pinnasberg. 1934 zog Alfred Beckmann vorübergehend nach Dessau, um dort zu arbeiten. Nachdem er 1935 nach Hamburg zurückgekehrt war, lebte er nicht erneut mit seinem Partner zusammen, beide waren aber nach wie vor ein Paar.
1937 zeigte Wilhelm Wilcks Bruder diesen wegen Vergehens gegen § 175 StPO bei der Kriminalpolizei an und lenkte die Aufmerksamkeit der Beamten des NS-Verfolgungsapparates auch auf Alfred Beckmann. Dieser wurde am 17. Februar 1937 verhaftet und in sogenannte Schutzhaft genommen. Im Rahmen umfangreicher Polizeiermittlungen identifizierte ihn ein anderer "Schutzhaftgefangener" anhand einer Lichtbildkartei als einen früheren Bekannten, mit dem er homosexuellen Kontakt gehabt hatte. Am 10. März wurde Alfred Beckmann aus dem KZ Fuhlsbüttel ins Untersuchungsgefängnis überstellt.
Die Oberstaatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg beauftragte das Staatliche Gesundheitsamt mit der Anfertigung eines gerichtsmedizinischen Gutachtens über Alfred Beckmann. Als dieses am 12. Juni 1937 erstellt wurde, befand sich Alfred Beckmann wegen einer Syphilis-Infektion zur Behandlung im Lazarett des Untersuchungsgefängnisses. Dort wurde er mit einer Malaria-Injektion therapiert, damals eine gängige Methode, da Antibiotika noch nicht zur Verfügung standen. Während der Behandlung wurde Alfred Beckmann zunehmend unruhig und verwirrt, sodass der medizinische Gutachter, Physikus Hans Koopmann, ihn als vernehmungsunfähig einschätzte und für die Einweisung in eine Heil- und Pflegeanstalt plädierte. Er bedauerte, dass Alfred Beckmann nicht vor Beginn der Malaria-Kur begutachtet wurde und prognostizierte, Beckmann werde erst in bis zu eineinhalb Jahren vernehmungsfähig sein.
Laut richterlichem Beschluss wurde Alfred Beckmann am 6. Juli 1937 in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn eingewiesen. Diese Unterbringungsanordnung nach § 42 b StGB bestätigte das Amtsgericht Hamburg am 21. Januar 1938. Eine Revision der Entscheidung fand nicht mehr statt. Rund fünf Jahre nach der Urteilsverkündung wurde Alfred Beckmann am 2. April 1943 aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn (heute: Asklepios Klinik Nord-Ochsenzoll) "im Zuge einer allgemeinen Verlegeaktion" in die zur Tötungsanstalt umfunktionierte Heil- und Pflegeanstalt Meseritz-Obrawalde in Brandenburg überstellt. Es ist davon auszugehen, dass auch sein für den 13. Mai 1943 gemeldeter Tod "infolge Lähmungsirrsinns" durch den dort tätigen Provinzialmedizinalrat Theophil Mootz veranlasst wurde. Dieser war nach Erkenntnissen des Historikers Thomas Beddies derjenige, "der die Selektion der Opfer in Meseritz-Obrawalde vornahm und später in den Krankengeschichten die angeblichen Todesursachen abzeichnete" und auch veranlasste, dass "Giftinjektionen in seinem Auftrag von Pflegerinnen und Pflegern" durchgeführt wurden.
Wilhelm Wilck erlitt wegen seiner Partnerschaft mit Alfred Beckmann neben einem Aufenthalt im KZ Fuhlsbüttel eine fünfzehnmonatige Haftstrafe. Aus dem Emsland-Strafgefangenenlager Neusustrum kehrte er nach Hamburg zurück, wo er als Schlosser und Bote Arbeit fand. 1943 zog er mit seiner Mutter nach Schwarzenbek, wo sich seine Spuren verlieren.
Stand September 2015
© Bernhard Rosenkranz (†) und Ulf Bollmann
Quellen: StaH, 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Ablieferung 2, 451 a E 1, 1 a; StaH 213-11, Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 4036/37 und 2752/38; StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, 10829; StaH 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn, Ablieferung 1995/1, 24165; Thomas Beddies 2006, in: http://www.deathcamps.org/euthanasia/obrawalde_de.html (eingesehen am 17.11.2014) und Beddies, Die Heil- und Pflegeanstalt Meseritz-Obrawalde, S. 231–258; Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Homosexuellen-Verfolgung, S. 58 und 199.